Entscheidungsstichwort (Thema)

Versetzung. Rationalisierungsschutz. Deutsche Telekom

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach § 21 Abs. 1 PostPersRG gelten die in den früheren Unternehmen der Deutschen Bundespost im Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister geltenden Tarifverträge bis zum Abschluss neuer Tarifverträge weiter. Dieser Umstand ist bei der Auslegung arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen früherer Postarbeitnehmer zu beachten.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 611 Abs. 1; TVG § 1 Abs. 1; BetrVG § 95 Abs. 3; GewO § 106; PostPersRG § 21 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 24.09.2003; Aktenzeichen 4 Ca 120 b/03)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 15.09.2004; Aktenzeichen 4 AZN 281/04)

 

Tenor

1) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Lübeck vom 24.09.2003 – ÖD 4 Ca 120 b/03 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger (beide Instanzen).

4) Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten nach einem Vorprozess – BAG 4 AZR 462/99 – jetzt darüber,(1) ob der Kläger zu beschäftigen ist;(2) ob seine Versetzung zur Personalserviceagentur (PSA)/heute „Vivento” rechtswirksam ist;(3) ob die Beklagte berechtigt ist, den Kläger nach dem AÜG zur Leiharbeit einzusetzen und (4)ob die Beklagte ihn auch an einen anderen Arbeitgeber vermitteln darf.

Der Kläger wurde mit Wirkung ab 27.08.1980 als Arbeiter von der Deutschen Bundespost (DBP), der Rechtsvorgängerin der Beklagten, eingestellt und ist mit Wirkung ab 1.10.1990 in die Lohngruppe 9 der Anlage 2 zum Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb)eingruppiert. Sein Tätigkeitsbereich war Fernmeldehandwerker/Betriebstechniker. Im Arbeitsvertrag war u. a. vereinbart:

„Die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) und der sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost gelten in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart.” (Bl. 10 d. A.).

Bereits zum Zeitpunkt der Einstellung des Klägers existierte ein Rationalisierungsschutztarifvertrag (Nr. 306 für Arbeiter, Nr. 307 für Angestellte). Der Kläger ist seit dem 01.10.1996 nicht mehr Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft.

Nach Gründung der Beklagten am 01.01.1995 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte über. Vereinbarter Beschäftigungsbetrieb des Klägers war bis Januar 1998 die Technikniederlassung H. (TNL H.). Im Januar 1998 fiel der Arbeitsplatz des Klägers aus Gründen der Rationalisierung weg. Der Kläger wurde daraufhin mit Schreiben vom 13.01.1998 unter Hinweis auf die Anwendbarkeit des von der Beklagten abgeschlossenen Rationalisierungs-Tarifvertrages Nr. 33 vom 06.07.1997 (TV Nr. 33) in das Ressort „Projektmanagement und Service” (PMS) nach Zustimmung des Betriebsrates als Zwischenstation bis zur Übertragung eines neuen Dauerarbeitsplatzes versetzt. Der Tarifvertrag Nr. 33 bezweckt die sozialverträgliche Umsetzung von Rationalisierungsmaßnahmen. Das Ressort PMS diente der Weitervermittlung von Arbeitnehmern auf andere Arbeitsplätze.

Im Zusammenhang mit dieser Maßnahme führte der Kläger einen Rechtsstreit mit der Beklagten, in dem er sich gegen eine nach der Versetzung in die PMS seines Erachtens unterwertige Beschäftigung wandte und gleichzeitig die Klärung begehrte, welche Tarifverträge auf sein Arbeitsverhältnis anwendbar seien. Er vertrat dort u.a. die Auffassung, dass nach seinem Verbandsaustritt und dem Wortlaut seines Arbeitsvertrages nur der TV Arb und die Tarifverträge der DBP, nicht jedoch die der Beklagten anwendbar seien und er nicht vertragsgemäß beschäftigt werde. Das Arbeitsgericht Lübeck sowie das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein wiesen die damalige Klage als unbegründet ab. Das Bundesarbeitsgericht wies mit Urteil vom 23.01.2002 – 4 AZR 462/99 – die Revision des Klägers teilweise mangels hinreichender Bestimmtheit der Anträge als unzulässig, teilweise als unbegründet zurück. Hiergegen hat der Kläger Verfassungsbeschwerde eingelegt (1 BvR 1274/02), über die noch nicht entschieden ist. Gegen die Versetzung zur PMS an sich wandte sich der Kläger in jenem Rechtsstreit nicht.

Im Jahre 2002 bildete die Beklagte zur Optimierung der Vermittlung von Beschäftigten, die von Rationalisierung betroffen wurden, die Personalserviceagentur (PSA), die im Rahmen von Rationsalisierungsschutztarifverhandlungen zunächst noch mit dem Arbeitstitel „VQE” bezeichnet wurde und heute „Vivento” heißt. Mit Wirkung ab 01.08.2002 trat der den „Tarifvertrag Rationalisierung” (Nachfolgetarifvertrag des TV Nr. 33) ablösende „Tarifvertrag Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung (TV Ratio) in Kraft. § 5 TV Ratio regelt die Besetzung und den Aufgabenbereich der PSA (VQE) und enthält eine „Protokollnotiz zu § 5” mit folgendem Wortlaut:

„Die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens bei PMS ressortierten Beschäftigten sind ab 01.08.2002 Beschäftige...

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