Entscheidungsstichwort (Thema)
Equal-Pay. mehrgliedriger Tarifvertrag. Bezugnahmeklausel. Transparenzgebot. Ausschlussfristen. Wirksamkeit der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag;Fälligkeit der Ansprüche von Leiharbeitnehmern auf Equal-Pay
Leitsatz (amtlich)
1. Die formularmäßige Bezugnahme auf den mehrgliedrigen Tarifvertrag zwischen der AMP und diversen "kleineren" Gewerkschaften in einem Arbeitsvertrag ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.
2. Differenzvergütungsansprüche der Leih-Arbeitnehmer nach den Grundsätzen des equal-pay sind mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarungen zur Lohnfälligkeit am Monatsende fällig. Dann beginnen auch etwaige wirksam vereinbarte individualvertragliche Ausschlussfristen zu laufen.
3. In den Fällen, in denen im Arbeitsvertrag die oben genannten mehrgliedrigen Tarifverträge in Bezug genommen sind, kommt es auf die Entscheidung des BAG zur Tariffähigkeit der CGZP vom 14.12.2010 nicht an. Deswegen führt ein etwaiger Glaube des Arbeitnehmers an die Tariffähigkeit der CGZP auch nicht zu einem unverschuldeten Rechtsirrtum, der für ihn die Einhaltung der vertraglichen Ausschlussfristen unzumutbar machte.
Normenkette
AÜG (i.d.F. bis 29.4.2011) § 10 Abs. 4; AÜG (i.d.F. bis 29.4.2011) § 9 Nr. 2; AÜG § 10 Abs. 4 a.F., § 9 Nr. 2 a.F.
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 10.11.2011; Aktenzeichen 52 Ca 127 a/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 10.11.2011 - 52 Ca 127 a/11 - teilweise geändert:
Die Klage gegen die Beklagte zu 2) wird abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn teilweise geändert und zur Klar- stellung wie folgt gefasst:
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger Vergütungs- differenzen für die Monate Oktober 2010 bis Januar 2011 in Höhe von 2.204,59 € brutto zu zahlen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten zu 1) wird zurück- gewiesen.
Von den Kosten erster Instanz tragen der Kläger 78 % und die Beklagte zu 1) 22 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht Ansprüche auf Vergütung nach den Grundsätzen des "Equal-Pay" geltend.
Er war vom 01.03.2010 bis zum 31.08.2010 bei der Beklagten zu 2) und ab dem 01.09.2010 bis zum 31.01.2011 bei der Beklagten zu 1) beschäftigt.
Der Arbeitsvertrag mit der Beklagten zu 2) (Bl. 59 - 64 d. A.) enthielt u. a. folgende Regelungen:
Der gesamte Arbeitsvertrag richtet sich nach dem umfassenden Tarifwerk (Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag West) der "Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP)" und dem "Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP)" in der jeweils gültigen Fassung.
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§ 13 Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen
Unabhängig von den tarifvertraglichen Ausschlussfristen vereinbaren die Parteien individualvertraglich Folgendes:
1. Beide Arbeitsvertragsparteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend machen.
2. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten. Diese Ausschlussfrist gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.
Unter dem 29.03.2010 unterzeichneten der Kläger und die Beklagte zu 2) eine Änderungsvereinbarung (Bl. 57 f. d. A.), die u. a. Folgendes regelte:
Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) einerseits und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - Die Berufsgewerkschaft e. V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB), medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) andererseits abgeschlossenen Tarifverträge, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag, Manteltarifvertrag für die Auszubildenden, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifverträge West und Ost sowie Beschäftigungssicherungstarifvertrag, in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.
Der Arbeitsvertrag mit der Beklagten zu 1) (Bl. 48 - 56 d. A.) enthielt u. a. folgende Vereinbarungen:
§ 2 Anwendbare Tarifverträge
1. Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) einerseits und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - Die Berufsgewerkschaft e. V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD...