Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrat. außergerichtliche Streitigkeit. anwaltliche Vertretung. Notwendigkeit. Kosten. Sachverständiger
Leitsatz (amtlich)
Ein Betriebsrat kann berechtigt sein, sich bereits dann von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen, wenn noch nicht ein konkreter Rechtsstreit droht. Maßgeblich ist, daß der Betriebsrat davon ausgehen kann, daß sich durch die Hinzuziehung des Rechtsanwalts eine friedliche Beilegung erreichen läßt. Der Erstattungsfähigkeit der durch die außergerichtliche Vertretung entstandenen Kosten steht nicht § 80 Abs. 3 S. 1 BetrVG entgegen. Der Rechtsanwalt wird nicht als Sachverständiger tätig, sondern soll den Betriebsrat im Rahmen der – außergerichtlichen – Verhandlungen vertreten. Eine in diesem Zusammenhang erfolgende Beratung des Betriebsrats liegt im Rahmen der anwaltlichen Vertretung.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 1, § 80 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Lübeck vom 21.01.1999 – 1 BV 87/98 – hinsichtlich Ziff. 1 teilweise abgeändert und Ziff. 1 zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragsteller von den Kosten der Rechtsanwälte O., H. und D. gemäß Rechnung vom 13.05.1998 in Höhe eines Betrages von 2.015,50 DM nebst 4 % Zinsen seitdem 31.10.1998 freizustellen.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Freistellung von Rechtsanwaltskosten des Betriebsrates.
Der Antragsteller ist der aus sieben Mitgliedern bestehende Betriebsrat, der am 03.03.1998 im Betrieb in Lübeck neu gewählt wurde. Dabei wurden der Vorsitzende sowie zwei weitere Mitglieder zum ersten Mal in den Betriebsrat gewählt, drei weitere Mitglieder zum zweiten Mal und ein Mitglied zum dritten Mal. Die Beteiligten verhandelten sodann über die Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden und eine Befreiung vom Schichtdienst sowie die Durchführung von Sitzungen und Sprechstunden des Betriebsrates (Gesprächsprotokoll vom 09.03.1998, Bl. 7 d.A.). Es schloß sich ein Schriftwechsel zwischen der IG-Metall und der Arbeitgebervereinigung Lübeck-Schwerin (Bl. 8/9 d.A.) an. Der Betriebsrat bat die Geschäftsleitung mit Schreiben vom 17.03.1998 (Bl. 10 d.A.) um eine Beratung. Dieses Gespräch fand am 23.03.1998 statt (Bl. 11 d.A.). Eine Einigung kam nicht zustande. Es schloß sich weiterer Schriftwechsel (Bl. 12–14 d.A.) an. Der Betriebsrat beauftragte nach Beschlußfassung vom 15.04.1998, deren Ordnungsmäßigkeit nicht mehr strittig ist, Rechtsanwalt O., „die zukünftigte Arbeit des Betriebsrats und des Betriebsratsvorsitzenden gegenüber der Geschäftsleitung zu vertreten”. Rechtsanwalt O. zeigte mit Schreiben vom 16.04.1998 (Bl. 15–18 d.A.) die Vertretung des Betriebsrats an und stellte den Sachverhalt dar, in einem ersten Gespräch vom 27.04.1998 wurde ein abschließendes Ergebnis nicht erzielt. In einem Telefonat zwischen Rechtsanwalt O. und dem Geschäftsführer von Nordmetall, Dr. B., wurde eine Einigungsmöglichkeit skizziert, die zu einer Einigung vom 04.05.1998 führte. Die Begleichung der Kostenrechnung vom 13.05.1988 (Bl. 22 d.A.) über 2.144,10 DM lehnte die Arbeitgeberin ab.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber müsse ihn von den Rechtsanwaltskosten nach § 40 BetrVG freihalten. Im Zeitpunkt der Beauftragung habe er es als erforderlich ansehen dürfen, für die Auseinandersetzung einen Rechtsbeistand hinzuzuziehen. Zu den anstehenden Fragen hätten eine Vielzahl arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen gedroht, insbesondere, weil der Betriebsrat es als eine Behinderung der Arbeit angesehen habe, daß die Geschäftsführung nicht bereit gewesen sei, den Vorsitzenden des Betriebsrats von der Schichtarbeit zu befreien. Da zu befürchten sei, daß auch die Kosten dieses Verfahrens nicht beglichen würden, sei auch insoweit eine Feststellung geboten.
Der Betriebsrat hat beantragt,
- den Antragsgegner zu verpflichten, ihn von den Kosten der Rechtsanwälte O., H. und D. gemäß Rechnung vom 13.05.1998 über 2.144,10 DM nebst 4 % Zinsen seit Zustellung des Antrags freizustellen,
- festzustellen, daß die Antragsgegnerin verpflichtet ist, auch die Kosten zu erstatten, die dem Betriebsrat durch die Beauftragung seines Prozeßbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren entstehen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat ausgeführt, am 16.04.1998 habe nicht ein konkreter Rechtstreit, mit dessen Prozeßführung die Rechtsanwälte O. und Partner hätten beauftragt werden können, gedroht. Die bis zu diesem Zeitpunkt geführten Verhandlungen hätten ausschließlich den Zweck verfolgt, die zukünftige Organisation und Arbeit des Betriebsrats im Rahmen einer freiwilligen Rahmenvereinbarung festzulegen. Diese Vereinbarung könne gerichtlich nicht erzwungen werden. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zusätzlich zu einer Vertretung durch die IG-Metall sei n...