Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvertrag. Tarifbesonderheit. Inbezugsnahmeklausel. Betriebsausgründung
Leitsatz (amtlich)
Eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel, die einen konkret benannten Tarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung in Bezug nimmt, muß bei Verbandswechsel des Arbeitgebers in der Regel dahin korrigierend ausgelegt werden, daß die Verweisung auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag erfolgt – BAG, NZA 97, 271 –.
Normenkette
TVG § 3 Abs. 1; BGB § 613a Abs. 1; BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Urteil vom 27.08.1997; Aktenzeichen 4 Ca 893/97) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 27.08.1997 wird zurückgewiesen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 28.856,67 DM.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis ab dem 01.01.1996 den Tarifverträgen der Metallindustrie unterfällt oder denen des Verkehrsgewerbes.
Wegen des Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 27.08.1997 nebst dessen Verweisungen Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat das Zahlungs- und Feststellungsbegehren des Klägers mit der Begründung abgewiesen, daß auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht die Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein Anwendung fänden, so daß der Kläger weder Anspruch auf eine 35-Stunden-Woche noch auf eine Mehrarbeitsvergütung bei Arbeit von mehr als 35 Stunden habe. Für den Betrieb der Beklagten gälten nach seiner Ausgliederung hinsichtlich des fachlichen Geltungsbereichs die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer des Verkehrsgewerbes; für den Kläger bedeute dies gem. § 613 a Abs. 1 S. 3 BGB, daß die übliche Arbeitszeit im Verkehrsgewerbe mit 38,5 Stunden als vereinbart gelte.
Gegen dieses ihm am 24.10. zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.11. Berufung eingelegt und diese, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 18.12.1997 verlängert worden war, an diesem Tag begründet.
Der Kläger trägt vor:
Der Inhalt der Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein sei gem. § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB Bestandteil des Arbeitsvertrages der Parteien. Diese Rechtsfolge ergebe sich auch aus § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Ziff. 9 des Arbeitsvertrages des Klägers vom 20.04.1981. Dort sei auf die jeweils gültigen Metalltarifverträge verwiesen und diese insoweit arbeitsvertraglich in Bezug genommen. Diese Regelung gelte fort. Ihre Geschäftsgrundlage sei nicht dadurch entfallen, daß die Beklagte nach ihrer Auffassung nunmehr dem fachlichen Geltungsbereich des Verkehrsgewerbes Schleswig-Holstein unterfalle; denn sie arbeite weiterhin für den D. K. und unterliege den Weisungen der AG aufgrund des abgeschlossenen Beherrschungsvertrages. Das Bestreben der Beklagten, durch Verbandswechsel Personalkosten zu senken, führe nicht dazu, daß im Hinblick auf Ziff. 9 des Arbeitsvertrages des Klägers die Geschäftsgrundlage entfallen sei; denn die „Ausgründung” einzelner Unternehmen dürfe nicht zu einer Schmälerung des Anwendungsbereichs des Tarifvertrages fuhren, sofern auch das neu geschaffene Unternehmen in vollem Umfang den Weisungen des bisherigen Arbeitgebers unterliege.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck aufzuheben und
- festzustellen, daß aufgrund des zwischen den Parteien geltenden Arbeitsvertrages die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers ohne Pausen 35 Stunden beträgt;
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.856,67 DM brutto abzgl. bereits gezahlter 5.000,– DM brutto nebst 4 % Zinsen auf 2.715,67 DM bis zur Zustellung dieses Schriftsatzes und auf 7.856,67 DM seit Zustellung dieses Schriftsatzes;
- festzustellen, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, die an den Kläger aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 18.12.1995 gezahlten 5.000,– DM zurückzuverlangen;
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Mehrarbeitsvergütung zu zahlen, soweit sie über den 31.12.1997 hinaus vom Kläger verlangt, 38,5 Stunden wöchentlich zu arbeiten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
die Klageerweiterung abzuweisen.
Sie trägt vor:
Die einzelvertragliche Inbezugnahmeklausel ergebe, daß auf das Arbeitsverhältnis der Parteien seit dem 01.01.1996 die Verkehrstarifverträge Anwendung fänden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszuge wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitend gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
Ergänzend wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist der Beschwer nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache konnte sie keinen Erfolg haben.
Mit dem angefochtenen Urteil ist die Berufungskammer der Auffassung, daß auf das Arbeitsverhältnis der Parteien seit dem 01.01.1996 nicht die Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein Anwendung finden, ...