Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgründung. Bindung des Betriebserwerbers an einen anderen Tarifvertrag. betriebsübliche Regelung
Leitsatz (amtlich)
Geht ein Betriebsteil durch Ausgründung auf einen neuen Betriebsinhaber über, der an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist, so finden dessen Regelungen auf die Mitarbeiter anstelle der bis zur Ausgründung geltenden Tarifvorschriften als betriebsübliche Regelungen Anwendung (gegen BAG, AP Nr. 108 zu / 613a § 6D).
(gegen BAG, AP Nr. 108 zu § 613 a BGB)
Normenkette
BGB § 613a Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Urteil vom 05.03.1997; Aktenzeichen 5 Ca 534/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 05.03.1997 geändert.
Die Klage sowie die Klagerweiterung werden abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.935,– DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob seit dem 01.01.1996 die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers entsprechend der tariflichen Regelung in § 3 Ziff. 1.1 des Manteltarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte für die Metallindustrie Hamburg und Umgebung sowie Schleswig-Holstein, Stand März 1997 (im folgenden: MTV Metallindustrie) 35 Stunden beträgt oder nach der tariflichen Regelung in § 4 Ziff. 1 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer des Verkehrsgewerbes in Schleswig-Holstein, gültig ab 01.01.1989 (im folgenden: MTV Verkehrsgewerbe) 38,5 Stunden. Für das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der D. AG waren bis zum 31.12.1995 die Tarifverträge für die Metallindustrie Schleswig-Holstein maßgebend. Seit der Ausgründung der Beklagten zum 01.01.1996 ist diese als Unternehmen des Lagerei-, Transport- und Verkehrsgewerbes Mitglied der Fachvereinigungen Güternahverkehr Schleswig-Holstein e. V. sowie Spedition und Lagerei Schleswig-Holstein e. V.; diese sind Tarifvertragspartei des MTV Verkehrsgewerbe, ebenso die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr.
Mit seiner am 16.02.1996 eingegangenen Klage hat der Kläger beantragt,
- festzustellen, daß aufgrund des zwischen den Parteien geltenden Arbeitsvertrages seine wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen 35 Stunden beträgt,
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die vom Kläger ab 1. Januar 1996 gem. Ziff. 1.1 der Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1995 geleisteten zusätzlichen 0,7 Stunden täglich/3,5 Stunden wöchentlich mit einem Mehrarbeitszuschlag von 20 % zu vergüten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 05.03.1997 nebst dessen Verweisungen Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungs- und Zahlungsbegehren des Klägers vollen Umfangs mit der Begründung entsprochen, daß gem. § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB die Normen des Tarifvertrages der Metallindustrie Schleswig-Holstein Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden seien. Entgegen der Auffassung der Beklagten reiche deren einseitige Bindung an den Manteltarifvertrag des Verkehrsgewerbes in Schleswig-Holstein nicht aus. Vielmehr sei Voraussetzung für die Anwendung des § 613 a Abs. 1 S. 3 BGB die beiderseitige Tarifbindung, d. h. auch die Tarifbindung des Arbeitnehmers an den Tarifvertrag des Verkehrsgewerbes. Aus dem Grundsatz der Tarifeinheit ergebe sich nichts anderes.
Gegen dieses ihr am 06.08.1997 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.08. Berufung eingelegt und diese, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.11. verlängert worden war, am 31.10.1997 begründet.
Die Beklagte trägt vor:
Nach dem Grundsatz der Tarifeinheit gälten in ihrem Betrieb seit dem 01.01.1996 die Tarifverträge für das Verkehrsgewerbe in Schleswig-Holstein. Zwar bestimme für den Fall des Betriebsüberganges § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB, daß die bisherigen normativ geltenden Bestimmungen einzelvertraglich weitergälten. In § 613 a Abs. 1 S. 3 BGB sei jedoch vorgesehen, daß die Weitergeltung der ehemals normativ geltenden tariflichen Regelung entfalle, wenn ein anderer Tarifvertrag aufgrund Verbandszugehörigkeit des Betriebsübernehmers im Betrieb Anwendung finde; denn in diesem Fall gelte eine andere kollektivvertragliche Regelung.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Berufungsklägerin zurückzuweisen
und zusätzlich
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 15.900,35 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf 6.264,20 DM ab 01.05.1997 bis zur Zustellung dieses Schriftsatzes und auf 15.900,35 DM seit Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen;
- festzustellen, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, die an den Kläger aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 18.12.1995 gezahlten 5.000,– DM zurückzuverlangen.
Er trägt vor:
In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BAG und der herrschenden Meinung in der Literatur habe das Arbeitsgericht im angefochtenen Urteil festgestellt, daß die b...