Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Zuordnung eines Arbeitnehmers durch Interessenausgleich mit Namensliste im Rahmen einer Unternehmensspaltung nach dem Umwandlungsgesetz. Unbegründeter Beschäftigungs- und Feststellungsantrag bei unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zur groben Fehlerhaftigkeit der Zuordnungsentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gemäß § 324 UmwG hat die Vorschrift des § 613a BGB Vorrang vor einer Zuordnungsentscheidung der Betriebsparteien in einem Interessenausgleich mit Namensliste gemäß § 323 Abs. 2 UmwG. Dies gilt indessen nur dann, wenn mit der Unternehmensaufspaltung auch tatsächlich ein Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Rechtsträger übergeht, da es sich bei § 324 UmwG um eine Rechtsgrundverweisung handelt.

2. Wird zur Vorbereitung einer Unternehmensspaltung der bisherige Betrieb zerschlagen und gehen insoweit auch keine Betriebsteile auf die neu gebildeten Betriebe über, kann die Zuordnungsentscheidung im Interessenausgleich mit Namensliste, die der vorangegangenen Betriebsspaltung entspricht, gemäß § 323 Abs. 2 UmwG frei von § 613a BGB erfolgen.

 

Normenkette

UmwG §§ 323-324; BGB § 613a; KSchG § 1; UmwG § 323 Abs. 2; BGB § 613a Abs. 1 S. 1; BetrVG § 111; KSchG § 1 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

ArbG Neumünster (Entscheidung vom 06.11.2014; Aktenzeichen 4 Ca 810 b/14)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 6. November 2014, Az. 4 Ca 810 b/14, wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien führen eine Bestandsstreitigkeit und streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers nach Betriebsaufspaltung sowie einer zwischenzeitlich vollzogenen Unternehmensaufspaltung auf die Beklagte übergegangen ist.

Der 51-jährige Kläger war bei L. R. Services GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig: LRS), die zwischenzeitlich durch gesellschaftsrechtliche Aufspaltung erloschen ist, seit dem 01.09.2000 als Teamkoordinator in deren N.er Betrieb beschäftigt. Neben dem N.er Betrieb mit rund 300 Mitarbeitern unterhielt die LRS noch einen weiteren Betrieb in B.. Die LRS war ein reines Dienstleistungsunternehmen und eine Tochtergesellschaft des L.konzerns. Die Konzernmutter war die Hauptauftraggeberin der LRS, welche Produkte und Lösungen im Bereich R. Accounting anbot. Der Betrieb der LRS war auf Verfahren und Prozesse zur systematischen Analyse von Daten in elektronischer Form im Bereich der Abrechnungen im Luftverkehr spezialisiert.

Um die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns gewährleisten zu können, beschloss der Vorstand der Muttergesellschaft im Rahmen eines konzernweiten Programms zur Restrukturierung und Kostensenkung nach einer Begutachtung der LRS, die bisherigen von der LRS durchgeführten Aufträge künftig an Dritte, d. h. teils an konzernangehörige, aber auch konzernfremde Gesellschaften im Ausland und teils an eine konzernangehörige Gesellschaft im Inland zu vergeben.

Aufgrund des zukünftigen Auftragsverlustes beschloss die Gesellschafterversammlung der LRS, das Unternehmen LRS aufzuspalten. Parallel hierzu beschloss die Geschäftsführung der LRS, ihren Betrieb in N. entsprechend diesem Spaltungsplan aufzuspalten. Zu diesem Zweck verteilte die LRS alle anfallenden Aufgaben und Prozesse auf zwei Betriebe, die "LBGS" mit Standort H. und die "LRS neu" mit Standort N. mit der Zielsetzung, dass diese neu geschaffenen Betriebe hernach auf die neu zu gründenden Gesellschaften L. G. B. Service GmbH, d. h. die Beklagte, und die L. J. Service GmbH (= LJS) aufgespalten werden sollten. Im Rahmen der Betriebsspaltung übertrug die LRS diejenigen Aufgaben, die weiterhin in Deutschland ausgeführt werden sollten, nebst entsprechenden Arbeitsplätzen und Arbeitnehmern auf die "LGBS H.", d. h. die zukünftige Beklagte, und solche, die mittelfristig ins Ausland verlagert werden sollten und damit in Deutschland wegfallen würden, auf die "LRS neu", d. h. die künftige LJS.

Im Hinblick auf die mit der Spaltung des N.er Betriebs verbundene Betriebsänderung schloss die LRS mit dem Betriebsrat zunächst am 08.10.2013 (Bl. 10 ff. d. A.) und am 06.03.2014 einen neuen aktuellen Interessenausgleich mit Namensliste (Bl. 43 ff. d. A.) sowie am 18.07.2014 im Hinblick auf Mitarbeiterfluktuationen eine Ergänzungsvereinbarung mit aktualisierter Namensliste (Bl. 58 ff. d. A.). Die Mitarbeiter in den Namenslisten sind nach Aufgaben und Prozessen erfasst. Die zuletzt gültige Namensliste Anlage 3 (Bl. 60-62 d. A.) erfasst die Mitarbeiter, die nach der Spaltung der "LGBS H." zugeordnet sind, die Namensliste Anlage 4 (Bl. 64-69 d. A.) erfasst die Mitarbeiter, die nach der Spaltung der "LRS neu" zugeordnet sind. Der Interessenausgleich vom 06.03.2014 hat - soweit hier von Belang - folgende Regelungen:

"B. Gegenstand der Betriebsänderung

(1) Im Zuge der Aufspaltung des Unternehmens LRS wird auch der Betrieb N. gespalten und die dort beschäftigten Mitarbeiter auf die "LRS neu" und auf die "LGBS H." aufget...

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