Entscheidungsstichwort (Thema)

Urteil auf Zahlung eines Bruttobetrages. Antrag auf Konkursausfallgeld. Bewilligungsbescheid des Arbeitsamts über (Netto-)Betrag. Titelumschreibung auf die Bundesanstalt für Arbeit. offenkundig. Identität von Bruttobetrag und (Netto-)Betrag

 

Leitsatz (amtlich)

Wird einem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt in Höhe eines Bruttobetrages durch Urteil zuerkannt und ihm auf seinen Antrag durch das Arbeitsamt Konkursausfallgeld über einen (Netto-)Betrag bewilligt, so ist für die von der Bundesanstalt für Arbeit beantragte Titelumschreibung die Identität von Brutto- und (Netto-)Betrag nicht offenkundig i. S. v. § 727 Abs. 1 ZPO; der Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes läßt trotz seiner Tatbestandswirkung nicht aus sich heraus erkennen, daß der als Konkursausfallgeld bewilligte (Netto-)Betrag mit dem ausgeurteilten Bruttobetrag übereinstimmt.

 

Normenkette

ZPO § 727 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Beschluss vom 03.08.1995; Aktenzeichen 1 Ca 55/93)

 

Tenor

wird die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Lübeck vom 03.08.1995 auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert beträgt 880,– DM.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin ist der Meinung, daß das von der Klägerin gegen den Beklagten am 15.06.1993 erlangte Versäumnisurteil hinsichtlich des Vergütungsanspruchs für November 1992 in Höhe von 1.097,95 DM brutto auf sie gemäß § 727 Abs. 1 ZPO umzuschreiben ist.

Mit ihrer am 08.01.1993 beim Arbeitsgericht eingegangenen Feststellungs- und Zahlungsklage begehrte die Klägerin von dem Beklagten Zahlung u. a. des Gehalts für November 1992 in Höhe von 1.097,95 DM brutto; nach einer der Klagschrift beigefügten „Abrechnung November 1992” entsprach dieser Betrag 880,– DM netto. Am 15.06.1993 erlangte die Klägerin gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil, in dem dieser u. a. verurteilt wurde, an die Klägerin für „November 1992 … DM 1.097,95 brutto” zu zahlen; das Versäumnisurteil ist rechtskräftig geworden. Am 10./17.12.1992 stellte die Klägerin beim Arbeitsamt Bad O. einen Antrag auf Konkursausfallgeld im Hinblick auf das „Netto-Arbeitsentgelt”, das ihr aus der Zeit vom 01.11. bis 30.11.1992 in Höhe von 880,– DM noch zustand; dieser Betrag ist entsprechend dem Bewilligungsbescheid des Arbeitsamts vom 10.12.1993 und der Kassenanordnung vom 15.12.1993 am 16.12.1993 an die Klägerin zur Zahlung angewiesen worden. Am 22.06.1995 beantragte die Antragstellerin die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils vom 15.06.1993.

Sie hat vorgetragen:

Die Ansprüche der Klägerin auf ausstehendes Arbeitsentgelt seien mit der Antragstellung auf sie, die Bundesanstalt für Arbeit, kraft der gesetzlichen Regelung des § 141 m AFG übergegangen; die Antragstellerin sei damit Rechtsnachfolgerin der Klägerin geworden.

Diesen Antrag auf Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel gem. § 727 ZPO hat das Arbeitsgericht durch Beschluß vom 03.08.1995 mit der Begründung zurückgewiesen, daß die gesetzliche Rechtsnachfolge gem. § 141 m AFG nur bezüglich des objektiv richtigen Nettoarbeitsentgelts eintreten könne; dessen richtige Höhe sei weder durch das Urteil noch durch die Antragsunterlagen des Arbeitsamts bewiesen. Daß der in dem Versäumnisurteil der Klägerin zugesprochene Nettoentgeltbetrag tatsächlich dem objektiv richtigen Nettobetrag nach öffentlichem Recht, etwa gem. § 141 d AFG entspreche, stehe nicht fest. Nur insoweit, als das Arbeitsamt objektiv richtige Nettobeträge als Konkursausfallgeld zahle, finde der gesetzliche Forderungsübergang gem. § 141 m AFG auf die Bundesanstalt für Arbeit statt.

Gegen diesen Beschluß hat die Antragstellerin am 21.08. Erinnerung mit der Begründung eingelegt, daß die für die Rechtsnachfolge maßgeblichen Tatsachen durch das Arbeitsgericht von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmen seien; diese prozessuale Verpflichtung ergebe sich aus der Tatbestandswirkung des Bewilligungsbescheides, der als Verwaltungsakt auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sei – § 31 S. 1 SGB X –. Das Arbeitsgericht sei an die Feststellung des durch das Arbeitsamt aus dem Nettoarbeitsentgelt berechneten Konkursausfallgeldes gebunden; damit sei die Rechtsnachfolge offenkundig im Sinne des § 727 ZPO.

Das Arbeitsgericht hat der Erinnerung durch Beschluß vom 14.09.1995 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Ergänzend wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gem. § 11 Abs. 2 RpflG als Beschwerde zu behandelnde Erinnerung der Antragstellerin ist nicht begründet. Der den Antrag auf Titelumschreibung zurückweisende Beschluß des Arbeitsgerichts vom 03.08.1995 ist nicht zu beanstanden.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist ihre Rechtsnachfolge hinsichtlich des Anspruchs der Klägerin auf Zahlung des Arbeitsentgelts für November 1992, der gegen den Beklagten in Höhe von 1.097,95 DM brutto tituliert worden ist, nicht offenkundig im Sinne von § 727 Abs. 1 ZPO. Offenkundig ist eine Tatsache, wenn sie entweder allgemeinkundig oder ge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge