Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtswegentscheidung. Arbeitnehmereigenschaft. Darlegungs- und Nachweislast
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Vorhalten eines Platzes, an dem der Mitarbeiter seine Tätigkeit verrichten kann, bedeutet noch nicht, dass dieser Mitarbeiter Arbeitnehmer ist.
2. Die fehlende zeitliche Präzisierung der behaupteten Arbeitszeit für jeden Tag steht der Schlüssigkeit der Behauptung der Arbeitnehmereigenschaft nicht entgegen.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3a, § 5 Abs. 1 S. 1; HGB § 84 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Beschluss vom 09.11.2007; Aktenzeichen 4 Ca 1892/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 9.11.2007 – 4 Ca 1892/07 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten um die Frage, ob das Arbeitsgericht für die vorliegende Streitigkeit zuständig ist.
Bei der Beklagten handelt es sich um einen internetbasierten Allfinanzdienstleister. Die Klägerin war für die Beklagte vom 15.11.2006 bis zum 30.04.2007 tätig. Das Vertragsverhältnis wurde durch die Beklagte zum 30.04.2007 gekündigt.
In den vorvertraglichen Verhandlungen zwischen den Parteien bekundete die Klägerin ihr Interesse an einer Tätigkeit als freie Mitarbeiterin. In einer E-Mail vom 25.09.2006 wies sie insbesondere darauf hin, nach Möglichkeit nur zwei Tage die Woche in den Büroräumen der Beklagten, ansonsten in ihrem Home-Office o. ä. arbeiten zu wollen. Entsprechend diesen Verhandlungen schlossen die Parteien am 09.11.2006 einen als „Freiberufler-Vertrag” bezeichneten Vertrag (Bl. 27 ff. d. A.).
Danach bestand die Aufgabe der Klägerin als „Auftragnehmerin” in der schriftlichen und telefonischen Bearbeitung von Kundenanfragen mit dem Ziel der Vermittlung von Finanzdienstleistungsprodukten mit dem Schwerpunkt Sachversicherungen (§ 1, 1.1). Nach § 3, 3.1 des Vertrages erhielt sie dafür eine monatliche Grundvergütung in Höhe von EUR 500 zzgl. gesetzl. MwSt. „pro Tag pro Woche” sowie eine Bonusprovision über 10% zzgl. gesetzl. MwSt. des ersten Jahresnettobeitrages einer von ihr vermittelten Sachversicherung. Nach § 1, 1.2 des Vertrages war die Klägerin in der Wahl des Ortes, an welchem sie die Leistung erbringt, frei und sollte der Beklagten nach vorheriger Absprache, dabei regelmäßig voraussichtlich an zwei Tagen in der Woche, zur Verfügung stehen. § 2, 2.1 des Vertrages sah vor, dass der Beklagten kein Weisungsrecht gegenüber der Klägerin aufgrund dieses Vertrages zustand und die Klägerin ihrerseits gegenüber Mitarbeitern der Beklagten ebenfalls nicht weisungsbefugt war.
Die Parteien vereinbarten, dass die Klägerin während einer Einarbeitungszeit von drei Monaten in den Büroräumen der Beklagten anwesend sein musste. In den Räumen der Beklagten wurde für die Klägerin ein eigener Arbeitsplatz eingerichtet. Sowohl in der Signatur der durch die Beklagte zur Verfügung gestellten E-Mail-Adresse als auch in dem Briefkopf wurde die Klägerin als Kundenbetreuerin der Beklagten ausgewiesen. Die Kundendaten (Leads) von potentiellen Interessenten erhielt die Klägerin ausschließlich durch das Vertriebssystem der Beklagten. Zum Jahreswechsel 2006/2007 übernahm die Klägerin für zwei Wochen die Urlaubsvertretung für das gesamte Team „Direct Sales”.
Die Klägerin hat mit Fax vom 26.07.2007 Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben, mit der sie Ansprüche aus Provisionszahlung sowie Schadensersatz wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung, insgesamt 16.412,33 EUR nebst Zinsen, geltend macht.
Die Klägerin hat behauptet, durch den Vertriebsleiter der Beklagten, Herrn H. K., sowie den Leiter des Bereichs „B2C-Portale”, Herrn M. B., konkrete Anweisungen hinsichtlich ihrer Anwesenheit in den Büroräumen der Beklagten und des zeitlichen Umfangs ihrer Tätigkeit erhalten zu haben. Bereits ab Dezember 2006 sei von einer Anwesenheitspflicht lediglich während einer Einarbeitungszeit keine Rede mehr gewesen. Vielmehr sei sie angewiesen worden, grundsätzlich vier Tage in der Woche in einem Zeitraum zwischen 8.00 Uhr und 20.00 Uhr in den Büroräumen der Beklagten anwesend zu sein. Zudem habe ihr die Beklagte durch den Vertriebsleiter genaue Vorgaben gemacht, wie und in welcher Zeit Angebote für Interessenten und Kunden zu erstellen und in welchem Zeitfenster Telefonate mit Kunden und Interessenten zu führen wären. Ferner habe die Beklagte gegenüber der Klägerin die Teilnahme an Schulungen sowie in- und externen Meetings und Teambesprechungen angeordnet. Es sei ihr auch aus technischen Gründen nicht möglich gewesen, von ihrem Heimarbeitsplatz aus für die Beklagte tätig zu werden.
Die Beklagte hält die Arbeitsgerichte nicht für zuständig. Sie hat vorgetragen, die Klägerin habe ihre vermittelnde Tätigkeit selbständig in der von ihr gewählten Vertragform als freie Mitarbeiterin ausüben können. Seitens der Beklagten habe es allenfalls fachliche und ergebnisorientierte Weisungen hinsichtlich der Art der zu vermittelnden Produkte gegeben.
Das Arbeitsgeri...