REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN NEIN
Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe. Kaltmiete
Leitsatz (amtlich)
Der 18 %. des Nettoeinkommens übersteigende Anteil der Kaltmiete ist im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung als besondere Belastung im Sinne von § 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbs. ZPO zugunsten des Antragstellers zu berücksichtigen.
Normenkette
ZPO §§ 114, 115 Abs. 1 S. 2 Hs. 2
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Beschluss vom 19.10.1993; Aktenzeichen 1c Ca 974/91) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Prozeßkostenhilfebeschluß des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 19. Oktober 1993 geändert:
Dem Kläger wird Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt und Rechtsanwalt B., W. L., H., zu den Bedingungen eines E. Anwalts beigeordnet.
Tatbestand
I.
Der Kläger hat ergänzend zu seinem Prozeßkostenhilfeantrag am 19. Oktober 1993 eine von ihm unterzeichnete Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse überreicht. Aus dieser ergibt sich, daß der Kläger ein Arbeitslosengeld in Höhe von 280,80 DM in der Woche erhält. Der Kläger hat in der Rubrik „Abzüge” eine Fahrtkostenpauschale von 90,– DM und unter der Rubrik „Besondere Belastungen” Mietzinszahlungen in Höhe von 400,– DM und Rückzahlung von Darlehens Verbindlichkeiten in Höhe von 300,– DM angegeben. Die Darlehnsverbindlichkeit und die Mietzinszahlung hat er durch Belege glaubhaft gemacht.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluß vom 19. Oktober 1993 dem Kläger Prozeßkostenhilfe mit Zahlungsbestimmung bewilligt und angeordnet, daß der Kläger sich an den Kosten des Rechtsstreits mit monatlich 40,– DM zu beteiligen hat. Zugleich hat das Arbeitsgericht dem Kläger Rechtsanwalt B., W. L., H., zu den Bedingungen eines E. Anwalts beigeordnet. Gegen diesen Beschluß richtet sich die am 25. Oktober 1993 beim Arbeitsgericht Elmshorn eingegangene Beschwerde, in welcher der Kläger sich darauf beruft, daß das Arbeitsgericht zu Unrecht als Werbungskosten die Fahrtkostenpauschale und als besondere Belastungen den von ihm entrichteten Mietzins nicht berücksichtigt habe. Allein die Berücksichtigung der Mietaufwendungen, die 18 % des verfügbaren Nettoeinkommens überschritten, führe dazu, daß eine Ratenzahlung nicht angeordnet werden dürfe.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluß vom 26. Oktober 1993 der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Sie ist auch in der Sache begründet.
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts sind Mietzinszahlungen, soweit sie 18 % des verfügbaren Nettoeinkommens überschreiten, als besondere Belastungen im Sinne von § 115 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz ZPO zu berücksichtigen.
Das führt dazu, daß im vorliegenden Fall eine Ratenzahlung nicht angeordnet werden kann.
1. Das Beschwerdegericht folgt der ganz überwiegenden Auffassung, wonach eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 114 (einschließlich Anlage), 115 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz ZPO dazu führt, daß der 18 % des Nettoeinkommens übersteigende Anteil der Kaltmiete als besondere Belastung im Sinne von § 115 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz ZPO zugunsten des Antragstellers zu berücksichtigen ist (OLG Frankfurt, Beschl, v. 18.12.1992 – 6 UF 201/92 –, FamRZ 1993, 1219; OLG Köln, Beschl, v. 24.08.1992 – 16 W 39/92 –(bei Einkommen im unteren Bereich), FamRZ 1993, 579; OLG Oldenburg, Beschl, v. 30.08.1991 – 3 WF 50/91 – FamRZ 1992, 578 und Beschl, v. 24.09.1990 – 11 WF 91/90 –, FamRZ 1991, 461; OLG Karlsruhe, Beschl, v. 10.09.1991 – 16 WF 77/91 –, FamRZ 1992, 1449; Hanseatisches OLG, Beschl, v. 03.02.1989 – 5 WF 7 u. 8/89 –, FamRZ 1989, 767; Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl, v 22.06.1988 – 9 W 332/87 –, JurBüro 1988, 1537; OLG Celle, Beschl, v. 22.10.1985 – 5 W 65/85 –; OLG Frankfurt, Beschl, v. 23.11.1983 – 3 WF 224/83 –, FamRZ 1984, 302; KG Berlin, Beschl, v. 20.09.1983 – 17 WF 4129/83 –, FamRZ 1983, 1265; LAG Köln, Beschl, v. 19.07.1991 – 10 Ta 126/91 –, MDR 1991, 1096; LAG Nürnberg, Beschl, v. 13.03.191 – 6 Ta 22/91 –, LAGE § 115 ZPO Nr. 43; Arbeitsgericht Regensburg, Beschl, v. 23.06.1992 – 6 Ca 627/90 –, JurBüro 1992, 698 und 01.06.1990 – 6 Ca 362/90 –, JurBüro 1990, 1308; ähnlich (soweit die Kaltmiete 156,– DM übersteigt): OLG Köln, Beschl, v. 09.12.1991 – 2 W 206/91 –, FamRZ 1992, 835; LSG Nieder Sachsen, Beschl, v. 01.04.1993 – L 2 S (J) 204/92 –; Hessisches LSG, 06.03.1992 L –6/B 115/91 –; LSG Berlin, Beschl. 09.08.1991 – L 1 An-S 37/91 –, JurBüro 1992, 411).
Die Berücksichtigung der Kaltmiete, soweit sie 18 % des verfügbaren Nettoeinkommens übersteigt, steht nicht im Widerspruch zu der Auffassung des Beschwerdegerichts, daß die Gerichte nicht befugt sind, die in der Tabelle zu § 114 ZPO aufgeführten Beträge wegen der Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten zu ändern, weil allein der Gesetzgeber hierzu befugt ist (Beschluß vom 30.07.1992 – 6 Ta 41/92 –, Beschluß vom 06.04.1993 – 6 Ta 24/93 –; Beschluß vom 31.07.1992 – 2 Ta 46/92 –; Bes...