Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuordnung des Arbeitsplatzes durch Interessenausgleich mit der Namensliste bei Betriebsspaltung zur Vorbereitung einer nachfolgenden Unternehmensaufspaltung. Unbegründete Kündigungsschutzklage bei unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zur formellen Unwirksamkeit des Interessenausgleichs sowie zur groben Fehlerhaftigkeit der Zuordnungsentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gemäß § 324 UmwG hat die Vorschrift des § 613a BGB Vorrang vor einer Zuordnungsentscheidung der Betriebsparteien in einem Interessenausgleich mit Namensliste gemäß § 323 Abs. 2 UmwG. Dies gilt indessen nur dann, wenn mit der Unternehmensaufspaltung auch tatsächlich ein Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Rechtsträger übergeht, da es sich bei § 324 UmwG um eine Rechtsgrundverweisung handelt.

2. Wird zur Vorbereitung einer Unternehmensspaltung der bisherige Betrieb zerschlagen und gehen insoweit auch keine Betriebsteile auf die neu gebildeten Betriebe über, kann die Zuordnungsentscheidung im Interessenausgleich mit Namensliste, die der vorangegangenen Betriebsspaltung entspricht, gemäß § 323 Abs. 2 UmwG frei von § 613a BGB erfolgen.

 

Normenkette

UmwG §§ 323-324; BGB § 613a; KSchG § 1; BetrVG §§ 50, 58 Abs. 1 S. 1, § 111 S. 3 Nr. 3; KSchG § 1 Abs. 5; BGB § 613a Abs. 1; UmwG § 123 Abs. 1, § 323 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Neumünster (Entscheidung vom 12.08.2015; Aktenzeichen 3 Ca 341 d/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 07.06.2018; Aktenzeichen 8 AZR 573/16)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 12.08.2015, Az. 3 Ca 341 d/15, wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien führen in der Berufungsinstanz eine Bestandsstreitigkeit und streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers nach Betriebsaufspaltung sowie einer zwischenzeitlich vollzogenen Unternehmensaufspaltung auf die Beklagte (erstinstanzlich Beklagte zu 1.) übergegangen ist.

Der 52-jährige Kläger war bei L. R. Services GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig: LRS), die zwischenzeitlich durch gesellschaftsrechtliche Aufspaltung erloschen ist, seit dem 29.05.1987 zuletzt als Sachbearbeiter Prorate in deren N.er Betrieb beschäftigt. Neben dem N.er Betrieb mit rund 300 Mitarbeitern unterhielt die LRS noch einen weiteren Betrieb in B.. Die LRS war ein reines Dienstleistungsunternehmen und eine Tochtergesellschaft des L.konzerns. Die Konzernmutter war die Hauptauftraggeberin der LRS, welche Produkte und Lösungen im Bereich Revenue Accounting anbot. Der Betrieb der LRS war auf Verfahren und Prozesse zur systematischen Analyse von Daten in elektronischer Form im Bereich der Abrechnungen im Luftverkehr spezialisiert. Sie entwickelte Software zur Aufbereitung und Berichterstattung der gesamten Erlös- und Leistungsdaten aus dem Passagiergeschäft des L.konzerns. Die gewonnenen Fluginformationen werden zur Verrechnung mit anderen Fluggesellschaften analysiert und den Buchhaltungs- und Management-Informationssystemen termingerecht zur Verfügung gestellt.

Um die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns gewährleisten zu können, beschloss der Vorstand der Muttergesellschaft im Rahmen eines konzernweiten Programms zur Restrukturierung und Kostensenkung nach einer Begutachtung der LRS, die bisherigen von der LRS durchgeführten Aufträge künftig an Dritte, d. h. teils an konzernangehörige, aber auch konzernfremde Gesellschaften im Ausland und teils an eine konzernangehörige Gesellschaft im Inland zu vergeben.

Aufgrund des zukünftigen Auftragsverlustes beschloss die Gesellschafterversammlung der LRS, das Unternehmen LRS aufzuspalten. Parallel hierzu beschloss die Geschäftsführung der LRS, ihren Betrieb in N. entsprechend diesem Spaltungsplan aufzuspalten. Zu diesem Zweck verteilte die LRS alle anfallenden Aufgaben und Prozesse des einheitlichen N.er Betriebs auf zwei Betriebe, die "LGBS" mit Standort H. und die "LRS neu" mit Standort N. mit der Zielsetzung, dass diese neu geschaffenen Betriebe hernach auf die neu zu gründenden Gesellschaften L. G. B. Service GmbH (Beklagte) und die L. J. Service GmbH (LJS, erstinstanzlich Beklagte zu 2.) aufgespalten werden sollten. Im Rahmen der Betriebsspaltung übertrug die LRS diejenigen Aufgaben, die weiterhin in Deutschland ausgeführt werden sollten, nebst entsprechenden Arbeitsplätzen und Arbeitnehmern auf den Betrieb "LGBS H." und solche, die mittelfristig ins Ausland verlagert werden sollten und damit in Deutschland wegfallen würden, auf den Betrieb "LRS neu".

Im Hinblick auf die mit der Spaltung des N.er Betriebs verbundene Betriebsänderung schloss die LRS mit ihrem Betriebsrat zunächst am 08.10.2013 (Bl. 10 ff. d. A.) und am 06.03.2014 einen neuen aktuellen Interessenausgleich mit Namensliste sowie am 18.07.2014 (Bl. 185 ff. d. A.) im Hinblick auf Mitarbeiterfluktuationen eine Ergänzungsvereinbarung mit aktualisierter Namensliste (Bl. 200 ff. d. A.). Die Mitarbeiter in den Namenslisten sind nach Auf...

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