Entscheidungsstichwort (Thema)
Merkmale einer betrieblichen Übung im Arbeitsrecht. Entsprechende Anwendung des § 670 BGB im Arbeitsverhältnis
Leitsatz (redaktionell)
1. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergütung auf Dauer eingeräumt werden. Entscheidend ist, wie der Arbeitnehmer die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben verstehen musste und durfte.
2. § 670 BGB enthält den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet ist, wenn der Beauftragte zum Zweck der Ausführung eines Auftrags Aufwendungen tätigt, die er nach den Umständen für erforderlich halten darf. Macht etwa der Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers Aufwendungen, die nicht durch die Vergütung abgegolten sind, ist der Arbeitgeber deshalb zum Ersatz dieser Aufwendungen verpflichtet.
Normenkette
TVöD-VKA § 23 Abs. 3.1; BGB §§ 151, 242, 670, 675; BRKG § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 2, § 10; LBG SH § 84
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 29.09.2016; Aktenzeichen 2 Ca 1544 b/16) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 29.09.2016 - 2 Ca 1544 b/16 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung von Stellplatzkosten sowie um die Feststellung, ob derartige Kosten künftig zu erstatten sind.
Die Klägerin arbeitet seit Juni 1985 bei der Beklagten als Sozialpädagogin in der Betreuungsbehörde des Bereichs Soziale Sicherung. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVöD-VKA kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung.
Die Klägerin setzt seit Jahren ihren Privatwagen auch für dienstliche Zwecke ein. Sie fährt damit zu Außenterminen. Der Fachbereichsdienst hat ein erhebliches dienstliches Interesse an der Benutzung des Privatwagens auf Dienstreisen gemäß § 5 Abs. 2 Bundesreisekostengesetz (BRKG) für Dienstreisen im Stadtgebiet anerkannt (Schreiben vom 21.08.2012; Anlage K 1 = Bl. 4 d. A.). Seit Jahrzehnten parkte die Klägerin ihren Wagen gebührenfrei auf dem Parkdeck des Verwaltungszentrums am M.. Dort standen dem Bereich Soziale Sicherung Parkplätze zur Verfügung. Eine Parkplatzgarantie bestand für die Klägerin nicht.
Der Bürgermeister der Beklagten informierte mit Rundschreiben vom 10.02.2015 über die Einführung eines neuen Parkkonzepts für die städtischen Parkplätze. Danach sind Parkplätze nur für Dienstfahrzeuge vorgesehen. Die verbleibenden städtischen Parkplätze sollen für die Mitarbeiter grundsätzlich kostenpflichtig sein und durch die K. GmbH bewirtschaftet werden. Nur mit Genehmigung der Fachbereichsleitung soll die Parkplatzmiete erstattungsfähig sein. Wegen des weiteren Inhalts des Konzepts wird auf die Anlage K 2 (Bl. 5 ff. d. A.) Bezug genommen.
Noch am selben Tag beantragte der Bereich Soziale Sicherung für die Klägerin die Erstattung von Stellplatzkosten. Während die Bereichsleitung das besondere dienstliche Interesse am 16.02.2016 bestätigte, lehnte die Fachbereichsleitung die Erstattung am 23.03.2016 ab (Anlage K 3 = Bl. 8 d. A.). Die Klägerin mietete zum 01.05.2016 bei der K. einen Parkplatz für 36,00 EUR im Monat (Anlage K 5 = Bl. 12 ff. d. A.).
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie könne Erstattung der Parkplatzkosten für die Monate Mai bis September 2016 sowie darüber hinaus verlangen. Der Anspruch ergebe sich aus betrieblicher Übung, dem Parkkonzept, das eine Allgemeine Geschäftsbedingung darstelle und eine Ausnahmeregelung vorsehe, und aus einer analogen Anwendung der §§ 670 , 675 BGB . Wegen der Eigenart ihrer Außendiensttätigkeit sei sie ganztags auf die Nutzung ihres Privatwagens und einen Parkplatz angewiesen. Außentermine würden von der Arbeitsstelle aus wahrgenommen. Die Wegstreckenentschädigung von 0,30 EUR pro Kilometer enthalte keinen Ausgleich für Parkplatzkosten. Bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel würde die Klägerin ihre Arbeit weniger effektiv erledigen.
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an sie 180,00 EUR zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, zukünftig die Stellplatzkosten für einen Pkw-Abstellplatz auf dem Grundstück Parkdeck Verwaltungszentrum M., K. Allee 2 -6, L., monatlich gemäß den aktuell gültigen Vertragssätzen zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für den angemieteten Parkplatz bestehe nicht. Es fehle an einer Anspruchsgrundlage. Die Möglichkeit, den auch zu dienstlichen Zwecken genutzten Privatwagen auf dem städtischen Parkplatz im Verwaltungszentrum M. abzustellen, habe die Beklagte der Klägerin nicht persönlich eingeräumt. Vielmehr hätten die Parkplätze dem Bereich "Soziale Sicherung" für dienstliche Zwecke zur Verfügung gestanden. In diesem Rahmen habe die Klägerin den Parkplatz nutzen dürfen, offiziell aber nicht für rein private Zwecke. Das Parkkonzept richte sich nicht an die Bes...