REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN NEIN
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahlausschreiben. Betriebsratswahl. Stützunterschriften. Nichtigkeit der Betriebsratswahl. einstweilige Verfügung. Abbruch des Wahlverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Durch einstweilige Verfügung kann der Fortgang einer Betriebsratswahl auf Antrag des Arbeitgebers nur untersagt werden, wenn das Wahlverfahren schwerwiegende Mängel aufweist, die die Nichtigkeit der ausgeschriebenen Betriebsratswahl zur Folge hätten; das ist der Fall, wenn im Wahlausschreiben für einen Wahlvorschlag Stützunterschriften von 22 % der Wahlberechtigten verlangt werden.
Normenkette
ArbGG §§ 85, 11; ZPO §§ 935, 940; BetrVG § 14 VI; BetrVG § 14 VII
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Beschluss vom 19.03.1990; Aktenzeichen 3b BV Ga 6/90) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 19. März 1990 (Geschäftszeichen 3b BV Ga 6/90) wird zurückgewiesen.
Dem Antragsgegner wird ergänzend aufgegeben, die Absetzung des Wahltermins 22.03.1990 unverzüglich gegenüber den in der Wählerliste verzeichneten Personen bekanntzumachen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten zu 1. einerseits sowie zu 2. und 3. andererseits streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren darüber, ob der für die Wahl des Betriebsrats auf den 22.03.1990 festgelegte Wahltermin aufrechterhalten bleiben kann. Die Beteiligte zu 1. ist ein Zeitungsverlag, der Beteiligte zu 2. ist der Wahlvorstand für die Neuwahl des Betriebsrats, der Beteiligte zu 3. der noch amtierende Betriebsrat (im folgenden Arbeitgeber/Wahlvorstand/Betriebsrat).
Der Wahlvorstand hing am 07.02.1990 ein Wahlausschreiben für die Wahl des Betriebsrats aus, in dem es u. a. heißt:
Die Wahlvorschläge müssen von mindestens 32 wahlberechtigten Arbeitnehmern unterzeichnet sein.
Die Betriebsratswahl war für den 22. März 1990 in der Zeit von 9.00 bis 18.00 Uhr vorgesehen. Nach einer zugleich ausgehängten Wählerliste waren insgesamt 160 Personen wahlberechtigt, aufgrund späterer Änderungen 144.
Der Arbeitgeber hat vorgetragen:
Wahlausschreiben und Wählerliste litten an solch schwerwiegenden Mängeln, daß eine auf dieser Grundlage durchgeführte Neuwahl des Betriebsrats nichtig sein würde. Dem Wahlvorstand sei daher aufzugeben, die Neuwahl des Betriebsrats sofort abzubrechen.
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den angefochtenen Beschluß des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 19.03.1990 nebst seinen Verweisungen Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Arbeitgebers, dem Wahlvorstand aufzugeben, die Neuwahl des Betriebsrats abzubrechen, mit der Begründung stattgegeben, daß der Aufschub einer Betriebsratswahl durch einstweilige Verfügung erreicht werden könne, wenn bereits bei der Vorbereitung der Wahl erhebliche Mängel des Wahlverfahrens in Rede stünden; dadurch, daß der Wahlvorstand in dem Wahlausschreiben das Erfordernis aufgestellt habe, die Wahlvorschläge müßten von mindestens 32 wahlberechtigten Arbeitnehmern unterzeichnet sein, und diesen Verstoß gegen § 14 Abs. 6 und 7 BetrVG nicht berichtigt habe, leide die Wahl an einem erheblichen Mangel, der den Verfügungsanspruch des Arbeitgebers, die Wahl abzubrechen, rechtfertige; nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfe die Zahl der Stützungsunterschriften nicht so hoch festgesetzt werden, daß einem neuen Bewerber die Teilnahme an der Wahl praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werde; die von dem Wahlvorstand geforderten 32 Stützungsunterschriften seien sachlich nicht gerechtfertigt und stellten eine übermäßige Beschränkung der Allgemeinheit und Gleichheit der Betriebsratswahl dar; es würden nämlich hierdurch Bewerber auf Wahllisten vom Wahlvorgang ausgeschlossen, die schon nach der Zahl der für ihre Wahlliste beigebrachten Unterschriften zumindest einen Sitz im Betriebsrat gewinnen würden. Dieser offenkundige und erhebliche Mangel werde auch nicht dadurch aus der Welt geschaffen, daß bei den bisherigen Wahlen zum Betriebsrat im Betrieb I. nur eine Vorschlagsliste beim Wahlvorstand eingereicht worden sei, auf der sich jeder als Kanditat habe eintragen können. Das Betriebsverfassungsgesetz und die dazu erlassene Wahlordnung gingen davon aus, daß grundsätzlich verschiedene Vorschlagslisten zur Wahl eingereicht würden und die Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolge; von diesen gesetzlichen Vorgaben könne der Wahlvorstand nicht faktisch dadurch abweichen, daß er weiteren Vorschlagslisten durch das Erfordernis, 32 Stützungsunterschriften beizubringen, von der Wahl abhalte oder aber die Teilnahme zumindest erheblich erschwere. Da dieser Fehler offenkundig sei und ihm erhebliches Gewicht beigemessen werden müsse, habe die Wahl nicht weiter durchgeführt werden können. Dabei sei auch hinreichend berücksichtigt, daß durch den Abbruch der Wahl für einige Zeit ein betriebsratsloser Zustand im Betrieb in I. herbeigeführt werde; dieser Zustand sei aber auf eine kurze Zeit begrenzt, da der Fehler offenkundig un...