Entscheidungsstichwort (Thema)
ruhendes Arbeitsverhältnis. Geschäftsführervertrag. Schriftform. Aufhebung des Arbeitsvertrages. Entgelthöhe
Leitsatz (amtlich)
1. Im Zweifel liegt im Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrages durch einen leitenden Angestellten die konkludente Aufhebung seines bisherigen Arbeitsverhältnisses.
2. Zur Wahrung der Schriftform
Normenkette
BGB § 623
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Urteil vom 29.09.2005; Aktenzeichen 1 Ca 1572/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 29.09.2005 – 1 Ca 1572/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis fortbestand bzw. besteht, nachdem der Kläger zwischenzeitlich zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt worden war.
Der Kläger trag ab 01.06.2001 in die Dienste des J. K. Verlages (nachfolgend: JK-Verlag) als Produktionsleiter ein. Inhaber des Verlages war J. K. Die Tätigkeit erfolgte aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 5 – 7 d.A.).
Am 25.06.2002 wurde der Gesellschaftsvertrag über die Errichtung der Beklagten notariell beurkundet und der Kläger zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Das Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von EUR 26.000,– übernahm Frau P. K. Die Beklagte wurde am 01.07.2002 in das Handelsregister eingetragen. Sie übernahm die Geschäfte des JK-Verlags im Wege des Betriebsübergangs. Der Kläger schloss am 01.07.2002 mit der Beklagten, vertreten durch ihre Alleingesellschafterin P. K., einen Anstellungsvertrag als Geschäftsführer. Als Vergütung vereinbarten die Vertragsparteien monatlich 3.728,17 EUR. Dies war jener Betrag, den der Kläger zuvor bereits beim JK-Verlag verdient hatte. Weiterhin heißt es in § 4, der Anstellungsvertrag sei unbefristet. Er ende aber für den Fall der dauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers mit dem Ende des Quartals, in dem die dauernde Arbeitsunfähigkeit festgestellt werde. In § 6 vereinbarten die Parteien ein Wettbewerbsverbot und in § 7 Abs. 1 heißt es, Nebenabreden zu diesem Vertrag bestünden nicht.
Mit Schreiben vom 19.05.2005 kündigte die Beklagte das „Geschäftsführer-Arbeitsverhältnis” aus wichtigem Grund fristlos und hilfsweise fristgerecht. Über die Rechtmäßigkeit dieser Kündigung streiten die Parteien vor dem Landgericht Lübeck. Mit weiterem Schreiben vom 28.06.2005, dem Kläger am 02.07.2005 zugegangen, kündigte die Beklagte vorsorglich ein etwaiges Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise fristgerecht zum nächstzulässigen Termin.
Der Kläger meint, mit seiner Bestellung zum Geschäftsführer und mit Abschluss des Anstellungsvertrages sei das vorherige Arbeitsverhältnis nicht beendet worden. Er macht die Unwirksamkeit der vorsorglich ausgesprochenen Kündigungen geltend.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass zwischen den Parteien bis zum 02.07.2005 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 28.06.2005, zugegangen am 02.07.2005, weder fristlos noch fristgerecht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, das Arbeitsverhältnis mit dem JK-Verlag sei mit dem Geschäftsführervertrag aufgehoben worden. Dafür spreche eine tatsächliche Vermutung. Einem Arbeitnehmer in einer leitenden Position müsse regelmäßig klar sein, dass er – wenn anderes nicht ausdrücklich vereinbart worden sei – mit dem Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrages mit einer anderen Gesellschaft seinen sozialen Besitzstand aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis aufgebe. Die Vergütungshöhe in dem neuen Geschäftsführerverhältnis gebe nicht den entscheidenden, sondern nur einen von mehreren Aspekten für die Beantwortung der Frage, ob das bisherige Arbeitsverhältnis beendet wurde. Zu berücksichtigen seien auch Hoffnungen auf zukünftige günstige wirtschaftliche Entwicklungen einerseits oder ein erhöhtes Sozialprestige andererseits. Der Aufhebungsvertrag sei auch formwirksam abgeschlossen worden. Auch wenn der Geschäftsführeranstellungsvertrag keine ausdrückliche Regelung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses beinhalte, so sei doch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass sich die Parteien entsprechend der vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten tatsächlichen Vermutung auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verständigt hätten. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag selbst wahre die Form des § 623 BGB.
Der Kläger hat gegen das ihm am 18.10.2005 zugestellte Urteil am 15.11.2005 Berufung eingelegt und diese am 14.12.2005 mit Fax und am 16.12.2005 mit Originalschriftsatz begründet.
Der Kläger trägt vor: Das Arbeitsgericht habe die Rechtsnorm des § 623 BGB verkannt. Durch die Schriftform sollen dem Arbeitnehmer die rechtlichen Folgen seines Handelns klar aufgezeigt worden. Gleichzeitig solle Rechtssicherheit geschaffen werden, ob ei...