Entscheidungsstichwort (Thema)
Beendigung des Rechtsstreits durch Vergleich. Übereinstimmende Vereinbarung trotz versteckten Einigungsmangels. Vergleichsbeurkundung als Voraussetzung einer Vereinbarung. Berechnung der Betriebsgröße nach § 23 Abs. 1 KSchG
Leitsatz (redaktionell)
1. Allein die Mitteilung der Parteien an das Gericht, sie hätten sich auf einen bestimmten Vergleich geeinigt und die Einreichung eines Vergleichstexts bei Gericht führen weder zur Beendigung des Rechtsstreits noch zu einem anspruchsbegründenden Prozessvergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO. Erst mit der gerichtlichen Beschlussfassung kommt ein verfahrensbeendender Prozessvergleich zustande.
2. Ein Vergleich ist ein wechselseitiger Vertrag und kommt durch Angebot (Antrag) und Annahme zustande. Gegenstand und Inhalt der Vereinbarung müssen im Angebot so bestimmt oder zumindest bestimmbar sein, dass die Annahme durch ein einfaches "Ja" erfolgen kann. Ein versteckter Einigungsmangel i.S.v. § 155 BGB liegt vor, wenn sich die Erklärung der Parteien trotz gleicher Wortwahl ihrem Inhalt nach gerade nicht decken. In diesem Fall ist die Vereinbarung nur dann zustande gekommen, wenn anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne die Bestimmung über diesen Punkt geschlossen sein würde.
3. Nach der gesetzlichen Auslegungsregel des § 154 Abs. 2 BGB ist bei Vereinbarung einer Vertragsbeurkundung im Zweifel anzunehmen, dass keine Vertragsbindung entsteht, solange die Beurkundung nicht erfolgt ist. Denn nach dieser Vorschrift ist von der Konstitutivität der Beurkundung auszugehen, sie ist nicht nur deklaratorischer Art.
4. Bei der Berechnung der Betriebsgröße nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG sind Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb nur dann zu berücksichtigen, wenn ihr Einsatz auf einem "in der Regel" vorhandenen Personalbedarf beruht. Maßgebend ist die Beschäftigungslage, die im Allgemeinen für den Betrieb kennzeichnend ist.
Normenkette
ZPO § 278 Abs. 6; KSchG § 23 Abs. 1 S. 3; BGB §§ 133, 145, 154 Abs. 2, § 155
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 31.08.2016; Aktenzeichen 3 Ca 262 a/16) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 31.08.2016, Az. 3 Ca 262 a/16, wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
In der Berufungsinstanz streiten die Parteien zuletzt noch darum, ob sich der erstinstanzlich geführte Kündigungsrechtsstreit durch Prozessvergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO , hilfsweise durch außergerichtlichen Vergleich erledigt hat. Nur hilfshilfsweise führt der Kläger den Kündigungsrechtsstreit fort.
Bei der Beklagten handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der I. H. GmbH. Die Beklagte verlegte ihren Betrieb im September/Oktober 2015 von K. nach H.-U.. Im Februar 2016 beschäftigte die Beklagte regelmäßig weniger als zehn Arbeitnehmer. Der 46-jährige Kläger ist mit einem Grad von 40 schwerbehindert. Er war zunächst seit dem 01.10.2009 als Leiharbeitnehmer für die Beklagte tätig und wurde sodann von der Beklagten mit Wirkung ab dem 01.07.2010 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 29.06.2010 als Service Manager eingestellt (Bl. 6 ff. d. A.). Dieses Arbeitsverhältnis kündigte der Kläger mit Schreiben vom 23.04.2013 zum 15.11.2013 (Bl. 127 der Akte). Durch Gesellschafterbeschluss vom 18.06.2013 wurden der Kläger sowie Herr S. zum 01.07.2013 zu Geschäftsführern der Beklagten bestellt und zugleich die Geschäftsführer S. und N. abberufen (Bl. 128 d. A.). Hiernach war der Kläger berechtigt, die Gesellschaft gemeinschaftlich mit einem Prokuristen oder einem weiteren Geschäftsführer zu vertreten. Daraufhin schlossen die Parteien am 26.06.2013 eine Aufhebungsvereinbarung, aufgrund derer sie das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen zum 30.06.2013 auflösten (Bl. 129 d. A.). Am 01.07.2013 schlossen die Parteien einen schriftlichen Geschäftsführervertrag ab (Bl. 14 ff. d. A.). Die Beklagte kündigte diesen Geschäftsführer-Dienstvertrag im November 2015 ordentlich. Im Anschluss daran begründeten die Parteien mit Wirkung ab dem 01.12.2015 erneut ein Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 14.12.2015 (Bl. 20 ff. d. A.). Dieser zweite Arbeitsvertrag enthält folgende Präambel:
"Die Parteien sind miteinander verbunden durch einen gekündigten Geschäftsführervertrag vom 01.07.2013. Dieser Vertrag wird mit Unterschriftsleistung unter diesen Vertrag im gegenseitigen Einvernehmen aufgehoben."
Danach wurde der Kläger ab dem 01.12.2015 als Leiter Konstruktion und Technik beschäftigt zu einem monatlichen Bruttogrundgehalt von 6.500,00 € zzgl. der Privatnutzung eines Dienstfahrzeugs. Eine Probearbeitszeit wurde ausdrücklich nicht vereinbart.
Die Gesellschafterversammlung der Beklagten traf am 10.02.2016 den Beschluss, den "Betrieb in der bisherigen Form" einzustellen, allen Mitarbeitern sowie den Mietvertrag mit der I. I. GmbH fristgerecht zu kündigen (Bl. 137 d. A.). Mit Schreiben vom 16.02.2016 kündigte die Beklagte "das mit Ihnen s...