Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung. betriebsbedingt. Betriebsratsanhörung. Betriebsübergang. Änderungskündigung nach Widerspruch gegen Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs
Leitsatz (amtlich)
Der Betriebsübergang setzt voraus, dass der Veräußerer seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb einstellt. Dem steht nicht entgegen, wenn wesentliche wirtschaftliche und unternehmensbezogene Steuerungsfunktionen etwa aufgrund eines Beherrschungsvertrags bei dem übertragenden Unternehmen bzw. bei einer Konzernobergesellschaft verbleiben.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 1, 2 S. 1; BGB § 613a Abs. 1; MTV der Deutschen Telekom AG § 26 Abs. 3; BetrVG §§ 21a, 21b, 102
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Urteil vom 18.03.2010; Aktenzeichen 2 Ca 2726/09) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 18.03.2010 – 2 Ca 2726/09 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung sowie um Beschäftigung.
Der am …1960 geborene Kläger absolvierte ab dem 01.09.1977 bei der D. Bundespost, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, eine Ausbildung zum Fernmeldehandwerker. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung war der Kläger seit dem 27.08.1980 als Fernmeldehandwerker/ Fachwirt T. bei der D. Bundespost beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag zunächst ein Arbeitsvertrag vom 25.08.1980 über eine Tätigkeit beim Fernmeldeamt L. zugrunde (Anlage K 1 = Bl. 5 d. A.). Der Arbeitsvertrag wurde mehrfach geändert (Höhergruppierung, örtliche Versetzung). Der Kläger war zuletzt auf dem Personalposten Sachbearbeiter Verwaltung Produktion Infrastruktur (Sb V PTI) mit der Aufgabengruppe Produktion PI 12 am Beschäftigungsort L. eingesetzt und in die Entgeltgruppe T 5 gemäß des Entgeltrahmentarifvertrags (ERTV) eingruppiert. Sein durchschnittlicher Bruttomonatsverdienst beträgt 3.683,50 EUR.
Mit Schreiben vom 27.06.2000 (Anlage K = Bl. 10 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er ab diesem Tag die Voraussetzungen des besonderen tariflichen Kündigungsschutzes erfülle. In § 26 Manteltarifvertrag der Deutschen T. AG (MTV) heißt es dazu:
„(2) Den von Absatz 1 erfassten Arbeitnehmern kann nur noch gekündigt werden
- aus wichtigem Grund,
- mit Zustimmung des Betriebsrats aus einem besonderen verhaltensbedingten Grund, der nicht unter Buchstabe a) fällt; verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber die Einigungsstelle anrufen (§ 76 Betriebsverfassungsgesetz),
- bei andauernder Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit, soweit der Arbeitnehmer Ansprüche auf Versorgungsrente aus der VAP, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Vollrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung geltend machen kann und nach Aufforderung durch den Arbeitgeber einen entsprechenden Antrag innerhalb von vier Wochen nicht stellt. Wird ein Antrag fristgerecht gestellt, wird von der Kündigung so lange abgesehen, bis über den Antrag entschieden worden ist, längstens bis zu einem erstinstanzlichen Urteil.
(3) Bei den von Absatz 1 erfassten Arbeitnehmern ist eine ordentliche Kündigung zum Zwecke der Änderung des Arbeitsvertrages nur möglich, wenn
eine Beschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Vertragsbedingungen aus dringenden betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist
oder
der Arbeitnehmer dauernd außerstande ist, seine arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistungen zu erbringen
oder
- ein besonderer verhaltensbedingter Grund vorliegt, den der Arbeitnehmer zu vertreten hat.”
Die Beklagte unterhielt in der Vergangenheit bundesweit acht Betriebe als Technische Infrastruktur Niederlassungen für die Festnetzsparte. Aufgabe der Betriebe war es, die technische Infrastruktur des Unternehmens zu bauen und zu betreiben. Auch die 100%ige Tochter der Beklagten, die V. GmbH (V.) war in diesem Bereich tätig. Der Kläger war seit dem Jahr 2006 der Technischen Infrastruktur Niederlassung N. mit Sitz in H. zugeordnet (vgl. Anlage K 2 = Bl. 8 f. d. A.).
Zum 25.06.2007 gründete die Beklagte aufgrund eines Vorstandsbeschlusses vom 26.02.2007 drei Tochtergesellschaften, darunter die Deutsche T. Netzproduktion GmbH (DT.). Unternehmensgegenstand ist nach dem Handelsregister (Bonn HRB 14190) das objektnahe Bauen und Betreiben von Einrichtungen und Systemen der technischen Infrastruktur im Auftrag der Beklagten. Der Tätigkeitsbereich des Klägers, die Serviceeinheit für Technische Infrastruktur, wurde in dem Zuge auf die DT. ausgegründet. Die operativen Einheiten, also die Tätigkeiten und die damit zusammenhängende Lenkung sowie die hierzu erforderlichen Betriebsmittel, wurden dieser neuen Gesellschaft übertragen. Dem lag der von der Beklagten und der DT. geschlossene Einbringungs- und Übertragungsvertrag zugrunde (Einbringungsvertrag, vgl. Anlage B 4 = Bl. 142 ff. d. A.). Gemäß dessen Ziffer 1.2 waren die operativen Einheiten des gesamten Geschäftsbereichs zu übertragen, also die Tätigkeiten ...