Entscheidungsstichwort (Thema)
Stellenausschreibung. Öffentlicher Dienst. Schwerbehinderter, Auswahlverfahren. Diskriminierung. Entschädigungsanspruch. Arbeitgeber. Passivlegitimation
Leitsatz (redaktionell)
Der Entschädigungsanspruch eines Schwerbehinderten nach § 81 Abs. 1 SGB IX i.V.m. § 81 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX richtet sich gegen den Arbeitgeber. Wird eine Klage gegen einen Nichtarbeitgeber erhoben, so ist die Klage gegen diesen abzuweisen.
Normenkette
SGB IX § 81 Abs. 1, 2 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Flensburg (Urteil vom 16.02.2006; Aktenzeichen ö.D. 2 Ca 1632/05) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 16.02.2006 – öD. 2 Ca 1632/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger eine Entschädigung wegen einer Diskriminierung als Schwerbehinderter bei der Einstellung gemäß § 81 Abs. 2 SGB IX zu zahlen hat.
Der Kläger ist Schwerbehinderter mit einem GdB von 60. Er hat ein Studium zur Wirtschaftsinformatik an der Fernuniversität H… absolviert und an diversen Zusatzausbildungen teilgenommen; wegen der weiteren Einzelheiten seiner Qualifikationen wird auf die eingereichten Bewerbungsunterlagen des Klägers (Bl. 7 – 41 d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte, eine untere Landesbehörde und rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts, schrieb nach zunächst erfolgter interner Stellenausschreibung am 08.01.2005 extern die zum 01.03 oder 15.03.2005 zu besetzende Stelle einer/eines DV-Systembetreuerin/DV-Systemsbetreuers in der Zentralen Hochschulbibliothek aus. Es handelte sich um eine Stelle nach der Vergütungsgruppe IVb BAT mit einer monatlichen Vergütung von ca. 2.500,00 EUR brutto. In der Ausschreibung werden ausdrücklich auch Bewerbungen von Schwerbehinderten ohne Anstellung beim Land Schleswig-Holstein zugelassen. Wegen des weiteren Inhalts der Ausschreibung und der in ihr festgelegten Anforderungen für die Stelle wird auf die Stellenausschreibung Bl. 31 d.A. Bezug genommen. Durch Schriftsatz vom 10.02.2006 hat der Kläger als Anlage K 9 (Bl.86 d.A.) eine Auflistung vorgelegt, die nach der Behauptung des Klägers lediglich einen Teil seiner Kenntnisse darstellen.
Der Kläger hatte sich bereits auf die interne Stellenausschreibung mit Schreiben vom 15.12.2004 bei der Beklagten unter Vorlage des Schwerbehindertenausweises beworben. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 12.01.2005 mit, dass seine Bewerbung als Bewerbung auf die außerdienstliche Ausschreibung angesehen werde.
Auf die Stellenanzeige gab es 99 Bewerbungen, davon 7 von Schwerbehinderten. Die Beklagte beteiligte im Auswahlverfahren sowohl den Schwerbehindertenvertreter Herrn J… als auch den Personalrat und die Frauenbeauftragte, denen die Bewerbungsunterlagen sämtlicher Bewerber übergeben wurden. 6-7 Bewerber wurden zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Davon war ein Bewerber schwerbehindert.
Mit Schreiben vom 14.03.2005 der Beklagten erhielt der Kläger eine Absage. In dem Schreiben (Abl. B. 32 d.A.) teilte die Beklagte mit, dass, da nur eine Stelle zu besetzen gewesen sei, ein Auswahlverfahren habe stattfinden müssen. Das Auswahlgremium, das u.a. aus dem Personalrat, der Frauenbeauftragten und dem Schwerbehindertenvertreter bestanden habe, habe sich einstimmig für einen der qualifizierten Mitbewerber entschieden. Eine weitere Begründung der Ablehnung erfolgte in dem Schreiben vom 14.03.2005 nicht.
Mit Schreiben vom 17.05.2005 begehrte der Kläger erstmals erfolglos eine angemessene Entschädigung von der Beklagten wegen Verstoßes gegen §§ 81,82 SGB IX. Dieses Begehren verfolgt der Kläger mit seiner am 10.11.2005 erhobenen Leistungsklage weiter.
Er hat vorgetragen:
Die Beklagte habe ihn bei der Bewerbung wegen seiner Behinderung benachteiligt. Dafür sprächen mehrere Umstände. Er sei weder zum Vorstellungsgespräch eingeladen noch eingestellt worden, obwohl er für die ausgeschriebene Stelle fachlich geeignet gewesen sei. Die Beklagte als Arbeitgeberin des öffentlichen Dienstes sei gemäß § 82 SGB IX verpflichtet gewesen, ihn zum Vorstellungsgespräch zu laden, zumal ihm diese Teilnahme bereits telefonisch zugesagt gewesen sei. Nur offensichtlich ungeeignete Bewerber, die unter keinem Gesichtspunkt geeignet seien und zu denen er nicht gehört habe, könnten ausgelassen werden. Er sei auch bereits deshalb als geeignet für die ausgeschriebene Stelle anzusehen, da die Ablehnung vom 14.03.2005 entgegen § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX ohne hinreichende Begründung erfolgt sei. Er besitze auch tatsächlich die entsprechenden Qualifikationen, wie sich aus den eingereichten Bewerbungsunterlagen ergebe. Aus allen diesen Umständen ergebe sich die Vermutung, dass er wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden sei. Diese sei zumindest ein Motiv dafür gewesen, ihn nicht zum Bewerbungsgespräch einzuladen und nicht einzustellen.
Er halte 11.000,00 EUR angemessen, da er davon ausgehe, dass er bei ordnungsgemäßem Ablauf des Bewerbungsverfahrens ei...