Revision / Rechtsbeschwerde / Revisionsbeschwerde zugelassen nein

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdachtskündigung. Aufklärungspflicht. Anhörung. Vertrauensbereich. Treuepflichtverletzung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine schwere Störung des Vertrauensbereiches durch den Arbeitnehmer begründet die außerordentliche Kündigung. Auch der dringende Verdacht einer strafbaren Handlung gegen den Arbeitgeber ist ein weiterer selbständiger Grund zur fristlosen Kündigung. Die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt mit der sicheren Kenntnis des Kündigungsberechtigten, das wird regelmäßig erst nach Anhörung des zu Kündigenden der Fall sein. Die Anhörung binnen 10–12 Tagen nach erster Kenntniserlangung setzt erst die 2 Wochen-Frist in Gang

 

Normenkette

BGB § 626 I; BGB § 626 II

 

Verfahrensgang

ArbG Husum (Urteil vom 23.11.1982; Aktenzeichen 1 Ca 770/82)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Husum vom 23. November 1982 – 1 Ca 770/82 – teilweise abgeändert:

Die Klage wird auch im übrigen abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Der Kläger war bei der Beklagten, die ein Stahlgerüstbaugeschäft betreibt, von September 1980 an als Bauleiter beschäftigt. In dieser Eigenschaft oblag dem Kläger die gesamte gewerbliche und technische Abwicklung des Gerüstbaues, so u. a. die Disposition über die Gerüstbauer und das Gerüstbaumaterial. Nach dem Änderungsvertrag vom 1.4.1982 erhielt der Kläger eine monatliche Vergütung von 3.700,– DM und eine Umsatzbeteiligung von 1 %. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung der Beklagten vom 9.9.1982.

Der neue Geschäftsführer der Beklagten teilte dem Kläger unter dem 13.8.1981 mit, daß der Kläger den Aufgaben eines Bauführers in keiner Weise gewachsen sei; aufgrund seiner mangelnden Übersicht und Organisationsfähigkeit habe er dem Unternehmen hohe, überflüssige Kosten bereitet; die Beschwerden von Kunden und unterstellten Mitarbeitern häuften sich; er werde letztmalig aufgefordert, seine Aufgaben gewissenhaft, kostenbewußt, kundendienlich, fristgerecht und pflichtgemäß zu erledigen, andernfalls würden gegen ihn Kündigungsmaßnahmen ergriffen. Die Beklagte schrieb dem Kläger unter dem 9.10.1981, daß nur Überstunden nach Absprache mit der Geschäftsleitung anerkannt würden und es verwunderlich sei, daß diese Anordnung nicht beachtet worden sei. Die Beklagte wies den Kläger unter dem 14.10.1981 darauf hin, daß nach wie vor das Überstundenverbot bestehe, sie nur aus Kulanzgründen bereit sei, für den Monat September 1981 nochmals einen Teil seiner gestrichenen Überstunden nachzuvergüten. Der Kunde E. B. W. GmbH & Co. teilte der Beklagten unter dem 28.6.1982 mit, daß er sie für Schäden infolge Leistungsverzuges haftbar machen wolle, der dadurch entstanden sei, daß die Einrüstungen des Reaktors nicht entsprechend gegebener Zusagen durchgeführt worden sei. Die Firma W. telegrafierte am 29.6.1982 an die Beklagte, daß ihre 12 Monteure seit dem 29.6.1982 nicht eingesetzt werden könnten, da die Gerüste fehlten und die Kosten von ihrer Rechnung abgesetzt würden. Die Baufirma D. aus Berlin beschwerte sich bei der Beklagten am 25.8.1982 damit, daß bei der letzten Baubegehung mit dem Kläger und Herrn St. Termine für Gerüstbauarbeiten zugesagt worden seien, diese Termine seien von der Beklagten nicht eingehalten; wenn sich durch die unzureichenden Gerüstbauarbeiten eine Terminüberschreitung ergebe, sehe sich gezwungen, die Beklagte regreßpflichtig zu machen. Ob diese Versäumnisse dem Kläger angelastet werden können, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 11.8.1982 hielt die Beklagte dem Kläger eigenmächtige Handlungsweise vor, so habe der Kläger u. a. ohne Wissen der Beklagten große Reparaturen an Firmenfahrzeugen angeordnet, ohne ihr Wissen Personal gekündigt oder nicht beschäftigt, ohne ihr Wissen Preisänderungen vorgenommen oder Preisnachlässe gewährt, ohne ihr Wissen bereits angenommene Aufträge zurückgegeben. Die Beklagte untersagte dem Kläger zugleich, in „Privatarbeit” weiter Gerüste zu erstellen und dabei Gerüstmaterial und Betriebsmittel der Beklagten zu verwenden, im Wiederholungsfalle habe er sofort mit der „fristlosen Kündigung” zu rechnen. Die Beklagte kündigte dem Kläger mit Schreiben vom 16.8.1982 Kündigungsmaßnahmen für den Fall an, daß er über Geldmittel des Unternehmens selbst entscheide, es hätte sich vor Reparaturbeginn gehört, daß überprüft worden wäre, ob eine Reparatur des Firmen-Pkw's als einem Fahrzeug älterer Bauart überhaupt sinnvoll gewesen wäre.

Der Kläger hatte Gerüstmaterial der Beklagten mit zu sich nach Hause genommen. Dieses Gerüstmaterial befand sich auch noch im August 1982 auf seinem Grundstück. Der Kläger hatte die Mühle in W., das Haus eines Freundes des Klägers, mit einem Gerüst aus dem Gerüstmaterial der Beklagten versehen, ohne daß er der Beklagten davon Mitteilung gemacht hatte. Auch Ende August 1982 war auf dem Grundstück des Klägers Gerüstmaterial der Beklagten, über den Umfang des Ge...

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