Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Beiordnung. Rechtsanwalt. Reisekosten. Erstattung. PKH-Vergütung
Leitsatz (amtlich)
Eine „Beiordnung zu den Sätzen eines ortsansässigen Anwalts” kommt im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht.
Zulässig ist es, dass im Beschluss über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe eine Einschränkung der Erstattungsfähigkeit der anwaltlichen Reisekosten ausgesprochen wird. Enthält der Beschluss eine solche Einschränkung nicht, sind dem Prozessbevollmächtigten auch die Reisekosten zu erstatten, soweit sie zur sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Partei erforderlich waren, höchstens aber bis zu der Höhe, die bei Beiordnung eines Verkehrsanwalts entstanden wären.
Normenkette
ZPO § 126; RVG § 46 Abs. 1; ZPO § 121 Abs. 3; RVG § 48 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Beschluss vom 23.03.2006; Aktenzeichen 6 Ca 2603/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Bezirksrevisorin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 23.3.2006 – 6 Ca 2603/05 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung von Fahrtkosten im Rahmen der Prozesskostenhilfevergütung.
Mit Klage vom 7.9.2005 hatte sich die in Schwerin wohnende Klägerin gegen zwei Kündigungen gewendet und Zahlung von 1.559 EUR gefordert. Gleichzeitig hatte sie beantragt, ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. aus S. u bewilligen. Mit Beschluss vom 16.11.2005 hat das Arbeitsgericht dem Antrag entsprochen. Eine Einschränkung hinsichtlich der Fahrtkosten ist in dem Beschluss nicht erfolgt.
Die beigeordnete Rechtsanwältin hat beantragt, ihr 1.044,46 EUR zu erstatten. In diesem Betrag waren Reisekosten (Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder) i.H.v. 61,40 EUR enthalten. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 1.013,26 EUR festgesetzt und im Übrigen den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen hat die beigeordnete Rechtsanwältin Erinnerung eingelegt, der der Urkundsbeamte nicht abgeholfen hat. Der Richter, dem die Erinnerung vorgelegt worden ist, hat mit Beschluss vom 23.3.2006 die Vergütungsfestsetzung dahingehend geändert, dass die Vergütung auf insgesamt 1.044,46 EUR festgesetzt wird. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ist die Beschwerde für die Staatskasse zugelassen worden. Die Bezirksrevisorin hat gegen den ihr am 3.4.2006 zugestellten Beschluss am 5.4.2006 Beschwerde eingelegt, der der Richter nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
II.
Die auf Grund Zulassung statthafte Beschwerde der Bezirksrevisorin hat nicht Erfolg.
Der beigeordneten Rechtsanwältin sind die durch die Teilnahme am Termin entstandenen Reisekosten zu erstatten. Der Umfang der Erstattung in Prozesskostenhilfeangelegenheiten ergibt sich aus §§ 123 ff. ZPO, speziell für Auslagen aus § 126 ZPO. Danach werden Auslagen, insbesondere Reisekosten, nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Wahrnehmung im Interesse der Partei nicht erforderlich waren. Diese Vorschrift entspricht § 46 Abs. 1 RVG. Dass die Reisekosten zur sachgemäßen Wahrnehmung im Interesse der Partei erforderlich waren, steht außer Streit.
Zwar darf, worauf das Arbeitsgericht zutreffend hinweist, gem. § 121 Abs. 3 ZPO ein Rechtsanwalt, der nicht beim Prozessgericht zugelassen ist, nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Das bedeutet aber nicht, dass grundsätzlich dem beigeordneten Rechtsanwalt Reisekosten nicht erstattet werden.
Nicht zu vergüten sind gem. § 126 Abs. 1 S. 2 ZPO die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der Rechtsanwalt seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht an dem Ort hat, an dem sich das Prozessgericht oder eine auswärtige Abteilung dieses Gerichts befindet. Dies gilt nicht, wenn ein Rechtsanwalt beigeordnet wird, der weder bei dem Prozessgericht noch bei einem Gericht zugelassen ist, das sich an demselben Ort wie das Prozessgericht befindet. Dabei ergibt sich der Umfang der Erstattung aus dem Umfang der Beiordnung, § 48 Abs. 1 RVG.
Auf Grund der Änderung der Zulassungsregelung für Anwälte seit dem 1.10.2000 kommt eine „Beiordnung zu den Sätzen eines ortsansässigen Anwalts” im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht (LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 26.8.2003 – 1 Ta 84/01 – NZA-RR 2004, 212; OLG Oldenburg Beschluss vom 6.1.2006 – 3 UF 45/05 – NJW 2006, 851). Allerdings bestimmt § 121 Abs. 3 ZPO im Kosteninteresse der Staatskasse, dass ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden darf, wenn dadurch nicht Mehrkosten entstehen. Dies entspricht dem Grundgedanken, dass unnötige Reisekosten zu vermeiden sind. Dieser Gedanke ist bei der Beiordnung stets zu beachten (LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 26.8.2003 – 1 Ta 84/01 – NZA-RR 2004,212; LAG Hessen Beschl. v. 1.9.2004 – 2 Ta 5/04 – LAG-Report 2005, 288). Dementsprechend ist eine Einschränkung unter Hinweis auf § 121 Abs. 3 ZPO zulässig. Erfolgt eine entsprechende Einschränkung im Bewilligungsbeschluss, ist ...