Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichsanpassung. Außerordentliche Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
Anpassung eines gerichtlichen Vergleichs über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung, wenn der Arbeitnehmer nach Vergleichsabschluss im Zeitraum bis zu Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Tatbestand eines wichtigen Grundes gemäß § 626 Abs. 1 BGB verwirklicht.
Normenkette
ZPO §§ 767, 794 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 313, 626 Abs. 1, § 779
Verfahrensgang
ArbG Herne (Urteil vom 05.08.2008; Aktenzeichen 4 Ca 1126/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 05.08.2008 – 4 Ca 1126/08 – abgeändert.
Die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich des Arbeitsgerichts Herne vom 18.10.2007 – 4 Ca 2560/07 – wird für unzulässig erklärt.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.919,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.08.2008 zu zahlen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.000,00 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen einer Zwangsvollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO um Ansprüche aus dem gerichtlichen Vergleich vom 18.10.2007 – Arbeitsgericht Herne 4 Ca 2560/07 – über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2008 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 17.000,00 EUR.
Der Beklagte war bei der Klägerin seit dem 08.10.1990 als Außendienstmitarbeiter gegen eine monatliche Vergütung von zuletzt 2.000,00 EUR brutto tätig. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18.09.2007 fristgemäß zum 31.03.2008, weil sie die vom Beklagten im Jahre 2007 erzielten Umsätze als nicht zufriedenstellend ansah.
In dem Vorprozess Arbeitsgericht Herne 4 Ca 2560/07 einigten sich die Parteien im Gütetermin auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung vom 18.09.2007 aus betrieblichen Gründen zum 31.03.2008. Die Klägerin verpflichtete sich zur Zahlung einer Abfindung an den Beklagten in Höhe von 17.000,00 EUR, die zum 31.03.2008 fällig werden sollte.
Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis während der noch laufenden Kündigungsfrist am 27.03.2008 fristlos mit der Begründung, der Beklagte habe in mehreren Fällen Spesenbetrug begangen. Er habe im Februar 2008 an sechs Tagen auf seiner Reisekostenabrechnung eine Abwesenheit von mehr als acht Stunden angegeben und dafür den betrieblichen Spesensatz in Höhe von 6,00 EUR täglich in Anspruch genommen, obwohl er aufgrund der Auswertungen des GPS-Systems in dem ihm überlassenen Dienstwagen an den im Einzelnen genannten sechs Tagen eine achtstündige Abwesenheit nicht erreicht und sogar deutlich unterschritten habe. Deswegen zahlte die Klägerin an den Beklagten 36,00 EUR Spesen zu viel aus. In gleicher Weise habe der Beklagte an drei Tagen im März 2008 wahrheitswidrig eine Abwesenheitszeit von mehr als acht Stunden auf seiner Reisekostenabrechnung eingetragen. Diese Täuschung des Beklagten sei ihr rechtzeitig aufgefallen, so dass sie die zu Unrecht geltend gemachten Spesen für den Monat März 2008 nicht mehr ausgezahlt habe.
Die Klägerin meint, die in dem gerichtlichen Vergleich vom 18.10.2007 vereinbarte Abfindung sei wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ihre fristlose Kündigung hinfällig worden. Selbst wenn die fristlose Kündigung vom 27.03.2008 nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem vereinbarten Beendigungszeitpunkt geführt habe, sei durch das Verhalten des Klägers die Geschäftsgrundlage für den Vergleich und die Zahlung einer Abfindung weggefallen.
Der Beklagte hält die fristlose Kündigung für unberechtigt. Er hat vorgetragen, er habe an den betreffenden Tagen nach der angezeigten Rückankunft in E1 noch weitere Kunden besucht, um anschließend Privatangelegenheit zu erledigen.
Dem ist die Klägerin im Einzelnen entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, sie habe die Angaben des Beklagten recherchiert mit dem Ergebnis, dass die Behauptungen des Beklagten unzutreffend seien. Nach Befragung der vom Beklagten angegebenen Kunden hätte sich herausgestellt, dass der Beklagte die Kunden entweder nicht besucht oder er trotzdem eine achtmonatige Abwesenheitszeit nicht überschritten habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 05.08.2008 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der titulierten Abfindungsforderung des Beklagten stünden Einwände der Klägerin nicht entgegen. In dem Parallelverfahren Arbeitsgericht Herne 4 Ca 986/08 habe das Gericht die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung der Klägerin vom 27.03.2008 festgestellt, so dass es nicht zu einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gekommen sei. Selbst wenn der Beklagte den behaupteten Spesenbetrug begangen hätte, führe dies nicht z...