REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN NEIN

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung der Lebenshaltungskosten. Tabelle zu § 114 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

1.

Die Steigerung der Lebenshaltungskosten berechtigt die Gerichte nicht, die in der Anlage 1 zu § 114 ZPO festgelegten Einkommensgrenzen dadurch zu ändern, daß die Steigerung der Lebenshaltungskosten als besondere Belastung i. S. v. § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO behandelt wird.

2.

Für eine Änderung der Anlage 1 zu § 114 ZPO ist allein der Gesetzgeber zuständig.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 115 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Beschluss vom 02.03.1992; Aktenzeichen 1c Ca 244/92)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den die Prozeßkostenhilfe bewilligenden Beschluß des Arbeitsgerichts Kiel vom 02.03.1992 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Das Arbeitsgericht Kiel hat durch Beschluß vom 02.03.1992 dem Kläger für die erste Instanz mit Wirkung ab 5. Februar 1992 Prozeßkostenhilfe bewilligt und ihm Rechtsanwältin R. beigeordnet. Es hat zugleich angeordnet, daß der Kläger sich an den Kosten der Prozeßführung mit monatlichen Raten in Höhe von 150,– DM zu beteiligen hat.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die am 31. März 1992 beim Arbeitsgericht Kiel eingegangene Beschwerde des Klägers. Die Beschwerde richtet sich gegen die Höhe der Ratenzahlung.

Der Kläger trägt hierzu vor:

Ausweislich der von ihm eingereichten Erklärung habe er ein Bruttoeinkommen in Höhe von 3.804,36 DM. Kindergeld sei dem Einkommen nicht hinzuzurechnen. Von diesem Bruttoeinkommen seien die Steuern in Höhe von 183,04 DM sowie Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 723,99 DM und Fahrtkosten in Höhe von 90,– DM sowie Zahlungsverpflichtungen in Höhe von 250,– DM monatlich abzuziehen.

Weiterhin sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Beschl. v. 07.08.1989 – Az.: VI B 75/88 –) wegen Steigerung der Lebenshaltungskosten ein weiterer in der Tabelle zu § 114 ZPO nicht eingearbeiteter Abzug in Ansatz zu bringen. In die Tabelle eingearbeitet sei der für die Sozialhilfe maßgebliche doppelte Eckregelsatz für die Alleinstehenden und Haushaltsvorstände. Der Eckregelsatz liege ab 1. Juli 1991 für das Land Schl.-Holst. bei 468,– DM, der doppelte daher bei 936,– DM. Die Differenz von 342,– DM stelle sich als besondere Belastung im Sinne des § 115 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. ZPO dar und sei vom Einkommen abzusetzen (vgl. BVerfG 87, 104).

Nach alledem stehe ihm ein Einkommen in Höhe von 2.215,33 DM zur Verfügung. Aus der Tabelle zu § 114 ZPO ergebe sich bei vier berücksichtigungsfähigen Unterhaltsberechtigten eine monatliche Ratenzahlung von 60,– DM.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO). In der Sache ist sie jedoch nicht gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht monatliche Ratenzahlungen in Höhe von 150,– DM festgesetzt. Diese ergeben sich aus den Einkommensverhältnissen des Klägers unter Berücksichtigung der Tabelle zu § 114 ZPO. Auszugehen ist von einem Einkommen von 2.557,33 DM netto (3.804,36 DM abzüglich 183/04 Steuern, 723,99 Sozialversicherungsbeiträge abzüglich besonderer Belastung gem. § 115 ZPO in Höhe von 90,– DM und 250,– DM). Die Einwendungen des Klägers gegen die Berechnung seines Einkommens und die Anwendung der Tabelle zu § 114 ZPO durch das Arbeitsgericht sind nicht gerechtfertigt.

1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist Kindergeld jedenfalls dann als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dieses dem Antragsteller tatsächlich zufließt, wovon hier auszugehen ist. Die Beschwerdekammer folgt insoweit der zutreffenden Auffassung des OLG Hamm, NJW 1991, 2713 und von Zöller/Schneider, 17. Aufl., § 114 ZPO Rdzf. 16.

2. Die Beschwerdekammer folgt nicht der Auffassung, daß die in der Tabelle zu § 114 ZPO geregelten Einkommens grenzen dadurch angehoben werden können, daß die Steigerung der Lebenshaltungskosten als besondere Belastung im Sinne von § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO zu berücksichtigen ist (Bundesfinanzhof, Beschl. v. 07.04.1989 – VI B 75/78 –, JurBüro 1990, 229 (Differenzberechnung); OLG Hamm, Beschl. v. 05.07.1991 – 3 WF 97/91 –, NJW 1991, 2713 (Vorwegabzug 200,– DM); OLG Celle, Beschl. v. 10.06.1988 – 12 W 16/88 –, FamRZ 1988, 1076). Vielmehr ist der Gegenmeinung zu folgen, daß die Steigerung der Lebenshaltungskosten nur durch eine Änderung der Tabelle zu § 114 ZPO Rechnung getragen werden kann und daß hierzu allein der Gesetzgeber befugt ist (so OLG Celle, Beschl. v. 17.02.1989 – 10 WF 32/89 –, JurBüro 1989, 1290; OLG Hamm, Beschl. v. 19.12.1988 – 4 WF 498/88 –, JurBüro 1989, 1291; OLG Oldenburg, Beschl. v. 08.11.1988 – 14 WF 171/88 –, FamRZ 1989, 199; LAG Hamburg, Beschl. v. 13.11.1986 – 5 Ta 31/86 –, LAGE § 114 ZPO Nr. 12; Landessozialgericht Hamburg, Beschl. v. 28.01.1988 – 5 PKHBs 34/87 –; Landgericht Arnsberg, Beschl. v. 23.01.1992 – 6 T 7/92 –, MdR 1992, S. 421).

Nach Auffassung der Beschwerdekammer ist die Tabelle zu § 114 ZPO geltendes Gesetzesrecht, an das die Gerichte gem. Art. 97 GG gebunden sind. Auch eine Rechtsfortbildung du...

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