Entscheidungsstichwort (Thema)
Streit über die Zahlung einer Vertragsstrafe wegen der Ansprache an einen Mandanten der ehemaligen Arbeitgeberin. Zulässigkeit einer beschränkten Mandantenschutzklausel gegenüber einer Steuergehilfin. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Leitsatz (amtlich)
1. Es ist fraglich, ob eine - karenzentschädigungslose - beschränkte Mandantenschutzklausel gegenüber einer Steuergehilfin auf Basis der aktuell geltenden BoStB überhaupt vereinbart werden kann.
2. Jedenfalls stellt die bloße Bitte an einen Mandanten der ehemaligen Arbeitgeberin um nochmalige Übersendung einer E-Mail mit einer Beurteilung über die Qualität der Arbeitsleistung erkennbar keine Ansprache zum Zwecke der Abwerbung dar.
3. Das Verbot jeglicher Ansprache von Mandanten kann über eine beschränkte Mandantenschutzklausel nicht wirksam erfolgen.
Normenkette
GewO § 110 S. 2; HGB § 74 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 14.02.2024; Aktenzeichen 5 Ca 624 c/23) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 14. Februar 2024 - 5 Ca 624 c/23 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Vertragsstrafe.
Die Beklagte war vom 23. August 2016 bis zum 31. Dezember 2022 bei der Klägerin zuletzt auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 24. Januar 2019 (Anlage zur Klagschrift Bl. 3 ff. dA. erster Instanz) als Steuerfachangestellte in Teilzeit für ein Bruttomonatsgehalt iHv. zuletzt EUR 1.500,- beschäftigt.
§ 13 des Arbeitsvertrags lautet:
"§ 13 Mandantenschutz
Zugunsten der Firma Steuerberater B. B. & Partner wird Mandantenschutz vereinbart. Die Mitarbeiterin verpflichtet sich insoweit weder unmittelbar noch mittelbar und sowohl während der Laufzeit dieses Vertrages als auch in der Zeit nach Beendigung dieses Vertrages, für einen Zeitraum von zwei Jahren, weder in eigenem noch im Namen eines Dritten geschäftlichen Kontakt oder Geschäftsbeziehungen mit Mandanten von der Firma Steuerberater B. B. & Partner aufzunehmen, mit denen die Firma bis zum Ausscheiden der Mitarbeiterin in Kontakt steht. Für jedes Vergehen wird eine pauschale Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 EUR je Verstoß vereinbart. Der Nachweis eines höheren Schadens bleibt dem Arbeitgeber vorbehalten. Der Nachweis eines geringeren Schadens bleibt dem Arbeitnehmer vorbehalten. Dies gilt nicht für Mandanten, die die Mitarbeiterin der Kanzlei zugeführt hat."
Die Parteien führten einen weiteren Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Elmshorn zu dem Aktenzeichen 5 Ca 386 c/23. In dem Rechtsstreit stritten die Parteien über Rückzahlung von Fortbildungskosten nach beendetem Arbeitsverhältnis und über ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen aus ihrer Sicht erforderlicher Zeugnisberichtigung.
In diesem Zusammenhang schrieb die Beklagte unter dem 3. April 2023 Herrn F. per E-Mail an. Herr M. F. sowie die dazugehörige GmbH waren schon länger Mandanten der Klägerin und wurden während der Laufzeit des Arbeitsvertrages durch die Beklagte betreut. Die E-Mail (Anlage zum Beklagtenschriftsatz vom 24. Mai 2023, Bl. 22 d. A.) lautet wie folgt:
"Sehr geehrter Herr F.,
wie Sie wissen, bin ich seit Anfang diesen Jahres nicht mehr in der Kanzlei B. & P. beschäftigt. Sie hatten mir im Dezember 2022 eine nette E-Mail zum Abschied geschrieben, in der Sie Ihre Zufriedenheit zu meiner Arbeit geäußert hatten. Leider kann ich auf mein Arbeitspostfach nicht mehr zugreifen, weshalb ich Sie fragen wollte, ob Sie so nett wären, und mir die E-Mail von damals einmal an meine private Adresse: ...@....de weiterleiten könnten.
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen A. B."
Herr F. antwortete der Beklagten noch unter dem gleichen Tag mit dem Betreff "Re: Gehälter Dezember 2022" (Anlage K 1, Bl. 12 dA. erster Instanz). Diese reichte die E-Mail im Verfahren zu dem Aktenzeichen 5 Ca 386 c/23 mit Schriftsatz vom 28. April 2023 zu den Akten. In der E-Mail heißt es:
"Hallo Frau B.,
ich hoffe sehr, es geht Ihnen gut, Sie konnten sich in der neuen Kanzlei etwas einleben und es gefällt Ihnen auch.
Klar kann ich Ihnen die Mail zuschicken;) (siehe unten) und ich hoffe, es ist die Richtige. Denn die Mail enthält ja nur einen Satz, der auch genau so gemeint war.
Eine andere Mail konnte ich nicht ausfindig machen.
Lassen Sie es sich gut gehen und melden Sie sich gerne, wenn ich Ihnen mit einer Empfehlung helfen kann.
Herzliche Grüße
M. F."
Angehängt war der Text einer E-Mail, in der es heißt:
"...
Danke für die gute Zusammenarbeit, die tatsächlich noch nie so problemlos ablief.
Viel Erfolg für die Zukunft.
MfG ..."
Mit Schriftsatz vom 10. Mai 2023, bei Gericht am gleichen Tage per ERV eingegangen und der Beklagten am 19. Mai 2023 zugestellt, machte die Klägerin gegenüber der Beklagten deshalb eine Vertragsstrafe iHv. EUR 5.000,- klageweise geltend. § 13 des Arbeitsvertrags sei wirksam. Es sei als beschränkte Mandantenschutzklausel, die keine Vereinbarung einer Karenzentschädigung erfordere, auszulegen jedenfalls unte...