Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung. Spesenbetrug. Fahrtkostenerstattung. Interessenabwägung. Außerordentliche Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Spesenbetrug ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darzustellen.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Neumünster (Urteil vom 17.09.2008; Aktenzeichen 3 Ca 701 d/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 17.09.2008, Az.: 3 Ca 701 d/08, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Revision nicht gegeben; im Übrigen wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten, nachdem die Klägerin das Arbeitsverhältnis zuvor ordentlich gekündigt hatte, sowie um Schadensersatzansprüche der Beklagten wegen unrichtiger Reisekostenabrechnung.

Die am …1963 geborene, ledige Klägerin war seit dem 01.02.2006 als DOB-Abteilungsleiterin bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von EUR 5.000,00 beschäftigt. Die einzelvertragliche Kündigungsfrist beträgt sechs Monate zum Monatsende.

Der Klägerin stand bis Anfang 2007 ein firmeneigenes Fahrzeug – zunächst ein Audi A 6, später ein BMW – auch zur privaten Nutzung zur Verfügung, sodass sie den geldwerten Vorteil versteuern musste. Die Klägerin hielt sich für die Beklagte überwiegend in Fernost auf und konnte den Wagen deshalb privat kaum nutzen. Ab April 2007 übergab die Beklagte den geleasten BMW an einen anderen Mitarbeiter und überließ der Klägerin einen alten, bereits abgeschriebenen VW Golf als Privatfahrzeug. Die Klägerin meldete den VW Golf auf ihren Namen an und zahlte Steuern und Versicherung sowie die laufenden Unterhaltungskosten. Im Zuge dessen teilte der Geschäftsführer der Beklagten der Klägerin per E-Mail vom 18.03.2007 (Bl. 56 d. A.) Folgendes mit:

„Hallo Frau L.,

ab 1.4.07 werden wir Ihr Fahrzeug (BMW) an T.'s übergeben. Der Golf wird nach Ihrer Rückkehr auf Ihren Namen umgemeldet. Für die Abrechnung der Firmennutzung des Fahrzeuges können Sie für K. Fahrten folgendes zu Grunde legen:

B. C. –

B. – B. C. = 682 KM 682 * EURO 0,30 = EURO 204,60

Viele Grüße und Erfolg in A.

– Best Regards –

Mit freundlichen Grüßen

– J. S. –”

Bei der Firma K. handelt es sich um einen Kunden der Beklagten, mit dem die Klägerin für die Beklagte in geschäftlichen Beziehungen stand.

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit E-Mail vom 05.03.2008 (Bl. 14 d. A.). Der Eingang der Kündigung wurde seitens der Beklagten mit Datum vom 17.03.2008 schriftlich bestätigt (Bl. 15 d. A.). Am 27.03.2008 führte die Klägerin ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten. Im Rahmen des Gespräches wurde auch eine Freistellung der Klägerin thematisiert, sofern bestimmte Arbeitsaufträge von der Klägerin bis zum Monatsende April noch erledigt und eine gemeinsame Geschäftsreise nach Fernost unternommen worden wären. Der darüberhinausgehende konkrete Inhalt des Gespräches ist streitig.

Nach dem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten am 27.03.2008 unternahm die Klägerin Geschäftsreisen nach B. und zwar vom 28.03.2008 bis zum 05.04.2008 und vom 20.04.2008 bis zum 24.04.2008. Zu einer gemeinsamen Reise mit dem Geschäftsführer kam es nicht mehr. Nach Rückkehr der zweiten Geschäftsreise, d. h. nach dem 24.04.2008, erschien die Klägerin nicht mehr zur Arbeit. Mit Schreiben vom 21.05.2008 forderte die Beklagte die Klägerin zur Herausgabe der ihr überlassenen technischen Geräte, Schlüssel, Karten, Disketten, Geschäftspapiere etc. auf (Bl. 19 d. A.). Am 22.05.2008 erschien die Klägerin im Betrieb und händigte dem Geschäftsführer die geforderten Gegenstände und Unterlagen gegen Empfangsbestätigung aus (Bl. 18 d. A.). Den einleitenden Satz auf der von der Klägerin vorbereiteten Empfangsquittung

„gemäß meiner Kündigung bitte ich Ihnen hiermit mein Freistellung bis Ende September 2008 zu bestätigen.”

strich der Geschäftsführer ebenso durch wie die Bitte, ihr das Mobiltelefon zu überlassen.

Der Geschäftsführer der Beklagten warf der Klägerin vor, der Arbeit unentschuldigt fern geblieben zu sein und händigte ihr das auf den 23.05.2008 datierende Kündigungsschreiben aus (Bl. 9 d. A.). Ein weiteres Kündigungsschreiben vom 23.05.2008 ging der Klägerin per Post am 24.05.2008 zu (Bl. 10 d. A.)

Hiergegen hat die Klägerin am 03.06.2008 Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erhoben.

Zuvor hatte die Klägerin Anfang Mai 2008 eine Reisekostenabrechnung für die Zeit von Januar bis April 2008 bei der Beklagten eingereicht. Hierin rechnete sie neun Fahrten zu der Fa. K. über insgesamt EUR 1.841,40 ab. Eine Überprüfung ergab, dass die Klägerin diese Fahrten nicht unternommen hatte. Hierüber informierte der Zeuge K… den Geschäftsführer der Beklagten am 02.06.2008. Eine daraufhin vom Geschäftsführer veranlasste Überprüfung der im Jahre 2007 zugunsten der Klägerin erteilten Reisekostenabrechnungen er...

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