Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlussfrist. Geltendmachung. Anspruch. Schriftform. Antrag. Abgabe. treuwidrig. Schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen zur Wahrung der Ausschlussfrist
Leitsatz (amtlich)
1) Zur Wahrung der die schriftliche Geltendmachung verlangenden Ausschlussfrist des § 70 Satz 1 BAT/37 Satz 1 TVöD muss dem Arbeitgeber mindestens ein urheberrechtlich dem Anspruchsteller zuzuordnendes anspruchsbegründendes Schriftstück vorgelegen haben und beim Arbeitgeber in irgendeiner Form verbleiben.
2) Es reicht für die schriftliche Geltendmachung nicht aus, wenn der Arbeitnehmer ein – unvollständiges – Antragsformular ausfüllt, es mit dem Arbeitgeber erörtert und dann komplett wieder an sich nimmt, ohne dass hierüber ein Vorgang angelegt wird.
Normenkette
BAT § 70 S. 1; TVöD § 37 S. 1; BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Urteil vom 04.04.2007; Aktenzeichen 4 Ca 2079 e/06) |
Nachgehend
Tenor
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 04.04.2007 – 4 Ca 2079 e/06 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin rückwirkend einen Anspruch auf kinderbezogenen Ortszuschlag hat oder ob dieser verfallen ist. Streitgegenstand sind Ansprüche im Wesentlichen aus 2003 und 2004. Die Klägerin ist seit dem 16.03.1999 bei der beklagten Stadt beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der BAT bzw. nunmehr der TVöD Anwendung.
Die Klägerin hat eine Tochter K., geboren am … 1982, die im Oktober 2001 ein Studium aufnahm und ohne Unterbrechung im streitbefangenen Zeitraum studierte. Sie hat darüber hinaus einen Sohn K., geboren am …1985, der im März 2003 18 Jahre alt wurde und zu diesem Zeitpunkt bereits in einem Berufsausbildungsverhältnis stand.
Die Beklagte zahlt neben der Grundvergütung und dem Ortszuschlag kinderbezogenen Ortszuschlag (im Folgenden: KOZ) im Sinne des § 29 Buchst. B. Abs. 4 BAT. Am 10.01.2003 übersandte sie der Klägerin ein Antragsformular: „Erklärung/Antrag zur Weiterzahlung von Kindergeld/Familien-/Orts-/Sozialzuschlag” für ihren Sohn K., da dieser demnächst 18 Jahre alt wurde. Am 10.02.2003 übermittelte die Beklagte der Klägerin ein entsprechendes Antragsformular für ihre Tochter K., da ihr Semester im April 2003 endete und neue Studien- und Einkommensnachweise beizubringen waren. Die Klägerin füllte diese Unterlagen mit Datum vom 28.02.2003 – noch unvollständig – aus. Ob sie die Antragsformulare bei der Beklagten abgegeben hat, ist streitig. In ihrer Personalakte befinden sie sich jedenfalls nicht.
Am 11.03.2003 kam es zu einem Gespräch zwischen der Klägerin, dem Zeugen F., der bei der Beklagten für die Bearbeitung der Kindergeldansprüche und des KOZ der Klägerin zuständig ist, sowie dessen Vorgesetzten Herrn D.. In diesem Gespräch wurden Unvollständigkeiten des Antrages besprochen. Wer zu diesem Zeitpunkt im Besitz der Anträge war und am Ende des Gespräches blieb, ist streitig. Jedenfalls schickte die Klägerin nach diesem Gespräch am 11.03.2003 um 18.04 Uhr an den Zeugen F. folgende E-Mail:
„Betreff: Eklörung zum Kindergeld für K. und K. M.
Hallo Herr F.,
aufgrund der von Ihnen kritisierten Art des Ausfüllens der obigen Erklärungen, bitte ich sie mir die Vordrucke erneut zur Verfügung zu stellen, damit die vorzunehmenden Eintragungen ohne „Tipp-Ex” vorgenommen werden können.
Vielen Dank.
R. M.” (Anlage K 3 – Bl. 10 d. A.)
Noch am 11.03.2003 erhielt die Klägerin daraufhin die erwünschten neuen Vordrucke.
Ab 01.04.2003 stellte die Beklagte die Zahlung von Kindergeld und KOZ für K. ein. Am 28.04.2003 erinnerte die Beklagte „an die Abgabe der Erklärung bzw. des Antrages zur Weiterzahlung von Kindergeld und kindergeldbezogenen Leistungen” (Bl. 11. D. A.). Darauf antwortete die Klägerin noch am 28.04.2003 wie folgt:
„Guten Tag Herr F.,
bei unserem letzten Gespräch am haben Sie mir mitgeteilt, dass das Kindergeld und der kinderbezogene Ortszuschlag nur dann gewährt werden kann, wenn die von Ihnen geforderten Unterlagen vollständig (incl. Anschrift der Kinder etc.) ausgefüllt vorgelegt werden. Der Hinweis auf „wie bisher” darf nicht erfolgen. … Jetzt erinnern Sie an die von mir abzugebenden Erklärungen.
Die von Ihnen erinnerte Abgabe kann ich auch insoweit nicht nachvollziehen, als für K. bereits im April 2003 weder Kindergeld noch der kinderbezogene Ortszuschlag gewährt wurde.
Ich habe nach unserem letzten Gespräch und der Verdienstabrechnung für 04/03 weder die Zahlung des Kindergeldes noch des kinderbezogenen Oz für K. angemahnt, verstehe also Ihre Erinnerung nicht. Ausschlussfristen für die Gewährung wurden bisher nicht genannt.
Nach den mir mittlerweile vorliegenden Informationen – auf die ich leider nicht von Ihnen aufmerksam gemacht wurde – besteht die Möglichkeit, auch am Jahresende für den zurückliegenden Zeitraum eine entsprechende Nachzahlung bzw. Gewährung zu erhalten, wenn überschaubar ist, ob die Einkünfte nach Abzug aller Werbungskosten e...