Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliges Verfügungsverfahren. Arbeitsanweisung. Umfang des Direktionsrechts. offensichtliche Rechtswidrigkeit. Unterlassungsanspruch im einstweiligen Verfügungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Die Anweisung an einen Mitarbeiter der „Haustechnik / Hauswirtschaft” in einem Altenheim auch die Appartements der Bewohner – mit Ausnahme der Nasszellen – zu reinigen, ist nicht offensichtlich rechtswidrig. Die Klärung des strittigen Umfangs des Direktionsrechts bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Normenkette
ZPO §§ 935, 940; BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Urteil vom 01.07.2011; Aktenzeichen 4 Ga 13 c/11) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 01.07.2011 – Az.: 4 Ga 13 c/11 – abgeändert und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
2. Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens erster und zweiter Instanz trägt der Verfügungskläger.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wege der einstweiligen Verfügung darum, ob und in welchem Umfang die Verfügungsbeklagte berechtigt ist, den Verfügungskläger zu Reinigungsarbeiten heranzuziehen.
Der 52-jährige Verfügungskläger ist bei der Verfügungsbeklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit September 1990 im Bereich Haustechnik beschäftigt, in welchem neben dem Abteilungsleiter L. fünf weitere Arbeitnehmer tätig sind. Er ist ausgebildeter Tischler. Bei einer 38,5 Stundenwoche verdient er monatlich EUR 2.050,00 brutto. Mit Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die jetzige Verfügungsbeklagte schlossen die Beteiligten am 08.01.2009 einen schriftlichen Formular-Arbeitsvertrag, der – soweit hier von Belang – folgende Regelungen enthält:
„1. Vertragsdauer
Der Arbeitnehmer wird ab 01.02.2009 unbefristet als Mitarbeiter der Haustechnik / Hauswirtschaft eingestellt.
…
3. Arbeitsbereich
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, alle ihm übertragenen Tätigkeiten ordnungsgemäß auszuführen. Im Bedarfsfall ist er verpflichtet auch andere, ihm zumutbare Tätigkeiten (gegebenenfalls auch in einem anderen Betrieb des Trägers) zu übernehmen.
…”
Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses ist der Verfügungskläger mit Arbeiten im Bereich der Technik betraut wie z. B. der Reparatur von Türen, Möbeln der Bewohner, mit Kleinreparaturen, Austausch von Leuchtmitteln, Pflege der Außenanlagen und dabei insbesondere Rasenmähen, Vertikutieren und Laubrechen. Bei Bedarf reinigt er auch mit entsprechenden Spezialgeräten die Teppiche in den Gemeinschaftsräumen bei stellenweiser oder starker Verschmutzung. Außerdem führt er auch Ausbesserungsarbeiten im Bereich des Malerhandwerks durch. Er überwacht die Heizungsanlage auf ihre Funktionsfähigkeit und beauftragt bei Bedarf eine Reparaturfirma. Darüber hinaus ist er den Bewohnern bei dessen Ein-, Aus- oder Umzug innerhalb des Hauses behilflich. In diesen Fällen übernimmt er den Abbau, Transport und Wiederaufbau der Möbel. Seit zwei Jahren, d. h. seit dem Betriebsübergang, ist er im Wesentlichen damit beschäftigt, die von der Verfügungsbeklagten neu angeschafften Küchen einzubauen. Bisher wurden ca. 120 Küchen eingebaut, etwa 18 sind noch einzubauen. Der Verfügungskläger ist mit den ihm übertragenen Aufgaben ausgelastet.
Im Dezember des letzten Jahres teilte die Heimleitung ihm und seinen vier Kollegen mit, sie müssten vorübergehend die Flure und Aufenthaltsräume saugen. Dabei handelt es sich um eine Tätigkeit, die zuvor einer Reinigungsfirma übertragen war. Der Verfügungskläger wies darauf hin, dass er damit nicht einverstanden sei, er diese Tätigkeit aber entgegenkommenderweise und auch nur vorübergehend erledigen werde. Anfang Sommer 2011 teilte der Abteilungsleiter L. dem Verfügungskläger und seinen Kollegen mit, diese seien auch weiterhin – zumindest bis zum Jahresende – für das Reinigen der Flure und Aufenthaltsräume zuständig.
Am 08.06.2011 informierte der Heimleiter J. den Verfügungskläger und seine Kollegen darüber, dass sie beginnend ab 15.06.2011 nunmehr auch Reinigungstätigkeiten in den Wohnbereichen der Bewohner zu übernehmen hätten. Mit Anwaltsschreiben vom 14.06.2011 widersprach der Verfügungskläger dieser Anordnung (Bl. 53 f. d. A.). Am 15.06.2011 verfasste der Heimleiter für den Bereich der „Haustechnik” eine ergänzende Arbeitseinteilung. Hiernach sollte der Verfügungskläger zusätzlich die Grundreinigung und Sichtreinigung in den Wohnbereichen 3 und 4 übernehmen und zwar am Dienstag und Freitag die Grundreinigung und am Montag, Mittwoch und Donnerstag die Sichtreinigung (Bl. 55 d. A.). Zur Grundreinigung zählen Staubsaugen und Staubwischen und zur Sichtreinigung die Leerung der Papierkörbe sowie Entfernung grober Verschmutzungen. Die Nasszellen werden sechsmal wöchentlich von einer externen Firma gereinigt. Die Verfügungsbeklagte veranschlagte für diese Reinigungsarbeiten einen Zeitaufwand von ca. 11 Wochenstunden.
Am 23.06.2011 hat der Verfügungskläger das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren mit dem Eilantrag
der Verfügung...