Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Dienstvereinbarung zur Berechnung eines Versorgungszuschusses unter Anrechnung anderweitig erhaltener Renten
Leitsatz (redaktionell)
1. Sind nach dem Wortlaut einer Dienstvereinbarung "Renten, die ein Versorgungsberechtigter aufgrund nicht ausschließlich eigener Leistungen von der Sozialversicherung, der Provinzial Leben - Versicherungsanstalt Schleswig-Holstein - oder von entsprechenden Anstalten oder Einrichtungen erhält, .. auf die Gesamtversorgung anzurechnen", lässt die sprachliche Verwendung des Indikativ ("erhält") als "Wirklichkeitsform" (im Sinne von "bekommen" oder "empfangen") erkennen, dass tatsächlich bezogene Versorgungsleistungen anzurechnen sind und nicht solche, die möglicherweise hätten erlangt werden können; damit sieht die Dienstvereinbarung die Anrechnung einer fiktiven Rente nicht ausdrücklich vor.
2. Regelt die Dienstvereinbarung nicht nur pauschal und undifferenziert die Anrechnung anderer Versorgungsleistungen auf die Gesamtversorgung sondern wird zwischen Versorgungsleistungen, die in Berufsjahren erdient wurden, die bei der Errechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstjahre berücksichtigt worden sind, und solchen unterschieden, die nicht berücksichtigt worden sind, und ist danach ein Teil der Versorgungsleistungen mit 100 % anzurechnen, ein anderer mit 50 %, und enthält die Regelung keinen Hinweis darauf, dass in bestimmten Fällen Versorgungsleistungen mit einem höheren Prozentsatz als 100 angerechnet werden sollen, spricht dies aus systematischen Gründen ebenfalls dafür, dass der Abzug einer fiktiv berechneten Versorgungsleistung ("aufgrund beamtenrechtlicher Prinzipien oder Grundsätze") nicht in Betracht kommt.
Normenkette
BetrAVG §§ 2, 1 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Entscheidung vom 11.12.2014; Aktenzeichen 1 Ca 1388 b/14) |
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum 01.08.2012 bis 30.11.2014 eine weitere Betriebsrente in Höhe von 4.181,24 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11.08.2014 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 487,70 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits - beide Rechtszüge - trägt der Kläger 58 % und die Beklagte 42 %.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung eines Versorgungszuschusses.
Der am ....1947 geborene Kläger war vom 01.04.1980 bis zum 30.09.1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig. Davor und danach war er bei anderen Arbeitgebern sozialversicherungspflichtig beschäftigt (vgl. Bl. 56 d. A.).
Die Rechtvorgängerin der Beklagten sicherte dem Kläger eine Versorgung nach der Dienstvereinbarung Nr. 1 vom 28.12.1984 zu. Die Vereinbarung lautet auszugsweise:
"Vorbemerkung |
- Die L. räumt durch diese Dienstvereinbarung allen unbefristet*) angestellten sowie den im Vorruhestand befindlichen Betriebsangehörigen einen Rechtsanspruch auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung ein. ... |
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... |
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§ 1 |
Gesamtversorgung |
- Der Versorgungsanspruch - d.h. die Gesamtversorgung - der Betriebsangehörigen und ihrer Hinterbliebenen setzt sich im allgemeinen zusammen aus: |
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a) Rente der gesetzlichen Sozialversicherung*) und/oder entsprechende Leistungen anderer Einrichtungen, |
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b) ..., |
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c) Versorgungszuschuß der L.. |
Rechtsanspruch |
- Auf den Versorgungszuschuß der L. wird durch diese Dienstvereinbarung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen begründet. |
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§ 2 |
Zahlungszeitpunkt |
- Der Versorgungszuschuß wird nach insgesamt mindestens 10jähriger Betriebszugehörigkeit (ganz- oder halbtags) ab Eintritt des Versorgungsfalls gezahlt. Der Versorgungsfall ist eingetreten, sobald die Sozialversicherung verpflichtet ist |
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a) zur Zahlung eines Altersruhegeldes |
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... |
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§ 4 |
Berechnungsgrundlage für Versorgung |
- Die Höhe der Gesamtversorgung bzw. der Hinterbliebenenversorgung wird in entsprechender Anwendung der für Beamte des Landes Schleswig-Holstein geltenden Grundsätze errechnet. |
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Maßgebende Kriterien für die Festsetzung des Versorgungszuschusses sind |
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a) Dienstjahre |
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b) Gehalt |
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c) Renten gem. § 1 a und b |
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Durch den Versorgungszuschuß der L. darf die Gesamtversorgung - einschließlich eines gem. § 7 nicht angerechneten Rententeils - 75 v.H. des zuletzt bezogenen Gehalts (§ 5) nicht übersteigen. |
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... |
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§ 5 |
Versorgungsfähiges Gehalt |
- Das zuletzt bezogene Gehalt, das der Berechnung des Versorgungszuschusses zugrundegelegt wird, besteht aus dem tariflichen Monatsgehalt und den sog. übertariflichen Zulagen. Funktionszulagen (z.B. Erschwernis-, EDV-Zulagen), Sozialzulagen, Überstundenvergütungen und Sonderzahlungen jeder Art gelten nicht als übertarifliche Zulagen. |
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... |
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§ 6 |
Vordienstzeiten |
- Bei der Errechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstjahre kann die Tätigkeit bei einem privaten Kreditinstitut der Tätigkeit bei einem öffentlich... |