Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausbildungsverhältnis. Nachwuchskräfte. Überleitung. Vergütungszusage. Besitzstandswahrung. Gleichbehandlung. Vertrauensschutz. Absenkung der Anfangsvergütung für Berufsberater

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aus der engen Verknüpfung zwischen Ausbildungsvertrag und Anschlussarbeitsverhältnis ergibt sich kein vom Zweck der §§ 5 Abs. 2 Satz 2, 7 TVÜ-BA erfasster zu schützender Besitzstand.

2. Die durch den Ausbildungsvertrag eingegangene vorvertragliche Bindung der Bundesagentur für Arbeit zur Herbeiführung eines Anstellungsvertrages bewirkt weder einen unmittelbaren Zahlungsanspruch, gerichtet auf eine bestimmte künftige Vergütung im Anstellungsvertrag, noch führt allein sie zu einem irgendwie gearteten, bei Überleitung in ein neues Tarifwerk zu sichernden Besitzstand.

 

Normenkette

TV-BA §§ 5, 18 Abs. 2; Tarifvertrag zur Überleitung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TVÜ-BA) §§ 1, 5, 7, 15; Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Nachwuchskräfte der Bundesagentur für Arbeit (TVN-BA) § 1; TV- Beratungsanwärter § 17

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 28.08.2007; Aktenzeichen 3 Ca 1283/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.08.2009; Aktenzeichen 6 AZR 301/08)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 28.08.2007 – 3 Ca 1283/07 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte eine Vergütung gemäß Vergütungsgruppe IV a der Anlage 1 der Vergütungsordnung zum MTA (Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit) zugesagt hat und welche Rechtsfolgen dieses nach Schaffung eines neuen Tarifwerks der Bundesagentur für Arbeit ab 01.01.2006 auf die Vergütungsansprüche der Klägerin hat.

Die Beklagte suchte mit Stellenanzeige vom 28.12.2002 (Anlage K 3 – Bl. 19 d. A.) zum 01.09.2003 Beratungsanwärterinnen/Beratungsanwärter für die 3-jährige Ausbildung zur Arbeits- oder Berufsberatung in Arbeitsämtern bei gleichzeitigem Angebot einer Beschäftigung als Arbeits- oder Berufsberaterin im Anschluss an die Ausbildung. Die künftige Vergütung ist nicht erwähnt.

Die am …1964 geborene, nicht tarifgebundene Klägerin bewarb sich auf Grund dieser Anzeige und schloss am 05.05.2003 einen entsprechenden Ausbildungsvertrag mit Wirkung ab 01.09.2003 ab (Anlage K 1 – Bl. 9 d. A.). § 2 dieses Ausbildungsvertrages lautet wie folgt:

„Für das Ausbildungsverhältnis gelten

  1. der Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Beratungsanwärter in der am 31. März 1984 geltenden Fassung mit den Maßgaben des RdErl. 39/84 – 2200.2/2203/2624 – in der jeweils geltenden Fassung sowie
  2. die „Ausbildungs-, Studien- und Prüfungsordnung …”

Der seinerzeit schon gekündigte, aber noch Kraft Nachwirkung geltende TV-Beratungsanwärter enthielt in § 17 Abs. 1 folgende Reglung:

„§ 17 Beendigung des Ausbildungsverhältnisses

(1) Das Ausbildungsverhältnis endet mit Ablauf der Ausbildungszeit, jedoch nicht vor der Entscheidung des BA über den Ansatz. Ist bei Ablauf der Ausbildungszeit die Entscheidung über den Ansatz noch nicht getroffen, so erhält der Beratungsanwärter vom Beginn des Kalendermonats nach Ablauf der Ausbildungszeit die Vergütung eines Angestellten der Vergütungsgruppe IV a.”

(Anlage K 2 – Bl 17 d. A.)

Der TV-Beratungsanwärter lehnte sich in wesentlichen Punkten an den MTA an. Die Anwärtervergütung gemäß § 8 TV-Beratungsanwärter belief sich beispielsweise auf bestimmte Prozentsätze der u.a. am Lebensalter orientierten Vergütung eines Angestellten der Vergütungsgruppe IV a MTA (Bl. 13 d. A.).

Die im Hause der Beklagten auf die Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse Anwendung findenden Tarifverträge wurden, soweit nicht bereits vorher geschehen, gekündigt. Noch während des Bestehens des Ausbildungsverhältnisses der Klägerin fanden langwierige Tarifverhandlungen zur Herbeiführung vollständig neu gestalteter Tarifverträge und Vergütungsstrukturen statt. Am 28.03.2006 kam es zum Abschluss des den MTA ablösenden neuen Tarifvertrages für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA). Er trat mit Wirkung ab 01.01.2006 in Kraft. Mit ihm wurde ein neues Vergütungssystem geschaffen. Der alte MTA sah eine Gehaltssteigerung nach Lebensjahren vor. Der neue TV-BA sieht eine Gehaltsstruktur auf Basis eines Festgehaltes vor, das sich aus Tätigkeitsebene und Entwicklungsstufen innerhalb der jeweiligen Tätigkeitsebene zusammensetzt (§ 5 TV-BA). Die alten Lebensaltersstufen (Kombination von Alter und Betriebszugehörigkeit) wurden aufgegeben. Weiter wurde festgelegt, dass bei Übernahme von Beratungsanwärtern/-innen in ein Arbeitsverhältnis nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung diese gemäß § 18 Abs. 2 S. 2 TV-BA der Entwicklungsstufe 2 der Tätigkeitsebene zugeordnet werden.

Die Tarifvertragsparteien vereinbarten parallel zum Abschluss des TV-BA einen Tarifvertrag zur Überleitung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TVÜ-BA), ...

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