Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. gesetzliche Absenkung auf 80 %. eigenständige tarifliche Regelung

 

Leitsatz (amtlich)

§ 10 MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer des metallverarbeitenden Handwerks in Schleswig-Holstein i. d. F. vom 26.06./18.07.1990 enthält hinsichtlich der Höhe der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (100%) eine eigenständige Regelung gegenüber § 4 Abs. 1 Satz 1 EFZG.

 

Normenkette

EFZG § 4 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Urteil vom 22.05.1997; Aktenzeichen 2 Ca 1840/96)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 22.05.1997 geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 201,84 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 20.12.1996 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger aus den Monaten Oktober und November 1996 einen Anspruch auf Zahlung restlicher Entgeltfortzahlung für sechs Krankheitstage in Höhe von 201,84 DM brutto gegen den Beklagten hat.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Organisationszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des metallverarbeitenden Handwerks in Schleswig-Holstein in der Fassung vom 26.06./18.07.1990 Anwendung (nachfolgend: MTV), den die Tarifvertragsparteien mit Wirkung vom 01.01.1994 wieder in Kraft gesetzt haben. Der Kläger war im Oktober/November 1996 an sechs Tagen arbeitsunfähig krank. Der Beklagte zahlte ihm für diesen Zeitraum 80 % Entgeltfortzahlung. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Zahlung des Differenzbetrages auf 100 % in Höhe von 201,84 DM brutto.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe gem. § 10 MTV einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe von 100 %, denn diese Vorschrift bilde eine abschließende und eigenständige tarifvertragliche Regelung, die die neue gesetzliche Regelung des § 4 Abs. 1 S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz verdränge.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger DM 201,84 brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 20.12.1996 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen:

In § 10 MTV sei eine konstitutive Regelung nicht enthalten, so daß das Entgeltfortzahlungsgesetz i. F. v. 13.09.1996 mit seiner Kürzung eingreife. In § 10 MTV sei lediglich eine andere als die gesetzlich vorgesehene Bemessungsgrundlage für die Lohn-(Entgelt-)fortzahlung im Krankheitsfall eingeführt worden. Eine Anspruchsgrundlage bilde § 10 MTV nicht.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 22.05.1997 nebst dessen Verweisungen Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat das Zahlungsbegehren des Klägers mit der Begründung abgewiesen, daß § 10 MTV für gewerbliche Arbeitnehmer keine Regelung enthalte, nach der ein Arbeitnehmer im Krankheitsfall einen Anspruch auf 100 % Entgeltfortzahlung habe. Für die Fortgeltung der 100%igen Lohnfortzahlung fehle es bereits an einer entsprechenden Verweisungsnorm als Grundlage einer eigenständigen Regelung in dem MTV. Die Tarifvertragsparteien hätten in § 10 MTV keine Verweisung auf das Lohnfortzahlungsgesetz in der Weise vorgenommen, daß hierdurch eine eigenständige konstitutive Regelung der Höhe der Entgeltfortzahlung getroffen worden wäre. In § 10 MTV sei die Berechnungsgrundlage für verschiedene Fälle der Lohnfortzahlung geregelt. Einen darüber hinausgehenden Regelungswillen enthalte diese Tarifvorschrift nicht. Dieser ergebe sich auch nicht aus der Überschrift des § 10 MTV. Es könne auch nicht nunmehr nach der erfolgten Kürzung der Lohnfortzahlung auf 80 % in § 10 MTV eine statische Verweisung auf das Lohnfortzahlungsgesetz zum Zeitpunkt des Tarifvertragsabschlusses hineininterpretiert werden. Daher bleibe im Rahmen des MTV die Regelung des § 4 Abs. 1 S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz einschlägig, nach der die Höhe der im Krankheitsfall zu leistenden Entgeltfortzahlung 80% betrage.

Gegen dieses ihm am 11.07. zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.08. Berufung eingelegt und diese am 11.09.1997 begründet.

Der Kläger trägt vor:

Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Urteils lasse sich aus § 10 MTV ein tariflicher Anspruch auf 100 %ige Entgeltfortzahlung herleiten. Durch die Bezugnahme auf das Lohnfortzahlungsgesetz in § 10 Ziff. 1 MTV hätten die Tarifvertragsparteien klargestellt, daß sie bei der Regelung der Berechnungsgrundlage vorausgesetzt hätten, daß die Lohnfortzahlung in Höhe von 100 % erfolgen solle. Insoweit sei der Grundsatz der vollen Lohnfortzahlung auch in den MTV aufgenommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 201,84 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 20. Dezember 1996 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor:

Der geltend gemachte Anspruch könne nicht auf § 10 MTV gestützt werden. Diese Vorschrift verhalte s...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge