Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsvollstreckung. Zeugnis. Lohnsteuerkarte. Erledigung. Kosten
Leitsatz (redaktionell)
Hat der Schuldner nach Erlass des Zwangsgeldbeschlusses auf den Titel vollständig erfüllt, so ist der Beschluss auf die sofortige Beschwerde aufzuheben und nur noch über die Kosten zu entscheiden.
Normenkette
ZPO § 888
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Beschluss vom 02.06.2005; Aktenzeichen 2 Ca 1655 a/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 2.6.2005 – 2 Ca 1655 a/04 – aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit der Beschwerde hatte sich die Beklagte gegen einen Zwangsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts gewandt, mit dem die Erteilung eines Zeugnisses und die Herausgabe der Lohnsteuerkarte erreicht werden sollte.
Die Beklagte betreibt in Kiel 3 Betriebsstätten einer Praxis für physikalische Therapie, in der die Klägerin in der Zeit vom 18.2.2002 bis 15.6.2003 als Praxishilfe beschäftigt war. Eine Kündigung vom 12.5.2003 griff die Klägerin mit Klage erfolgreich an (2 Ca 1469 a/03). Eine weitere Kündigung wurde mit Datum vom 7.10.2003 zum 15.11.2003 ausgesprochen. Auch diese Kündigung griff die Klägerin an (2 Ca 2837 a/03 bzw. 2 Ca 1655 a/04). In diesem Rechtsstreit verglichen sich die Parteien wie folgt:
- Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Kündigung vom 12.5.2003 mit Ablauf des 15.6.2003 beendet worden ist.
- Die Beklagte zahlt an die Klägerin in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSch G i.V. m. § 3 Ziff. 9 EstG für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 850 EUR brutto = netto. Die Parteien sind sich darüber einig, dass dieser Abfindungsbetrag am 1.8.2004 zur Zahlung fällig ist.
- Die Beklagte wird der Klägerin ein Beendigungszeugnis mit dem Inhalt des der Klägerin zuletzt erteilten Zwischenzeugnisses ausstellen und die Lohnsteuerkarte der Klägerin für das Jahr 2003 ausgefüllt an die Klägerin herausgeben.
- Mit der Erfüllung dieses Vergleichs sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis und anlässlich dessen Beendigung, gleichgültig aus welchem Rechtsgrund, erledigt.
Mit Beschluss vom 2.6.2005 ist gegen die Beklagte ein Zwangsgeld von 250 EUR festgesetzt worden, weil sie der Verpflichtung gem. Ziff. 3 des Vergleiches, der Klägerin ein Beendigungszeugnis auszustellen und die Lohnsteuerkarte für das Jahr 2003 ausgefüllt herauszugeben, nicht nachgekommen sei. Gegen diesen am 23.6.2005 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 27.5.2005 Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Die Beklagte macht geltend, sie habe der Klägerin die Lohnsteuerkarte 2003 mit der letzten Gehaltsabrechnung ausgehändigt. Das sei bei einem persönlichen Gespräch mit der Klägerin selbst gewesen. Die Übergabe sei nicht quittiert worden. Wann genau die Übergabe erfolgt sei, müsse sie, die Beklagte, noch rekonstruieren und werde das noch vortragen. Das Beendigungszeugnis sei der Klägerin am 14.6.2005 zugesandt worden. Die Zwangsvollstreckung sei erledigt, allerdings seien die Kosten der Klägerin aufzuerlegen. Denn sie habe mit der Lohnsteuerkarte eine unmögliche Leistung verlangt, da diese bereits in ihrem Besitz gewesen sei.
Die Klägerin trägt vor, sie habe inzwischen eine Kopie der Lohnsteuerkarte 2003 erhalten. Die Zwangsvollstreckung sei damit erledigt.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde hat nicht Erfolg.
Zwar ist inzwischen Erledigung der Zwangsvollstreckung eingetreten. Damit ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Die Kosten sind jedoch der Beklagten aufzuerlegen.
Vorliegend ist ein Beschluss gem. § 888 ZPO angegriffen. In einem solchen Fall ist für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit des angefochtenen Beschlusses grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Beschlussfassung maßgeblich. Zwangsgeld soll den Schuldner zu einer bestimmten Handlung zwingen und soll ihn – anders als bei dem Ordnungsgeld in § 890 ZPO – nicht für eine bestimmte Unterlassung bestrafen. Neue Tatsachen und Beweismittel sind deswegen zu berücksichtigen und zwar unabhängig davon, ob diese Tatsachen vor oder nach Erlass des Beschlusses des Arbeitsgerichts entstanden sind. Geprüft wird, ob der Beschluss noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die sofortige Beschwerde ergehen darf. Hat der Schuldner nach Erlass des Zwangsgeldbeschlusses auf den Titel vollständig erfüllt, so ist der Beschluss aufzuheben und nur noch über die Kosten zu entscheiden (vgl. hierzu Ostrowicz/Künzl/Schäfer, Der Arbeitsgerichtsprozess, Rz. 441; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 11.3.2005 – 1 Ta 45/03 –).
Hier ist Erledigung eingetreten. Entgegen der Darstellung der Beklagten war der Anspruch aus dem Vergleich vom 28.6.2004 nicht vor Durchfüh...