Entscheidungsstichwort (Thema)
Verschuldete Säumnis bei fehlendem Terminsvermerk in Anwaltsbüro
Leitsatz (redaktionell)
Es gereicht dem Prozessbevollmächtigten einer Partei zum gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden an der Versäumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung, wenn dieser im Anwaltsbüro offensichtlich nicht notiert worden ist, ohne dass dargelegt wird, dass ursächlich hierfür nicht ein Mangel der Büroorganisation sondern ein individuelles Verschulden einer Büroangestellten ist.
Normenkette
BGB § 276 Abs. 2; ZPO § 514 Abs. 2, § 85 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 18.01.2012; Aktenzeichen 1 Ca 1185 d/10) |
Tenor
1.
Die Berufung Klägerin gegen das zweite Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 18.01.2012, Az. 1 Ca 1185 d/10, wird zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über rückständige Lohnansprüche sowie Urlaubsabgeltung aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.
Die Klägerin war bei der Beklagten vom 08.12.2009 bis zum 31.07.2010 als Verkäuferin beschäftigt. Soweit hier von Belang enthält der "Vertrag über eine geringfügige Beschäftigung" vom 28.12.2009 folgende Regelungen (Bl. 119 f. d.A.):
"§ 4 Arbeitszeit
1) Die Arbeitszeit ist unregelmäßig und kann je nach Arbeitsanfall bis zu 57 Stunden monatlich betragen.
...
§ 5 Vergütung
1) Die Arbeitnehmerin erhält eine Vergütung von EUR 7,00/Std. netto (brutto Euro 9,10; der Arbeitgeber übernimmt 30% Sozialabgaben). ..."
Während der Vertragslaufzeit erhielt die Klägerin von Januar 2010 bis Juni 2010 jeweils eine monatliche Vergütung von EUR 399,00 netto und für den Monat Dezember 2009 EUR 320,00 netto und für den Monat Juli 2010 EUR 357,00 netto, insgesamt mithin EUR 3.071,00 netto.
Mit ihrer am 30.09.2010 vor dem Arbeitsgericht erhobenen Klage hat die Klägerin restliche Vergütung sowie Urlaubsabgeltung geltend gemacht.
Die Klägerin hat behauptet,
sie habe in erheblichem Umfang Überstunden geleistet. Im Dezember 2009 habe sie 60 Stunden, im Januar 2010 75 Stunden sowie von Februar bis einschließlich Juli 2010 jeweils 80 Stunden gearbeitet. Bei einem vereinbarten Stundenlohn von EUR 9,10 brutto stehe ihr eine Gesamtvergütung von EUR 5.596,50 brutto zu, sodass ihr die Beklagte unter Abzug der bereits gezahlten EUR 3.071,00 netto noch restliches Gehalt in Höhe von EUR 2.525,50 brutto schulde. Des Weiteren habe sie Anspruch auf Urlaubsabgeltung für insgesamt 16 Tage in Höhe von EUR 868,00 brutto. Ferner schulde die Beklagte ihr Schmerzensgeld in Höhe von EUR 4.000,00 netto. Die Beklagte habe ihr beim Einstellungsgespräch für den Fall der Bewährung eine Vollzeitbeschäftigung in Aussicht gestellt. Die Beklagte habe sie gezwungen, Überstunden zu leisten, anderenfalls sie nicht übernommen werde. Sie sei auch ihrer spanischen Herkunft wegen benachteiligt worden. Zudem habe man von ihr verlangt, die von ihr verkauften Waren anderen Kolleginnen zuzuschreiben, damit diese daraus Vorteile hätten ziehen können.
Die Klägerin hat in der Klagschrift folgenden Antrag angekündigt,
den Beklagten zu verpflichten, ihr EUR 3.393,50 brutto und EUR 4.000,00 netto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2010 zu zahlen.
Im Gütetermin am 29.10.2010 hat das Arbeitsgericht der Klägerin einen rechtlichen Hinweis zur Unschlüssigkeit ihrer Klage und weitergehende Auflagen erteilt. Trotz mehrfach beantragter Fristverlängerungen hat die Klägerin ihre Klage nicht weitergehend begründet. Aufgrund der Säumnis der Klägerin hat das Arbeitsgericht im Kammertermin am 26.01.2011, zu dem die Klägerin ordnungsgemäß geladen war, auf Antrag der Beklagten die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen.
Gegen das ihr am 10.02.2011 zugestellte Versäumnisurteil hat die Klägerin am 21.02.2011 Einspruch eingelegt. Eine Begründung des Einspruchs hat sie nicht abgegeben.
In der mündlichen Verhandlung über den Einspruch am 18.01.2012, zu dem die Klägerin ordnungsgemäß geladen war, hat das Arbeitsgericht auf Antrag der Beklagten durch Zweites Versäumnisurteil den Einspruch der wiederum säumigen Klägerin verworfen.
Gegen dieses ihr am 25.01.2012 zugestellte Zweite Versäumnisurteil hat die Klägerin am 24.02.2012 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 25.04.2012 am 25.04.2012 begründet.
Die Klägerin meint,
ihre Säumnis im Einspruchstermin sei unverschuldet. Die seit 1999 bei ihrem Prozessbevollmächtigten beschäftigte Mitarbeiterin, Frau D. Y., sei alleine für die Fristenkontrolle und Termineintragungen zuständig. Aus unerklärlichen Gründen habe diese im Terminkalender als Gerichtstermin den 13.02.2010 und als Wiedervorlagetermin den 18.01.2012 eingetragen, obwohl in der Handakte als Frist für den Gerichtstermin 18.01.2012 und zur Wiedervorlage der 13.01.2012 vermerkt gewesen sei. Ihr Prozessbevollmächtigter habe erst bei der Wiedervorlage am 18.01.2012 nachmittags bemerkt, dass der Einspruchstermin ber...