Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesellenstück. Eigentum. Zerstörung. Schadensersatz

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Vereinbarung, nach der der Auszubildende dem Ausbilder die für das Gesellenstück erforderlichen Materialaufwendungen zu erstatten hat, ist nach §§ 134 BGB, 14 Abs. 1 Nr. 3 BBiG unwirksam.

 

Normenkette

BBiG § 14 Abs. 1 Nr. 3; BGB § 812 Abs. 1, §§ 950, 280

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 29.06.2005; Aktenzeichen 4 Ca 2565 b/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 29.06.2005 – 4 Ca 2565 b/04 – teilweise abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 713,78 EUR nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2004 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob der Kläger Anspruch auf Entschädigung für die Vernichtung einer vom Kläger als Gesellenstück angefertigten Holztür hat.

Der Kläger war in der Zeit vom 01.08.2002 bis zum 31.08.2003 als Auszubildender für den Beruf des Tischlers im Betrieb des Beklagten beschäftigt. Im Juni 2003 begann er, eine Holztür als Gesellenstück zu fertigen. Das Material dafür kaufte der Kläger bei verschiedenen Händlern im Namen des Beklagten ein. Die gesamten Materialkosten beliefen sich auf 713,78 EUR. Die Tür konnte jedoch nicht rechtzeitig zur Prüfung fertiggestellt werden und war daher nicht als Gesellenstück geeignet. Am 29.08.2003 stellte der Kläger seine Arbeit an der Tür ein und brach die Gesellenprüfung ab. Er hat sie später erfolgreich nachgeholt.

Die Tür verblieb in unfertigem Zustand – es fehlten zu dieser Zeit noch die Montage der Drückergarnitur, das Einsetzen der Scheiben und die Lasierung – im Betrieb des Beklagten. Da der Kläger die Tür für seine private Wohnung verwenden wollte, vereinbarte er mit dem Beklagten, diesem die Materialkosten für die Tür zu ersetzen. Im Laufe des Septembers 2003 mahnte der Beklagte beim Kläger die Zahlung der Materialkosten an. Der Kläger zahlte daraufhin am 30.09.2003 einen Betrag von 713,78 EUR an den Beklagten. In dem Zeitraum September/Oktober 2003 hielt sich der Kläger zweimal im Betrieb des Beklagten auf. Anlässlich eines Umbaus der Werkstatt des Beklagten im Oktober und November 2003 wurde die Tür ins Freie gestellt, wo sie durchnässte und später vernichtet wurde.

Mit Schreiben vom 13.07. und 12.08.2004 forderte der Kläger vom Beklagten Schadensersatz für die vernichtete Tür, und zwar

Materialkosten

713,78 EUR

Lohnkosten i.H.v.

756,00 EUR,

die für eine vergleichbare Tür in dem Zustand seines unfertigen Gesellenstücks aufzuwenden wären, Umsatzsteuer i.H.v.

120,96 EUR

Rechtsanwaltskosten i.H.v.

86,45 EUR,

gesamt

1.677,19 EUR.

Der Beklagte mit Schreiben vom 21.08.2004 Zahlungen abgelehnt. Daraufhin hat der Kläger am 28.9.2004 Klage erhoben.

Der Kläger hat behauptet, er habe mit dem Beklagten anlässlich des Abbruchs der Gesellenprüfung am 29.08.2003 vereinbart, dass die Tür von diesem noch ein halbes Jahr in dessen Betriebsräumen für ihn, den Kläger, aufbewahrt werden sollte. Auch habe der Beklagte ihn, den Kläger, zu keiner Zeit dazu aufgefordert, die unfertige Tür aus den Betriebsräumen abzuholen.

In rechtlicher Hinsicht hat der Kläger ausgeführt, der Beklagte sei ihm aus Verletzung eines über die Tür abgeschlossenen Verwahrungsvertrages und wegen Verletzung von aus dem Ausbildungsverhältnis nachwirkenden Aufbewahrungspflichten schadensersatzpflichtig. Weiterhin folge ein solcher Anspruch auch aus Delikt.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.677,19 EUR nebst Zinsen aus 1.590,74 EUR i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2004 sowie Zinsen aus 86,45 EUR i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat einen Verwahrvertrag bestritten und behauptet, er habe den Kläger nach Abbruch der Ausbildung mehrfach vergeblich dazu aufgefordert, die unfertige Tür aus seinen, des Beklagten, Betriebsräumen zu entfernen. Bei der Tür habe es sich um einen verpfuschten Flügelrahmen im Holzwert von 60,00 EUR gehandelt.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 29.6.2005 die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe nicht dargetan, dass zwischen den Parteien ein Verwahrungsvertrag über die Aufbewahrung der Tür zustande gekommen sei. Zum Zeitpunkt der Zerstörung der Tür hätten auch keine aus dem Berufsausbildungsverhältnis nachwirkenden Pflichten zur Aufbewahrung für den Beklagten mehr bestanden. Ein deliktischer Schadensersatzanspruch des Klägers bestehe auch nicht, da dieser es versäumt habe, sich um die Abholung seines Gesellenstücks zu kümmern. Auch habe er die einzelnen Eigentumsbestandteile nicht im Einzelnen benannt, deren Verletzung er geltend mache.

Dieses Urteil ist dem Kläger am 12.7.2005 zugestellt worden. Am 12....

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