Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert für Beschlussverfahren um Aufhebung einer personellen Einzelmaßnahme

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird um die Aufhebung einer personellen Einzelmaßnahme nach § 101 BetrVG gestritten, handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit; ein Abschlag von dem typischerweise festzusetzenden Auffangwert von 4.000 EUR ist regelmäßig nicht geboten.

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 3 S. 2; BetrVG § 101

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Entscheidung vom 23.08.2013; Aktenzeichen 5 BV 40 b/13)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Rechtsanwälte ... wird der Gegenstandswertbeschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 23.08.2013 - 5 BV 40 b/13 - abgeändert.

Der Gegenstandswert wird auf 4.000,-- EUR

festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts durch das Arbeitsgericht.

Dem Ausgangsverfahren lag ein Antrag nach § 101 BetrVG zugrunde. Die Beschwerdeführer hatten als Prozessbevollmächtigte des Betriebsrats beim Arbeitsgericht geltend gemacht, eine Versetzung sei ohne Beteiligung des Betriebsrats erfolgt und daher rückgängig zu machen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Antragsschrift verwiesen. Das Verfahren endete durch Vergleich.

Das Arbeitsgericht hat den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit der Beschwerdeführer auf 2.000,-- EUR festgesetzt. Dieser Beschluss ist den Beschwerdeführern am 26.08.2013 zugestellt worden. Hiergegen haben die Beschwerdeführer mit am 09.09.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und beantragt, den Gegenstandswert auf 4.000,-- EUR festzusetzen. Es sei um eine betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition gegangen. Eine Abweichung vom Auffangwert in Höhe von 4.000,-- EUR sei nicht gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

II.

Die Beschwerde der Beschwerdeführer ist nach § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Beschwerdewert von 200,-- EUR ist erreicht, § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG. Die Beschwerdeführer sind auch beschwerdebefugt, § 33 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 RVG.

Die Beschwerde ist begründet. Der Gegenstandswert des im Juni 2013 abgeschlossenen Ausgangsverfahrens nach § 101 BetrVG beträgt 4.000,-- EUR.

Rechtsgrundlage der Wertfestsetzung ist § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG. Nach dieser Vorschrift ist der Gegenstandswert, sofern er sich nicht aus anderen Vorschriften ergibt und auch sonst nicht feststeht, nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 4.000,-- EUR (ab 01.08.2013: 5.000,-- EUR), nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,-- EUR anzunehmen.

Wird um die Aufhebung einer personellen Einzelmaßnahme nach § 101 BetrVG gestritten, so handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit. Richtig ist, dass die 1. und 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein in der Vergangenheit den Wert im Verfahren nach § 101 BetrVG regelmäßig mit der Hälfte des "Hilfs- oder Regelwerts" festgesetzt haben (vgl. LAG Schleswig-Holstein, 30.08.2006 - 1 Ta 71/06 - zitiert nach [...]). An dieser Auffassung halten die Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts jedoch nicht weiter fest. Wenn die 1. Kammer in ihrem Beschluss vom 23.05.2012 (1 Ta 81/12) unter Bezugnahme auf ihre in der Vergangenheit vertretene Auffassung formuliert hat, sie halte an dieser nach Rücksprache mit den Vorsitzenden aller anderen Kammern des Landesarbeitsgerichts "noch weiter fest", handelt es sich um ein Versehen. Offensichtlich sollte es "nicht weiter fest" heißen. Das ergibt sich aus den weiteren Ausführungen. Zu Beginn des übernächsten Absatzes heißt es ausdrücklich "ein Abschlag von dem damit typischerweise festzusetzenden Auffangwert von 4.000,-- EUR ist regelmäßig nicht geboten". Entsprechend ist auch der erste Leitsatz zu der Entscheidung formuliert worden.

Auch die erkennende Kammer geht im Verfahren nach § 101 BetrVG in der Regel vom Ausgangswert nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG aus. Dies entspricht im Übrigen dem Vorschlag unter Ziffer 13.6. iVm. 13.4 und 13.2.1 des Streitwertkatalogs der Streitwertkommission, der unter Vorsitz des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz a.D. Dr. Schwab erarbeitet wurde (vgl. Bader/Jörchel, NZA 2013, 809 ff.). Die Kammer schließt sich der Auffassung des LAG Nürnberg (Beschluss vom 27.07.2006 - 4 Ta 100/06), des LAG Sachsen (Beschluss vom 21.08.2007 - 4 Ta 182/07 -) und des LAG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 27.08.2013 -1 Ta 90/13 -) an, die auf den Hilfswert abstellen. Der Gegenauffassung, die auf den Rechtsgedanken des § 42 Abs. 3 GKG abstellt und das Bruttomonatsgehalt des Arbeitnehmers für die Bewertung heranzieht, folgt die Beschwerdekammer nicht (vgl. LAG Hamburg, Beschluss vom 19.07.2010 - 4 Ta 11/10 -). Ein ausreichender Bezug zur Höhe de...

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