Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzgeldbescheinigung. Feststellung. Statusklage. Vergangenheit. Sozialgericht
Leitsatz (redaktionell)
Der Streit um die Erteilung einer Insolvenzgeldbescheinigung ist eine solzialversicherungsrechtliche Streitigkeit für die der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet ist. Erst recht gilt dies bei dem Streit um den zutreffenden Inhalt der begehrten Bescheinigung.
Normenkette
GVG § 17a
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Aktenzeichen 5 Ca 1553/03) |
Tenor
Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist hinsichtlich des Hilfsantrages aus der Berufung – Erteilung einer Insolvenzgeldbescheinigung – nicht gegeben.
Der Rechtsstreit wird an das sachlich zuständige Sozialgericht in Lübeck verwiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten darum, ob zwischen der Klägerin und der insolventen Firma E. GmbH ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie des Inhalts der angefochtenen Entscheidung wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 26. Mai 2003 verwiesen, gegen das die Klägerin rechtzeitig Berufung eingelegt und diese begründet hat.
Die Klägerin trägt vor, das Arbeitsgericht habe die Klage rechtsfehlerhaft mit der Begründung abgewiesen, es fehle ein Feststellungsinteresse für die Klage. Der Beklagte als ehemaliger Arbeitgeber sei verpflichtet, die gewünschte Erklärung zu erteilen. Hierbei handele es sich um eine Nebenpflicht, und zwar die nachvertragliche Fürsorgepflicht. Es sei ihr unzumutbar, sich an das Sozialgericht zu wenden. Es sei bekannt, dass sozialgerichtliche Verfahren mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Auch für die Erteilung einer Arbeitsbescheinigung habe Bundesarbeitsgericht den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten als gegeben angesehen. Das Arbeitsamt L. habe ihr, der Klägerin, bestätigt, dass es über ihren Insolvenzgeldantrag nur deshalb nicht entscheiden könne, weil die Insolvenzgeldbescheinigung nicht ausgestellt worden sei. Deshalb könne nicht einmal ein Ablehnungsbescheid erteilt werden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichtes Lübeck vom 26. Mai 2003, Az.: 5 Ca 1553/03 – aufzuheben und
festzustellen, dass zwischen der Klägerin und der Firma E. GmbH, im Zeitraum vom 1. September 2001 bis zum 16. Oktober 2002 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat,
hilfsweise,
den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin eine Insolvenzgeldbescheinigung gem. § 314 Abs. 1 SGB III zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, dieses Insolvenzverfahren zeichne sich dadurch aus, dass der offizielle Geschäftsführer nur ein „vorgeschobener Strohmann” gewesen sei. Faktischer Geschäftsführer sei M. B. gewesen, der wegen Insolvenzen in der Vorzeit eine Geschäftsführertätigkeit offiziell nicht habe ausüben können. Der lediglich 10-monatige Geschäftsbetrieb der E. GmbH sei überwiegend aus verschiedenen Privatwohnungen des M. B. betrieben worden. Dessen langjährige Lebensgefährtin sei die Klägerin, die, genau wie die Mutter des M. B. offiziell bei der Firma E. GmbH angestellt gewesen sei. Insgesamt seien drei Büroangestellte vorhanden gewesen, obwohl die tatsächlich entfalteten geschäftlichen Aktivitäten von einer Halbtagskraft zu bewältigen gewesen seien. Es bestehe daher der dringende Vertracht, dass die Arbeitsverhältnisse lediglich zum Schein eingegangen worden seien. Den LKW-Fahrern sei bereits zum 27. Juni 2002 durch M. B. gekündigt worden. Die Klägerin indes beanspruche Insolvenzgeld für die Zeit vom 17. Juli bis 16. Oktober 2002.
In der Berufungsverhandlung vom 28. Oktober 2003 hat der Beklagte ergänzend angegeben, er habe bereits gleich nach Antragstellung durch die Klägerin gegenüber dem Arbeitsamt eine „Null-Bescheinigung” abgegeben.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Rechtsstreit ist von Amts wegen an das sachlich zuständige Sozialgericht zu verweisen, § 17a Abs. 2 GVG.
Das Landesarbeitsgericht ist nicht gehindert, den Rechtsstreit hinsichtlich des Hilfsantrags zu verweisen. Zwar sieht § 17a Abs. 5 GVG vor, dass das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Das gilt nur für den Hauptantrag, nicht aber für den im Berufungsverfahren neu eingeführten Hilfsantrag.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Arbeitsgerichte für den vorliegenden Rechtsstreit nicht sachlich zuständig. Es handelt sich nicht um eine Streitigkeit über Arbeitspapiere i.S. des § 2 Abs. 3 lit. e ArbGG. Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen (BAG, Beschl. v. 30. August 2000 – 5 AZB 12/00 – NZA 2000, 1359; LAG Bremen, Beschl. v. 16. Juni 1995 – 4 Ta 26/95 – DB 1995, 1770) können die Auffassung der Klägerin nicht stützen. Im vorliegenden Fall geht es nicht schlicht um die Erteilung einer Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III. Diese ist dem Arbeitnehmer ...