Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe. Ratenzahlungen. weitergehende Vergütung. Einziehung durch die Landeskasse
Leitsatz (amtlich)
Die Staatskasse ist weder berechtigt noch verpflichtet, zu Gunsten des Prozeßbevollmächtigten, der einer bedürftigen Partei im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnet worden ist, Ratenzahlungen einzuziehen, die über die Kosten nach § 122 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO und die PKH-Anwaltsgebühren nach den §§ 121, 123 BRAGO hinaus auch den Differenzbetrag zwischen einer Gebührenforderung nach § 11 BRAGO und einer solchen nach § 123 BRAGO abdecken.
Normenkette
BRAGO §§ 123-124; ZPO § 122
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Beschluss vom 12.10.1995; Aktenzeichen 3a Ca 1604/92) |
Tenor
wird die Beschwerde der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluß der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 12.10.1995 zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Nachdem die Klägerin am 25.11.1992 Feststellungs- und Leistungsklage sowie einen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe eingereicht hatte, hat das Arbeitsgericht der Klägerin im Gütetermin am 02.02.1993 Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung unter Beiordnung ihres Prozeßbevollmächtigten bewilligt; alsdann haben die Parteien den Rechtsstreit durch Vergleich beendet. Den PKH-Bewilligungsbeschluß vom 02.03.1993 hat das Arbeitsgericht durch Beschluß vom 17.01.1994 dahingehend geändert, daß sich die Klägerin an den Kosten der Prozeßführung mit monatlichen Raten von 150,– DM zu beteiligen hat. Durch Beschluß vom 02.05.1994 ist die Zahlungsverpflichtung der Klägerin auf monatliche Raten von 90,– DM verringert worden. Durch Beschluß vom 12.10.1995 ist die der Klägerin bewilligte Prozeßkostenhilfe gem. § 124 Ziff. 4 ZPO aufgehoben worden. Unter dem 14.11.1995 stellten die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin den Antrag auf Festsetzung des Differenzbetrages zu den Wahlanwaltskosten in Höhe von 586,50 DM (2.012,50 DM abzügl. gezahlter 1.426,50 DM). Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht durch Beschluß vom 23.11.1995 mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 S. 1 BRAGO nicht vorlägen. Gegen diesen Beschluß, der ihnen am 29.11. zugestellt worden ist, haben die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 04.12.1995 Erinnerung eingelegt, der das Arbeitsgericht durch Beschluß vom 03.05.1996 nicht abgeholfen hat.
Ergänzend wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Die Rechtspflegerin hat zu Recht in dem angegriffenen Beschluß den Antrag der Beschwerdeführer auf Festsetzung der weiteren Vergütung gem. § 124 BRAGO zurückgewiesen. Insoweit folgt die Beschwerdekammer einer Reihe anderer gleichlautender Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Schl.-Holst. – 4 Ta 167/88, 4 Ta 69/90; 5 Ta 115/89, 5 Ta 191/89, 5 Ta 47/91, 5 Ta 89/91; Beschl. v. 28.09.1994, 6 Ta 73/94 –. Allerdings hält die wohl überwiegende Mehrheit in der Rechtsprechung und im Schrifttum die Staatskasse und damit das Land verpflichtet, die Raten über den eigenen PKH-Aufwand nach § 122 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO hinaus bis zur vollen Deckung der weiteren Vergütung des Rechtsanwalts von der Partei einzuziehen, der Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist – OLG Stuttgart, AnwBl. 84, 49; OLG Köln, AnwBl. 84, 103; OLG München, AnwBl. 84, 105; OLG Schleswig, AnwBl. 84, 457; OLG Frankfurt, JurBüro 84, 1723; OLG Hamm, AnwBl. 85, 50; LAG Nürnberg, LAGE § 120 Nr. 3; LAG Köln, LAGE § 120, Nr. 7; LAG Köln, Beschl. v. 01.02.96, LAGE Nr. 29 zu § 120 ZPO; Gerold/Schmidt-von Eicken, BRAGO, 12. Aufl., § 124 Rdnr. 2; Riedel/Sußbauer-Chemnitz, BRAGO, 7. Aufl., § 124 Rdnr. 7; a. M: LAG Frankfurt, MDR 86, 1054; LAG Hamm, Rechtspfleger 87, 174, 476; LAG Düsseldorf, JurBüro 89, 969; LAG Köln, MDR 89, 1027; LAG Hamburg, JurBüro 91, 1089, Beschl. v. 09.06.1993, LAGE Nr. 27 zu § 120 ZPO –.
Begründet wird die überwiegende Meinung im wesentlichen damit, daß § 122 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO nur die Geltendmachung weitergehender „Ansprüche auf Vergütung” des Anwalts gegenüber seiner Partei verbiete, ohne deren Entstehung zu hindern, während § 124 Abs. 3 BRAGO den Fortbestand gerade dieser weitergehenden Ansprüche als „von der Partei zu zahlende Beträge” voraussetze.
Die erkennende Kammer vermag sich der von der überwiegenden Mehrheit in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Rechtsauffassung nicht anzuschließen. Die Beschwerdeführer haben keinen Anspruch auf Festsetzung weiterer Vergütung gem. § 124 Abs. 3 BRAGO bzw. auf Einziehung der weiteren Vergütung bis zur Deckung der Regelgebühren gegenüber der Staatskasse. § 124 BRAGO trifft zwar eine Regelung über die weitere Verfahrensweise, soweit von der Partei Beträge über die nach § 122 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO bezeichneten Kostenansprüche hinaus eingezogen worden sind, legt jedoch nicht fest, daß die Landeskasse zur Einziehung verpflichtet ist. Welche Kosten von der Landeskasse einzuziehen sind, ist vielmehr in § 122 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO geregelt; danach bewirkt die Bewilligung der Prozeßkosten...