Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug. Leistungsvermögen. Darlegungslast. betriebliches Eingliederungsmanagement. Attest. Indizien
Leitsatz (amtlich)
1. Bringt der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer zum Ausdruck, er stimme der Wiederaufnahme der Tätigkeit erst nach Vorlage eines die Arbeitsfähigkeit bejahenden Attestes zu, so bedarf es für den Annahmeverzug keines tatsächlichen oder wörtlichen Angebots.
2. Für das Leistungsvermögen ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweisbelastet. Er kann sich auf Indizien beziehen, die der Arbeitnehmer ggf. entkräften muss.
Normenkette
BGB §§ 615, 297, 296; SGB IX § 84
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Urteil vom 19.04.2007; Aktenzeichen 2 Ca 1951 a/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster – 2 Ca 1951 a/06 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz nur noch über Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug.
Der 1962 geborene Kläger trat am 1. Juni 1989 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein und ist seit dem Jahre 2000 bei der Beklagten als Service-Techniker im Außendienst beschäftigt. Die Beklagte vertreibt unter anderem Etikettier- bzw. Etikettendruckmaschinen. Aufgabe des Klägers ist es, die technische Unterstützung für die Kunden der Beklagten im Raum D. sicher zu stellen. Hierzu hat sie ihm einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt und ein Home-Office eingerichtet. Die Tätigkeit des Klägers vollzieht sich nahezu ausschließlich im Außendienst (95 Prozent). Im Home-Office werden nur Meldeverkehr und Rufbereitschaft für den Außendiensteinsatz vorgenommen. Pro Jahr legt er mit dem Dienstwagen 45000 – 50000 km zurück. Neben regelmäßigen Wartungsarbeiten hat der Kläger vor allem in Notfällen unter hohem Zeitdruck Reparaturen an den entsprechenden Maschinen bei den Kunden der Beklagten durchzuführen. Aufgrund der Ausmaße und Komplexität der Maschinen sind diese Reparaturen oftmals nur über Leitern und Gerüste durchführbar. Die Eilbedürftigkeit ist in der Regel deshalb gegeben, weil die Maschinen regelmäßig eine zentrale Stellung in den Produktionsabläufen der Kunden der Beklagten einnehmen und aus diesem Grunde ständig betriebsbereit sein müssen. Die Tätigkeit des Klägers beinhaltet oftmals Über-Kopf-Arbeiten und den Transport von leichten und schweren Maschinen und Teilen zur Installation.
Im Jahre 2006 war der Kläger in der Zeit vom 28. März bis 21. April und vom 29. August bis 29. November 2006 arbeitsunfähig krankgeschrieben.
Die Beklagte drängte den Kläger zu einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung, die am 15. September 2006 bei der BAD Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH in D. stattfand. Ausweislich der ärztlichen Bescheinigung vom 25. September 2006 (Bl. 16 d.A.) ergab die Untersuchung bezogen auf Arbeiten mit Absturzgefahr und bezogen auf Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeit befristete gesundheitliche Bedenken und den Hinweis der nächsten Untersuchung im September 2007. In der Zeit vom 2. November bis 29. November 2006 nahm der Kläger beim ambulanten interdisziplinären Rehabilitationszentrum in D. an einer Rehabilitations-Maßnahme teil.
Unter dem 17. November 2006 teilte Dr. M. von der BAD Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH in Hamburg der Beklagten mit, befristete gesundheitliche Bedenken bedeute, dass die Beklagte den Kläger bis zum September 2007 zunächst nicht mit den angegebenen Tätigkeiten beauftragen dürfe.
Mit Schreiben vom 28. November 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers aus krankheitsbedingten Gründen zum 31. Mai 2007. Das Arbeitsgericht Neumünster hat im vorliegenden Rechtsstreit mit Urteil vom 19. April 2007 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung mit Schreiben vom 28. November 2006 nicht aufgelöst worden ist. Dagegen hat die Beklagte keine Berufung eingelegt.
Ausweislich der Entlassungsmitteilung des ambulanten interdisziplinären Rehabilitationszentrums vom 29. November 2006 (Bl. 22 d.A.) war der Kläger sofort arbeitsfähig.
Am 29. November 2006 suchte der Zeuge H. den Kläger auf und übernahm das ihm – Kläger – überlassene Dienstfahrzeug. Mit Schreiben vom 30. November 2006 kündigte die Beklagte gegenüber dem Kläger den Mietvertrag für die Büroflächen seines Home-Offices zum 31. Dezember 2006. Weiterhin teilte die Beklagte ihm mit E-Mail vom 30. November 2006 Folgendes mit:
„Obgleich wir den Bericht der Reha abwarten müssen, können wir Sie aufgrund der Einschränkungen aus der arbeitsmedizinischen Untersuchung auch bei einer Gesundschreibung nicht einsetzen.
…
Eine Beschäftigung in Teilzeit oder in Teilfunktion ist aufgrund der Erfordernisse der Aufgabe nicht möglich.
…
Sollte ein Ergebnis aus der Reha anders lauten, so werden Sie unverzüglich einem Arbeitsmediziner vorgeführt.
…”
Streitig ist zwischen den Parteien, ob der Kläger am 29. November 2006 gegenüber dem Zeugen H. erklärte, er könne seine bisherige Tätigkeit nicht f...