Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitteilungsfrist zur Geltung der versicherungsrechtlichen Lösung für Betriebsrentenansprüche bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Unbegründete Klage auf Zahlung einer betrieblichen Erwerbsunfähigkeitsrente bei unterlassener Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist nach dem Sinn und Zweck der Norm als ausreichend, wenn der Arbeitgeber die nach § 2 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG geforderte Erklärung der versicherungsrechtlichen Lösung gegenüber dem Arbeitnehmer und dem Versicherer bereits vorbehaltlos während des Bestands des Arbeitsverhältnisses abgibt.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gilt nach der Versorgungsordnung bezüglich der Unverfallbarkeit der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente die versicherungsrechtliche Lösung, durch die der Mitarbeiterin bei Beendigung des Dienstverhältnisses die Rechtsstellung der Versicherungsnehmerin eingeräumt wird, und bleibt der Anspruch auf eine betriebliche Erwerbsunfähigkeitsrente im Falle einer erst nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eintretenden Erwerbsunfähigkeit nach dieser Regelung nur dann erhalten, wenn die Arbeitnehmerin die Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen innerhalb der letzten drei Monate nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis beantragt hat, erlöschen Anwartschaftsrechte auf den Bezug einer betrieblichen Erwerbsunfähigkeitsrente, wenn die Arbeitnehmerin keinen dementsprechenden Antrag stellt und die Versicherung auch nicht mit eigenen Beiträgen fortsetzt.

2. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG kann die Arbeitgeberin ihr "Verlangen" zur Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung nur innerhalb von drei Monaten seit dem Ausscheiden der Arbeitnehmerin dieser und dem Versicherer mitteilen; die Wahl der versicherungsrechtlichen Lösung wird daher nur wirksam, wenn die entsprechende Erklärung nicht nur dem Versicherer, mit dem die Arbeitgeberin einen Versicherungsvertrag abschließt, sondern auch der Arbeitnehmerin zugeht.

3. Zur Einhaltung der Frist des § 2 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG reicht es aus, wenn die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin bereits während des Bestands des Arbeitsverhältnisses, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach dessen Ausscheiden, vorbehaltlos mitteilt, dass die versicherungsrechtliche Lösung gilt; die Fristbestimmung dient dem Zweck, der Arbeitnehmerin Klarheit über die Rechtsfolgen in Bezug auf ihre Betriebsrentenansprüche bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verschaffen, so dass dieser Normzweck auch dann erfüllt ist, wenn die Arbeitnehmerin bereits im laufenden Arbeitsverhältnis oder bei Vertragsbeginn darüber informiert wird, dass für die Betriebsrente die versicherungsvertragliche Lösung gilt.

 

Normenkette

BetrAVG § 2 Abs. 2 Sätze 2-3

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Entscheidung vom 30.01.2014; Aktenzeichen 2 Ca 630/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.05.2016; Aktenzeichen 3 AZR 794/14)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 30.01.2014, Az.: 2 Ca 630/13, wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Klägerin als ausgeschiedene Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Erwerbsunfähigkeitsrente nach der betrieblichen Versorgungsordnung zusteht.

Die Beklagte ist deutsche Repräsentantin der internationalen M. Mobility, einem weltweit tätigen Hersteller von Mobiltelefonen. Die am ....1958 geborene Klägerin war vom 01.01.1978 bis zum 30.09.2008 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Firma M. GmbH, in ihrem Werk in F. beschäftigt. Am 30.12.1994 schlossen die Betriebsparteien des F. Werkes eine Betriebsvereinbarung zur Versorgungsordnung (künftig: VersO) mit - soweit hier von Belang - folgenden Regelungen (Bl. 9 ff. d.A.):

"4.3 Berufsunfähigkeitsrente

4.3.1 Anspruchsberechtigung

Ein Mitglied oder ehemaliges Mitglied, dass eine am oder nach dem 01.01.1995 eingetretene Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit im Sinne der §§ 43, 44 SGB VI nachweist und deshalb sein Dienstverhältnis beendet, hat Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente (zur Definition der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit wird auf die Anlage zu diesem Pensionsplan verwiesen). Tritt die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente vor dem 01.01.1995 ein, so wird keine solche Rente aus dieser Versorgungsordnung fällig.

4.3.2 Rentenhöhe

Die jährliche Berufsunfähigkeitsrente hat die gleiche Höhe wie die Altersrente, die das Mitglied bezogen hätte, wenn es bis zum normalen Altersrentenbeginn in den Diensten der Firma gestanden hätte und sowohl das zum Zeitpunkt des Ausscheidens gültige durchschnittliche Entgelt als auch die dazugehörige durchschnittliche Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung unverändert geblieben wären.

Bei ehemaligen Mitgliedern mit unverfallbaren Anwartschaften, die nicht unter 6.4 fallen, hat die Berufsunfähigkeitsrente die gleiche Höhe wie die unverfallbare Anwartschaft auf Altersrente.

4.3.3 ...

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