Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Urteil vom 25.09.1991; Aktenzeichen 5b Ca 944/91) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 25.09.1991 – 5b Ca 944/91 – geändert.
Es wird festgestellt, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17.04.1991 sozial ungerechtfertigt ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen fristgemäßen Kündigung.
Der Kläger ist Diplompädagoge mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium. Er ist 40 Jahre alt, ledig und kinderlos. Er hat bei der Stadt B. S. die Planstelle 81/91 inne und nahm dort zusammen mit einer Bankkauffrau die „Schuldnerberatung” mit einer Vergütung gem. IV b BAT als Angestellter wahr.
Mit Schreiben vom 17. April 1991, dem Kläger am gleichen Tage zugegangen, sprach die Beklagte durch den Magistrat die fristgemäße Kündigung zum 30. Juni 1991 aus betrieblichen Gründen aus. Gleichzeitig wurde dem Kläger angeboten, bei der Beklagten weiterhin in einem anderen Sachgebiet des Sozialamtes gegen eine Vergütung nach V b BAT weiter zu arbeiten. Der Kläger hat diese Änderung unter dem Vorbehalt, daß die Kündigung nicht sozial ungerechtfertigt ist, am 18. April 1991 angenommen.
Der Kündigung des Klägers liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Am 17. Januar 1991 wurde in der Magistratsitzung zu TOP 3 beschlossen, „im Hinblick auf die angespannte Finanzlage der Stadt” die Planstelle 81 bei der Schuldnerberatung zu streichen. Der Personalrat wurde über diese Maßnahme am 21. Januar 1991 informiert. Am 31. Januar 1991 hat die Stadtverordnetenversammlung (SVV) den vom Magistrat vorgelegten Stellenplan ohne die Planstelle 81/91 beschlossen. Unter Hinweis auf die Stellenstreichung beantragte der Magistrat am 6. Februar 1991 schriftlich die Zustimmung des Personalrats zu den erforderlichen Kündigungen u. a. der Kündigung gegenüber dem Kläger.
Der Personalrat erwiderte auf diesen Antrag am 15. Februar 1991 ebenfalls schriftlich und stimmte der Kündigung des Klägers nicht zu. Er vertrat die Auffassung, daß die vom Kläger besetzte Stelle auch weiterhin im Geschäftsverteilungsplan vorhanden sei. Die Aufgaben müßten also weiterhin erfüllt werden. Das sei nur möglich, wenn entsprechend Personal vorgehalten werde. Die Auswirkungen der Stellenstreichung seien weder bekannt noch abgewogen worden. Der Bürgermeister und der Magistrat hätten gegenüber der SVV unterlassen, hierauf hinzuweisen.
Am 28. Februar 1991 faßte der Magistrat gleichwohl den Beschluß, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aus betrieblichen Gründen fristgerecht zu kündigen und für den Fall einer Nichteinigung mit dem Personalrat die Einigungsstelle anzurufen. Am 7. März 1991 erörterte der Magistrat die Angelegenheit erneut mit dem Personalrat, der jedoch endgültig seine Zustimmung zu der Kündigung des Klägers verweigerte.
Am 7. März 1991 faßte der Magistrat auf Antrag der CDU-Fraktion den Beschluß, „die Entscheidung über die Kündigung der Mitarbeiter K. und R. wird auf die SVV übertragen. Die Angelegenheit ist auf die Tagesordnung der SVV am 31.03.1991 zu setzen”. Auf Antrag des Hauptamtes setzte der Bürgermeister die Angelegenheit auf die Tagesordnung der Sitzung der SVV am 21. März 1991. Gleichzeitig unterrichtete der Magistrat den Personalrat über den gefaßten Beschluß und teilte mit, dieser könne nun seine Rechte nach § 83 MBG ausüben.
Am 21. März 1991 wurde die Personalangelegenheit als TOP auf die Tagesordnung der SVV gesetzt. In der Sitzung vom gleichen Tage stellte die SPD-Fraktion den Antrag, den TOP wieder abzusetzen.
Dieser Antrag wurde von der SVV abgelehnt. Danach faßte die SVV den Beschluß, dem Kläger die Kündigung auszusprechen verbunden mit dem Angebot eines Änderungsvertrages.
Der Magistrat unterrichtete am 26. März 1991 den Innenminister als Kommunalaufsichtsbehörde über die gefaßten Beschlüsse. Hierauf antwortete der Innenminister als Fachaufsichtsbehörde dem Magistrat am 21. Mai 1991 dahingehend, daß die SVV die dem Magistrat übertragene Entscheidung jederzeit an sich zurückziehen könne. Die ausgesprochene Kündigung sei also wirksam, da es sich um eine zurückgeholte „wichtige Angelegenheit” gehandelt habe. In dem Schreiben heißt es u. a. (Bl. 27/28 d. A.):
Mit der Beschlußfassung am 21.03.1991 hat die Stadtverordnetenversammlung auch die Entscheidung wirksam an sich gezogen. Zwar entspricht das im vorliegenden Fall gewählte Verfahren nicht dem üblichen und normalerweise zu beachtenden Verfahrensablauf, wonach nicht der Magistrat eine ihm übertragene Entscheidung auf die Stadtvertretung zurücküberträgt, sondern die Stadtvertretung diese an sich ziehen muß. Das bedeutet, daß im Grunde eine Initiative der Stadtvertretung in der Form eines besonderen Heranziehungsbeschlusses vorliegen muß (so auch Galette, Kommentar zur Gemeindeordnung, Anm. 5 zu § 27 GO). Ich habe aller...