Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonntagszuschlag. Tarifvertrag. Auslegung. Zuschlagspflichtige Sonntagsarbeit

 

Leitsatz (amtlich)

Der Beginn der ersten Schicht am Sonntag bestimmt, wann die zuschlagspflichtige Sonntagsarbeit im Sinne von § 6 Ziff. 3 MTV beginnt und endet. Für den Anspruch auf Sonntagszuschlag ist nicht entscheidend, ob der Arbeitnehmer in dieser Schicht arbeitet oder ob seine Schicht mit der ersten Schicht des Sonntags „verzahnt” ist.

 

Normenkette

Manteltarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie für das Tarifgebiet Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern § 6 Ziff. 3, § 7 Ziff. 2.2 a), § 16 Ziff. 1.1

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Urteil vom 08.09.2011; Aktenzeichen 3 Ca 455 d/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.09.2013; Aktenzeichen 10 AZR 258/12)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 08.09.2011 – 3 Ca 455 d/11 – teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Vergütung für den Zeitraum September 2010 bis Januar 2011 in Höhe von 91,88 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 18.03.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung von Sonntagszuschlägen.

Die Beklagte produziert für die Nahrungsmittelindustrie u. a. Deckelverschlüsse und Dosen aus Aluminium und Weißblech. Der Kläger ist bei der Beklagten seit 1978 beschäftigt. Er arbeitete im streitbefangenen Zeitraum als Druckerhelfer im Schichtdienst mit einem Stundenlohn von 17,50 EUR brutto.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie für das Tarifgebiet Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern (MTV) Anwendung. Der MTV lautet auszugsweise:

㤠6

3. Sonntags- und Feiertagsarbeit

Zuschlagspflichtige Sonntags- oder Feiertagsarbeit beginnt mit der ersten Schicht am Sonntag oder Feiertag und endet 24 Stunden später.

Durch nicht erzwingbare Betriebsvereinbarung kann der Beginn dieser Zeitspanne auf den Beginn der Nachtschicht des Vortages verlegt werden.

§ 7

2.2 Der Sonntags- und Feiertagszuschlag beträgt

  1. für Arbeiten an Sonntagen 50 %”

Gemäß § 3 Ziffer 6 Abs. 1 MTV sind Zeiten für Umkleiden und Waschen sowie Pausen keine Arbeitszeit.

Nach § 16 Ziffer 1.1 a) MTV erlöschen Ansprüche auf Zuschläge aller Art innerhalb von 4 Wochen nach Aushändigung oder Zusendung der Entgeltabrechnung, bei der sie hätten abgerechnet werden müssen.

Im Betrieb der Beklagten gilt eine Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit ab 16.02.2009”, die u. a. folgende Regelungen enthält:

㤠1.2 Arbeitszeit mit 5 Gruppen

§ 1.2.1

1. – 3. Gruppe

Frühschicht:

Montag – Donnerstag

von 06:00 bis 14:00 Uhr

Freitag

von 06:00 bis 12:00 Uhr

Spätschicht:

Montag – Donnerstag

von 14:00 bis 22:00 Uhr

Freitag

von 12:00 bis 18:00 Uhr

Nachtschicht:

Sonntag

von 00:00 bis 06:00 Uhr

Montag – Donnerstag

von 22:00 bis 06:00 Uhr

§ 1.2.2

4. Gruppe

1.

Schicht:

Freitag

von 18:00 bis 04:30 Uhr

2.

Schicht:

Samstag

von 16:30 bis 03:00 Uhr

3.

Schicht:

Sonntag

von 15:30 bis 00:00 Uhr

§ 1.2.3

5. Gruppe

1.

Schicht:

Samstag

von 04:30 bis 16:30 Uhr

2.

Schicht:

Sonntag

von 03:00 bis 15:30 Uhr

§ 1.3 Pausenregelung

1. – 3. Gruppe:

Frühschicht:

10:00 bis 10:30 Uhr

(Montag-Donnerstag)

Spätschicht:

18:00 bis 18:30 Uhr

(Montag-Donnerstag)

Nachtschicht:

02:00 bis 02:30 Uhr

(Montag-Donnerstag)

Die Schichten mit 6 Stunden Arbeitszeit werden ohne Pause gefahren.

§ 7 Übergabezeiten und Kontrollgänge Vorfertigung

Der jeweilige Maschinenführer der ersten Wochen- oder Tagesschicht beginnt die erste Schicht 30 min. vor dem üblichen Schichtbeginn. Dafür endet diese Schicht für diesen Maschinenführer 30 min. früher.”

Die Druckerei, in der der Kläger tätig ist, arbeitet in der 1. – 3. Gruppe. An den Tagen, für die er Zuschläge begehrt, gehörte er zur 3. Gruppe. Das bedeutet, dass seine Gruppe jeweils von Freitag 18:00 Uhr bis Sonntag, 24:00 Uhr arbeitsfrei hatte. Die in der Betriebsvereinbarung als Nachtschicht „Sonntag von 00:00 bis 06:00 Uhr” bezeichnete Schicht beginnt unstreitig am Montag um 0:00 Uhr.

Bis einschließlich August 2010 vergütete die Beklagte die am Montag von 0:00 Uhr bis 6:00 Uhr geleistete Arbeit mit dem tariflichen Sonntagszuschlag von 50 %. Seit September 2010 zahlt sie für diese Schicht nur noch die Nachtschichtzulage von 15 %.

Der Kläger macht die Sonntagszuschläge für 6 Schichten (abzüglich der gezahlten Nachtschichtzulage) geltend. Gemäß Zeiterfassungssystem stempelte er an den Sonntagen

19.09.2010 um 23:45 Uhr,

31.10.2010 um 23:49 Uhr,

21.11.2010 um 23:48 Uhr,

12.12.2010 um 23:47 Uhr,

02.01.2011 um 23:45 Uhr,

23.01.2011 um 23:44 Uhr

auf dem Werksgelände der Beklagten am Eingangstor ein.

Der Kläger machte seine Ansprüche auf Zahlung des Sonntagszuschlags gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 16.12.2010 geltend und reichte am 16.03.2011 Zahlungsklage ein. Er hat die...

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