Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung. Berechtigung. Verschulden. Zeitarbeitsfirma. Einteilung. Spätschicht. Arbeitsverweigerung. Verhältnismäßigkeit. Bagatelle
Leitsatz (redaktionell)
1. Soweit nichts anderes geregelt ist, kann der Arbeitgeber grundsätzlich einseitig die wöchentliche Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage verteilen, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Pausen festlegen. Dabei hat der Arbeitgeber die Grenzen des billigen Ermessens zu berücksichtigen.
2. Eine Abmahnung ist dann unverhältnismäßig, wenn der Arbeitgeber „Lächerlichkeit und Banalitäten” abmahnt und damit gleichsam mit "Kanonen auf Spatzen" schießt.
Normenkette
GewO § 106; BGB § 315
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Urteil vom 08.08.2007; Aktenzeichen 4 Ca 901 d/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 08.08.2007 (4 Ca 901 d/07) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Berechtigung einer Abmahnung.
Der Kläger trat aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 6,7 d.A.) am 18. Februar 1988 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen. Das Arbeitsverhältnis ging am 01. Juli 2003 auf die Beklagte über. Die Beklagte ist ein Zeitarbeitsunternehmen. Auf das Arbeitsverhältnis findet seit dem 01. April 2004 das iGZ-/DGB-Tarifwerk Anwendung.
Der Kläger arbeitete in der Vergangenheit ganz überwiegend in Frühbeziehungsweise Normalschicht. Davon abweichend war er beispielsweise in der Zeit vom 05.04. bis 07.04.2004 bei der Firma U.-KG von 14 bis 22 Uhr tätig, in der Zeit vom 22.08. bis 26.08.2005 von 15 bis 23 Uhr und am 26.08.2005 von 12 bis 17 Uhr. Im Jahre 2006 setzte die Beklagte ihn insgesamt 15-mal in der Spätschicht bei ihrem Kunden, der Firma FMA U. ein.
Nach Beendigung einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit erhielt der Kläger von der Beklagten die Anweisung, sich am 19. März 2007 bei dem Kunden FMA U. in F. zur Arbeit einzufinden, und zwar in der Zeit von 12 bis 21:30 Uhr. Die Firma FMA U. hatte dazu ausdrücklich den Kläger für die Spätschicht angefordert. Auch vor seiner Erkrankung war er langjährig für die Beklagte bei der Firma FMA U. tätig gewesen.
Der Kläger lehnte gegenüber dem anweisenden Mitarbeiter der Beklagten diesen Einsatz ab und begründete dies damit, dass er seit 1988 bei der Beklagten ausschließlich in Früh-/ Normalschicht gearbeitet habe, weshalb er nicht verpflichtet sei, die angeordnete Spätschicht abzuleisten. Der Kläger nahm am 19. März 2007 nicht die zugewiesene Tätigkeit auf. Die Firma FMA U. deckte ihren Personalbedarf über eine andere Zeitarbeitsfirma.
Die Beklagte erteilte deshalb dem Kläger die streitgegenständliche Abmahnung vom 19. März 2007. Wegen der in erster Instanz vertretenen streitigen Behauptungen und Rechtsauffassungen und der dort gestellten Anträge wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei zwar verpflichtet gewesen, die Spätschicht zu leisten, ein Grund für die Verweigerung habe nicht bestanden. Das Direktionsrecht habe sich insoweit auch nicht auf Früh- oder Normalschicht konkretisiert. Allerdings verletze die ausgesprochene Abmahnung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien habe der Kläger bislang nur ausnahmsweise Spätschicht erbracht. Ob diese Spätschicht mit ihm vom Entleiherbetrieb abgesprochen oder die Anforderung über die Beklagte abgewickelt worden sei, könne dahin stehen. Jedenfalls sei durchaus nachvollziehbar, dass der Kläger die rechtsirrige Auffassung vertreten habe, zur Ableistung von Spätschicht nur verpflichtet zu sein, wenn dies mit ihm vorher abgestimmt werde. Irrtümlich sei der Kläger deshalb davon ausgegangen, aufgrund der bisherigen fast überwiegend zugewiesenen Früh- und Normalschichten zur Ableistung einer Spätschicht nicht verpflichtet gewesen zu sein. Angesichts des annähernd 20 Jahre störungsfrei bestehenden Arbeitsverhältnisses und des durchaus nachvollziehbaren Irrtums erscheine die Abmahnung deshalb als unverhältnismäßig.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 24. August 2007 zugestellte Urteil am 29. August 2007 Berufung eingelegt und diese am 04. September 2007 begründet.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Abmahnung verletze nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Entscheidend sei lediglich, ob der abgemahnte erhobene Vorwurf objektiv gerechtfertigt sei. Auf die subjektive Vorwerfbarkeit komme es nicht an. Sie habe auch nicht lediglich eine Bagatelle abgemahnt, sondern die Verletzung der Hauptleistungspflicht. Es müsse ihr als Gläubigerin des Vertragsverhältnisses gestattet sein, dem Kläger diese Pflichtwidrigkeit durch eine Abmahnung deutlich zu machen. Die Ausgangslage für den Ausspruch der Abmahnung sei gewe...