Entscheidungsstichwort (Thema)
Alterssicherung. Umstellung auf Prämienlohn
Leitsatz (amtlich)
§ 9 Nr. 1 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Metallindustrie in Hamburg und Umgebung sowie Schleswig-Holstein verbietet nicht die Einführung eines Prämienlohnes, der dazu führt, dass der effektive Bruttolohn unter den Verdienstsicherungsbetrag fällt.
Normenkette
BGB § 611; TVG § 4
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Urteil vom 17.02.2005; Aktenzeichen 2 Ca 1534 d/04) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 17.02.2005 – 2 Ca 1534 d/04 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage, wie die Verdienstsicherung für ältere Arbeitnehmer nach dem Manteltarifvertrag für die Metallindustrie Schleswig-Holstein (MTV) zu berechnen ist.
Der Kläger ist am … 1949 geboren. Er ist Mitglied der IG Metall. Bei der Beklagten ist seit 1.11.1985 als Kernmacher beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt in der Produktion etwa 80 Arbeitnehmer sowie etwa 20 Leiharbeitnehmer. Außerdem sind 20 Angestellte beschäftigt. Die Betriebsparteien haben am 11.12.2002 eine Betriebsvereinbarung „Prämienlohn” abgeschlossen (Bl. 39 d. A.), die eine Umstellung von Akkord- auf Prämienlohn mit Wirkung vom 1.1.2003 vorsieht. Der Kläger, der zuvor im Einzelakkord tätig war, ist seither in einer Gruppe im Prämienlohn beschäftigt.
Nach der Betriebsvereinbarung „Prämienlohn” setzt sich die Vergütung der Mitarbeiter künftig wie folgt zusammen:
- Grundlohn gemäß § 3 LRTV
- Grundprämie von 16 %
- Qualitätsprämie von 4 bis maximal 12 % des jeweiligen Grundlohnes
- Leistungsprämie von 4 bis maximal 12 % des jeweiligen Grundlohnes,
so dass ein Mitarbeiter insgesamt eine Vergütung von 140 % erreichen kann. Zum Ausgleich der Differenz zwischen dem bisherigen Verdienst aus Akkordlohn und dem eingeführten Prämienlohn werden gemäß Ziffer 5 der Betriebsvereinbarung Ausgleichszulagen gezahlt (Bl. 40 d. A.). Diese Ausgleichszulagen werden nach dem Durchschnitt der Monate Juni, August und September des Jahres 2002 ermittelt und in Höhe von 1 bis maximal 15 % gezahlt. Dabei ist ein schrittweiser Abbau der Ausgleichszulage vorgesehen.
Die Qualitätsprämie wird, bezogen auf den Gesamtausschuss, ermittelt und an alle Mitglieder der Leistungslohngruppe gleichermaßen gezahlt. Die Leistungsprämie wird unter Bezugnahme auf die Rohgussverkaufswerte im Verhältnis zur Anwesenheitszeit aller Mitarbeiter ermittelt und an sämtliche Mitarbeiter ausgekehrt.
§ 9 MTV sieht für ältere Arbeitnehmer, d. h. diejenigen die im 55. Lebensjahr stehen oder älter sind, und dem Betrieb oder dem Unternehmen mindestens fünf Jahre angehören, eine Verdienstsicherung vor. § 9 MTV sieht Folgendes vor:
§ 9 MTV
Verdienstsicherung für ältere Arbeitnehmer
1. Gewerbliche Arbeitnehmer
1.1 Anspruchsvoraussetzungen
Arbeitnehmer, die im 55. Lebensjahr stehen oder älter sind und dem Betrieb oder dem Unternehmen mindestens 5 Jahre angehören, haben eine Verdienstsicherung nach folgenden Bestimmungen:
1.2 Berechnungsgrundsatz
Für die nachfolgenden Bestimmungen gelten bei der Berechnung des Durchschnittsverdienstes die jeweiligen gültigen Bestimmungen des Manteltarifvertrages.
Bei tariflichen Lohnerhöhungen im Berechnungszeitraum ist vom erhöhten Verdienst auszugehen. Zukünftige Tariflohnerhöhungen sind entsprechend zu berücksichtigen.
1.3 Zeitlohnarbeiter
Zeitlohnarbeiter haben einen Anspruch auf ihren Durchschnittsstundenverdienst, errechnet aus den letzten 12 abgerechneten Kalendermonaten.
1.4 Leistungslohnarbeiter
1.4.1 Akkordlohnarbeiter
Bei Umstellung auf den Entlohnungsgrundsatz Zeitlohn wird der Verdienst nach 1.2 berechnet mit der Maßgabe, daß der durchschnittliche Zeitgrad der letzten 36 abgerechneten Kalendermonate zugrunde gelegt wird.
Bei Weiterbeschäftigung im Akkordlohn richtet sich der Verdienst nach dem persönlich erbrachten Zeitgrad, jedoch mindestens nach dem durchschnittlichen Zeitgrad gemäß Absatz 1.
1.4.2 Sonstige Leistungslohnarbeiter
Bei sonstigen Leistungslohnarbeitern ist 1.4.1 entsprechend anzuwenden.
Durch die Einführung des Prämienlohnsystems mit Wirkung vom 1.1.2003 ergab sich für den Kläger ein niedrigerer Zeitgrad – die 146,09 % in der Abrechnung für Januar 2003 beziehen sich auf den im Dezember 2002 erreichten Zeitgrad –. Dadurch ergab sich eine geringere monatliche Bruttovergütung. Mit der Aufstellung (Bl. 6 d. A.) hat die Beklagte einen Zeitgrad von 144,32 % für die letzten drei Jahre vor Erreichen des 55. Lebensjahres bescheinigt. Die seither gezahlte Vergütung hat diesen Betrag aufgrund der Einführung der Qualitäts- und Leistungsprämien nicht erreicht.
Nachdem der Kläger erfolglos die Differenzbeträge für die Monate November 2003 bis Juni 2004 schriftlich geltend gemacht hat, hat er am 6.7.2004 die vorstehende Klage erhoben, mit der er Nachzahlung der Differenz zu dem sich bei einem Zeitgrad von 144,32 % ergebenden Vergütung fordert.
Der Kläg...