Revision / Rechtsbeschwerde / Revisionsbeschwerde zugelassen nein

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 14.06.1982; Aktenzeichen 4 Ca 1098/82)

 

Tenor

Das Urteil das Arbeitsgerichts Lübeck vom 14.6.1982 wird geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Der Streitwert wird auf 600,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beklagte ist seit Jahren Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Metallindustrie Hamburg-Schleswig-Holstein e. V. Sie gewährt ihren Arbeitnehmern, unabhängig davon, ob diese gewerkschaftlich organisiert sind oder nicht, zumindest die in den Tarifverträgen der Metallindustrie vorgesehenen Leistungen. Der Kläger ist Italiener; er wurde am 4.1.1982 von der Beklagten eingestellt. Am 16.4.1982 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis „fristgerecht zum 23.4.1982” mit der Begründung auf, daß der Kläger eine zu hohe Anzahl von Fehltagen habe.

Der Kläger hat vorgetragen, daß die Kündigung vom 16.4. zum 23.4.1982 nicht fristgemäß sei; das Arbeitsverhältnis habe mit Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von 14 Tagen mit Ablauf des 30.4.1982 geendet.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß durch die Kündigung der Beklagten vom 16.4.1982 das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht mit Ablauf des 23.4.1982, sondern mit Ablauf des 30.4.1982 endete.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen: Sie habe das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 23.4.1982 aufgekündigt. Die tarifliche Kündigungsfrist von einer Woche sei durch betriebliche Übung zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden.

Das Arbeitsgericht Lübeck hat der Klage durch Urteil vom 14.6.1982 mit der Begründung stattgegeben, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der 14 – tägigen Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 2 BGB mit dem 30.4.1982 geendet habe; denn die Parteien hätten die tarifliche Kündigungsfrist von einer Woche nicht zum Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses gemacht. Eine tarifliche Regelung, die ungünstiger als die gesetzliche sei, müsse ein Arbeitnehmer nur dann gegen sich gelten lassen, wenn sie ihm bei Abschluß des Vertrages bekannt gewesen sei und aus seinem Verhalten hervorgehe, daß er sie gegen sich gelten lassen wolle.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung und zur weiteren Sachdarstellung wird auf das angefochtene Urteil nebst seinen Verweisungen Bezug genommen.

Gegen das ihr am 19.7.1982 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6.8.1982 Berufung mit Begründung eingelegt.

Die Beklagte trägt vor: Aufgrund einer betrieblichen Übung müsse der Kläger die tariflichen Regelungen gegen sich geltend lassen, mithin auch die Kündigungsfrist von einer Woche. Wollte man die tarifliche Regelung nicht in ihrer Gesamtheit anwenden, wäre eine Gleichbehandlung der Arbeitnehmer im Betrieb der Beklagten nicht durchführbar. Durch die Übernahme von Tarifverträgen mittels betrieblicher Übung solle gerade die Voraussetzung dafür geschaffen werden, alle Arbeitnehmer im Betrieb gleich zu behandeln. Im übrigen sei die Berufung des Klägers darauf, daß ihm die tarifliche Regelung über die Kündigungsfrist nicht bekannt gewesen sei, rechtsmißbräuchlich. Der Kläger habe während der mehrere Monate andauernden Beschäftigung Gelegenheit gehabt, sich nach den genauen Bedingungen seines Arbeitsverhältnisses zu erkundigen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor: Aufgrund der Vertragsfreiheit müßten die Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses einzelvertraglich vereinbart werden. Es gehe nicht an, für einzelne Arbeitnehmer tarifliche Regelungen nur deshalb anzuwenden, weil die Mehrheit der Belegschaft sie übernommen habe. Zweifelhaft sei im übrigen, ob die angeblichen tarifvertraglichen Vorteile den Nachteil aufwögen, der durch die verkürzte Kündigungsfrist für einen nichtorganisierten Arbeitnehmer entstehe. Gerade ein nichtorganisierter Arbeitnehmer müsse auf einen für ihn günstigen Kündigungsschutz Wert legen. Auch wenn durch eine tarifvertragliche Regelung die Arbeitnehmer eines Betriebes gleichbehandelt werden sollten, sei es nicht ausgeschlossen, einzelne von ihnen besser zu stellen; hierfür könnten im Einzelfall viele Gründe sprechen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszuge wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG zugelassene Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hatte sie Erfolg.

Die erkennende Berufungskammer ist entgegen dem angefochtenen Urteil der Auffassung, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 16.4.1982 mit Ablauf der tariflichen Kündigungsfrist von einer Woche zum Wochenschluß am 23.4.1982 geendet hat – § 14 Nr. 2.1 Manteltarifvertrag zwischen dem Arbeitgeberverband der Metallindustrie Hamburg-Schleswig-Holstein e. V. Hamburg, pp. und der Industriegewer...

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