Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe, Beiordnung, lex specialis, Erfolgsaussicht

 

Leitsatz (amtlich)

Bei beantragter Prozesskostenhilfe verbietet sich die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 11 a ArbGG. § 11 a Abs. 1 und 2 ArbGG derogiert nicht als lex specialis § 121 Abs. 2 ZPO, sondern die Möglichkeit der Beiordnung nach § 11 a ArbGG und die Möglichkeit der Gewährung von Prozesskostenhilfe gem. ZPO bestehen mit unterschiedlichen Voraussetzungen nebeneinander.

 

Normenkette

ArbGG § 11a; ZPO §§ 114, 121-122

 

Beteiligte

Mohammad-Salem T

Manfred Z

 

Verfahrensgang

ArbG Neumünster (Entscheidung vom 20.02.2001; Aktenzeichen 3 Ca 6 d/01)

 

Tenor

wird auf die Beschwerde des Klägers der Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 20. Februar 2001 – 3 Ca 6 d/01 – aufgehoben.

Das Arbeitsgericht Neumünster wird angewiesen, über den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe nach weiterer Aufklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage zu entscheiden.

 

Gründe

Die Beschwerde des Klägers vom 17. Oktober 2001 musste insoweit Erfolg haben, als der Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster aufzuheben war.

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger anstelle beantragter Prozesskostenhilfe den Rechtsanwalt C. gem. § 11 a ArbGG beigeordnet. Das Arbeitsgericht hat für seine Entscheidung keine Begründung genannt.

Der Kläger hat nicht die Beiordnung nach § 11 a ArbGG, sondern die Gewährung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege der Prozesskostenhilfe beantragt. Hätte der Kläger die Beiordnung nach § 11 a Abs. 2 ArbGG beantragt, hätte das Arbeitsgericht mit der Begründung auf § 11 a Abs. 2 ArbGG die Beiordnung verweigern können. Ein derartiger Antrag ist jedoch nicht gestellt worden. Der Kläger hat vielmehr in der Beschwerde abermals ausdrücklich auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe bestanden und die schlichte Beiordnung nicht für ausreichend erachtet. Damit verbietet sich die Verweisung auf § 11 a Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG. Dass § 11 a Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG die Bestimmung des § 121 Abs. 2 ZPO als lex specialis nicht derogieren, sondern dass beide Regelungen, nämlich die Beiordnung nach § 11 a ArbGG und die Gewährung von Prozesskostenhilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung, nebeneinander bestehen, folgt daraus, dass § 11 a Abs. 3 ArbGG ausdrücklich auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung abstellt. Dabei handelt es sich also bei der Gewährung der Prozesskostenhilfe um ein anderes Verfahren. Das zeigt auch der Umstand, dass die Voraussetzungen und Folgen von Prozesskostenhilfe und Beiordnung nach § 11 a ArbGG unterschiedlich sind. In § 11 a Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG sind die Voraussetzungen für die Beiordnung einer Prozessvertretung weniger anspruchsvoll als in § 114 ZPO. Auch sind die Folgen der Beiordnung nach § 11 a Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG weniger weitgehend als § 122 ZPO: Es wird nicht volle Prozesskostenhilfe gewährt, sondern nur ein Rechtsanwalt beigeordnet (vgl. LAG Hamm, in „Der Betrieb” 1981, 1576). § 11 a Abs. 1 ArbGG gewährt somit begrenzte Prozesskostenhilfe (Lepke in „Der Betrieb” 1981, 1927-1932; vgl. im Übrigen auch Rohlfing/Rehwolle, ArbGG, Anm. B 1 in der Fassung der 11. Ergänzungslieferung vom Juli 1986; weniger deutlich: Leser in NJW 1981, 791 ff.; ebenso: Koch in Arbeit und Recht 1981, 43-49). Damit verbietet sich bei beantragter Prozesskostenhilfe die Beiordnung nach § 11 a ArbGG (LAG Schl.-Holst., Beschl. v. 19. Januar 1987 – 4 Ta 6/87 –; ebenso Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 3. Aufl. 1999, § 11 a Rdnr. 37 mit vielen Hinweisen). Der Beschluss war daher aufzuheben.

Bei Versagung von Prozesskostenhilfe bedarf es regelmäßig eines richterlichen Hinweises auf § 11 a ArbGG, wenn, wie in diesem Verfahren, die Gegenseite anwaltlich vertreten ist. Diese Verpflichtung entfällt, weil der Kläger eine derartige Beiordnung, wie die Beschwerde erweist, abgelehnt hat. Bezüglich der Bedürftigkeitsprüfung des Klägers bedarf es regelmäßig der Vorlage von Belegen, die hier gerade in Bezug auf Kontoauszüge und Mietkosten gänzlich fehlen. Die Prüfung der Erfolgsaussichten muss im Verfahren nach § 114 ZPO, anders als bei Verfahren nach § 11 a ArbGG, nachgeholt werden.

Die Entscheidung erfolgt gerichtsgebührenfrei.

Gegen diese Entscheidung ist eine Beschwerde nicht gegeben (§ 78 Abs. 2 ArbGG).

 

Unterschriften

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Der Vorsitzende der IV. Kammer, gez. Müller

 

Fundstellen

Dokument-Index HI671123

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