Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsschutzklage. nachträgliche Zulassung. Verschulden des Prozessbevollmächtigten. DGB. Einzelgewerkschaft. Nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage. keine Verschuldenszurechnung eines Mitarbeiters einer Einzelgewerkschaft bei Prozessvollmacht des DGB
Leitsatz (amtlich)
Sofern der Arbeitnehmer die DGB Rechtsschutz GmbH mit der Prozessvertretung beauftragt, ist die rechtsschutzgewährende Einzelgewerkschaft nicht Prozessbevollmächtigter i. S. v. § 85 Abs. 2 ZPO. Sofern die verspätete Klagerhebung auf ein Verschulden des Rechtssekretärs der Einzelgewerkschaft zurückzuführen ist, kommt in diesen Fällen eine Verschuldenszurechnung nach § 85 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht.
Normenkette
KSchG § 5; ZPO § 85 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Beschluss vom 22.08.2007; Aktenzeichen 5 Ca 1679/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 22.08.2007, Az.: 5 Ca 1679/07, abgeändert und die Kündigungsschutzklage vom 02.07.2007 gegen die streitbefangene Kündigung vom 30.05.2007 nachträglich zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten um die nachträgliche Zulassung einer von dem Kläger verspätet erhobenen Kündigungsschutzklage.
Der 52-jährige Kläger war seit dem 01.06.2006 als Fernmeldeinstallateur bei der Beklagten zu einem Monatsgehalt von EUR 3.000,00 beschäftigt. Mit Schreiben vom 30.05.2007 – dem Kläger am gleichen Tag zugegangen – kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen zum 30.06.2007.
Am 03.07.2007 hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht Neumünster Kündigungsschutzklage verbunden mit dem Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage erhoben.
Der Kläger hat vorgetragen,
er habe in der 24. Kalenderwoche seine Gewerkschaft, die M. H. beauftragt, Kündigungsschutzklage zu erheben. Daraufhin habe die M. am Montag den 18.06.2007 die Unterlagen zur Erhebung der Kündigungsschutzklage in einen DIN-A-4-Umschlag getan, diesen adressiert an „D. Rechtsschutz, C. …, 2… N.” und am gleichen Tag zur Post aufgegeben. Aus nicht nachvollziehbaren Umständen sei der Brief indessen am Freitag, 22.06.2007, beim D., Region KERN, Legienstraße 22 in K. angekommen. Die dortige Sachbearbeiterin habe den Brief ungeöffnet in einen neu adressierten Umschlag gesteckt und an die D. Rechtsschutz GmbH in N. geschickt, wo dieser am Montag, den 25.06.2007, eingegangen sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in Bezug auf den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage wird auf Ziff. I der Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 22.08.2007 verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage mit Beschluss vom 22.08.2007 zurückgewiesen. Der Kläger habe die Dreiwochenfrist zur Klagerhebung schuldhaft versäumt. Es genüge insoweit auch leichte Fahrlässigkeit. Dabei stehe das Verschulden eines Vertreters dem Verschulden des Arbeitnehmers gleich. Der Kläger habe nach Zugang der Kündigung in der 22. Kalenderwoche bereits leichtfertig erst in der 24. Kalenderwoche den Rechtsschutzantrag gestellt. Er habe auch nicht glaubhaft gemacht, dass sich der Antrag auf Erhebung der Kündigungsschutzklage tatsächlich in dem mit Poststempel vom 18.06.2007 an den D. Rechtsschutz N. adressierten Briefumschlag befunden habe. Ungeachtet dessen sei es äußerst leichtfertig gewesen, den Antrag so kurz vor Ablauf der Dreiwochenfrist (21.06.2007) mittels einfacher Post weiterzusenden. Angesichts der Möglichkeit einer Vorabübersendung durch Telefax oder der telefonischen Vorankündigung hätten die Prozessbevollmächtigten des Klägers insoweit nicht die erforderliche Sorgfalt walten lassen. Zudem hätten die Prozessvertreter des Klägers nach Eingang des klägerischen Auftrags erst nach einer weiteren Woche Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben.
Gegen den ihm am 29.08.2007 zugestellten Beschluss hat der Kläger beim Arbeitsgericht Lübeck am 05.09.2007 sofortige Beschwerde eingelegt und diese am 12.10.2007 begründet.
Der Kläger trägt vor,
der Rechtsschutzsekretär von T. der M. H. habe am 18.06.2007 den Antrag des Klägers aufgenommen und nach Ausfüllung des Erhebungsbogens sämtliche Unterlagen (Erhebungsbogen, Arbeitsvertrag, Vollmacht) zusammengefasst und an die „D. Rechtsschutz GmbH im Hause” mit dem Vermerk „Eilt/Eilt/Eilt” adressiert. Die D. Rechtsschutz GmbH sei auf einer anderen Etage des gleichen Hauses wie die M. H. ansässig. Bei der M. H. sei sicher gestellt, dass der Postausgangskorb für die D. Rechtsschutz GmbH mehrmals am Tage kontrolliert werde. Soweit die Postmitarbeiter Rechtsschutzaufträge mit dem Vermerk „Eilt/Eilt/Eilt” vorfänden, würden diese unmittelbar in das H. Büro der D. Rechtsschutz GmbH gebracht. Entgegen dieser Regelung habe ein Mitarbeiter, welcher ließe sich nicht mehr feststellen, den Rechtsschutzauftrag kuvertiert und an „D. Rechtsschutz, C. …, 2… N.” adressiert. Der Kläger habe sich am 18.06.2007, mithin innerhalb der 3-Wochenfrist, an eine zuve...