Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Erfolgsaussichten. Statthaftigkeit der Berufung. Beschwerdewert. Streitwert. Nicht offensichtlich falscher Ansatz bei der Streitwertfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
1. Im Allgemeinen kann der Beschwerdewert nicht höher sein als der im Urteil gem. § 61 Abs. 1 ArbGG festgesetzte Streitwert. Im Interesse der Rechtsmittelklarheit ist das Landesarbeitsgericht an die Streitwertfestsetzung gebunden. Das gilt nur dann nicht, wenn sie offensichtlich unrichtig ist.
2. Der Wert einer heraus verlangten Sache hängt nicht davon ab, ob sich jemand entschließt, Geld in ihre Montage oder Reparatur zu investieren.
Normenkette
ZPO § 114; ArbGG § 64 Abs. 2, 3a, § 61 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Urteil vom 26.06.2008; Aktenzeichen 3 Ca 407 e/08) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung für die Durchführung der Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 26.06.2008, zugestellt am 03.07.2008, Az. 3 Ca 407 e/08, wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung für die Durchführung der Berufung gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts. Das Arbeitsgericht hat die auf Herausgabe verschiedener Gegenstände gerichtete Klage abgewiesen, der Klägerin die Kosten auferlegt und den Streitwert auf 600,00 EUR festgesetzt.
Auf den Antrag der Klägerin gemäß § 64 Abs. 3a Satz 2 ArbGG hat das Arbeitsgericht den Tenor seiner Entscheidung dahingehend ergänzt, dass die Berufung nicht zugelassen wird (Beschluss vom 04.09.2008 = Bl. 48 d. A.).
Die Klägerin hält die Wertfestsetzung in dem arbeitsgerichtlichen Urteil für offensichtlich unzutreffend.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung ist zurückzuweisen, denn die beabsichtigte Berufung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.
1. Die Berufung hat bereits deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil sie nicht statthaft ist. Gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG kann die Berufung eingelegt werden,
- wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
- wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt,
- in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
- wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
2. Im vorliegenden Fall kommt nach dem Streitgegenstand des Urteils nur eine Beschwerdewertberufung in Betracht. Denn das Arbeitsgericht hat die Berufung nicht zugelassen. Die Berufung ist nur zugelassen, wenn das Arbeitsgericht dies ausdrücklich erklärt hat. Der Urteilstenor enthielt keine Entscheidung über die Zulassung der Berufung, obwohl § 64 Abs. 3a Satz 1 ArbGG „aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit” (BT-Drs. 14/626, S. 10) bestimmt, dass die Entscheidung, ob die Berufung zugelassen wird oder nicht, in den Urteilstenor aufzunehmen ist. Der Tenor ist jedoch auf Antrag der Klägerin gem. § 64 Abs. 3 a, Satz 2 ArbGG ergänzt worden. In seinem Beschluss vom 04.09.2008 hat das Arbeitsgericht ausdrücklich entschieden, dass die Berufung nicht zugelassen wird.
a) Auch nach dem Beschwerdewert ist die Berufung nicht statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 600,00 EUR nicht. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert im Urteil auf 600,00 EUR festgesetzt. Im allgemeinen kann der Beschwerdewert nicht höher sein als der im Urteil gem. § 61 Abs. 1 ArbGG festgesetzte Streitwert. Ist der Kläger – wie im vorliegenden Fall – in der I. Instanz in vollem Umfang unterlegen, stimmen bei uneingeschränkter Berufungseinlegung Streit- und Beschwerdewert überein (BAG 13.01.1988 – 5 AZR 410/87 – AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 11). Im Interesse der Rechtsmittelklarheit ist das Landesarbeitsgericht an die Streitwertfestsetzung gebunden. Dies gilt nur dann nicht, wenn sie offensichtlich unrichtig ist (BAG 16.05.2007 – 2 AZB 53/06 –). Dies ist dann der Fall, wenn die Streitwertfestsetzung in jeder Beziehung unverständlich und unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt zu rechtfertigen ist und außerdem der zutreffende Streitwert auf den ersten Blick die für den Beschwerdewert maßgebliche Grenze übersteigt oder unterschreitet (BAG 27.05.1994 – 5 AZB 3/94 – AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 17; Erfurter Kommentar/Koch, 8. Aufl. § 64 ArbGG Rdn. 15).
Im vorliegenden Fall ist die Streitwertfestsetzung des Arbeitsgerichts nicht in jeder Beziehung unverständlich und unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt zu rechtfertigen. Sie ist vielmehr durchaus nachvollziehbar. Zu bedenken ist, dass es sich bei den herausverlangten Gegenständen ausschließlich um gebrauchte Artikel handelt. Diese hatte die Klägerin bereits in ihrem Geschäft eingesetzt. Anschließend kamen sie ein Jahr lang bei der Beklagten zum Einsatz. Der Wert der Gegenstände kann sich danach allenfalls auf einen Bruchteil des ...