Entscheidungsstichwort (Thema)
Angestellter. Erwerbsunfähigkeitsrente. Fortsetzung der Tätigkeit. Vergütung. Rückforderung. faktisches Arbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
Ist einem Angestellten wegen Erwerbsunfähigkeit eine Rente bewilligt worden und setzt der Angestellte seine Tätigkeit für den Arbeitgeber über ein Jahr lang fort, so ist das Arbeitsverhältnis nicht gem. § 59 Abs. 1 S. 1 BAT beendet worden. Ansprüche des Arbeitgebers auf Rückzahlung der geleisteten Vergütung bestehen nicht.
Normenkette
BAT § 59 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Urteil vom 09.08.1995; Aktenzeichen 5 (4a) Ca 341/95) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 09.08.1995 geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, für die Zeit vom 01.04.1993 bis 30.04.1994 erhaltene Vergütung in Höhe von insgesamt 23.643,25 DM brutto an die Klägerin zurückzuzahlen.
Der am 28.02.1935 geborene Beklagte war als Güteprüfer für allgemeinen Maschinenbau bei der Klägerin angestellt; seit dem 01.01.1991 erhielt er seine Vergütung nach der VergGr. III Fallgr. 2 c der Anlage 1 a zum BAT. Aufgrund seines Antrags vom 28.01.1993 wurde dem Beklagten mit Bescheid der Seekasse vom 23.02.1993 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Dauer ab dem 01.02.1993 bewilligt. Über diesen Rentenbescheid unterrichtete der Beklagte die Klägerin nicht; er setzte seine Tätigkeit fort und erhielt die vertraglichen Leistungen. Erstmals am 07.04.1994 teilte er der Beklagten mündlich und am 12.04.1994 schriftlich mit, daß er Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe. Der Kläger stellte seine Tätigkeit mit dem 12.04. ein; bis zum 30.04.1994 erhielt er seine Vergütung.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Da der Beklagte seiner Verpflichtung nach § 59 Abs. 1 S. 2 BAT, seinen Arbeitgeber über die Zustellung des Rentenbescheides unverzüglich zu unterrichten, nicht nachgekommen sei, sondern erstmals am 07.04.1994 mündlich erklärt habe, daß er eine Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe, habe das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich erst mit Ablauf des 12.04.1994 beendet werden können. In der Zeit vom 01.04.1993 bis zum 12.04.1994 habe der Kläger die tariflichen Leistungen insoweit ohne Rechtsgrund erhalten, als sie keinen unmittelbaren Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellten. Aus technischen Gründen habe er für die Zeit vom 13.04. bis 30.04.1994 Vergütung erhalten, obwohl er keine Arbeitsleistung mehr erbracht habe. Für die Zeit vom 01.04.1993 bis 12.04.1994 müsse er Urlaubsgeld, Urlaubsvergütung, Krankenbezüge, Zuwendung 1993, vermögenswirksame Leistungen sowie den Zuschuß zur Krankenversicherung
in Höhe von insgesamt |
19.805,65 DM brutto |
zurückzahlen, ferner für die Zeit vom 13.04. bis 30.04.1994 die überzahlte
Vergütung in Höhe von |
3.837,60 DM, |
insgesamt |
23.643,25 DM brutto. |
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, DM 23.643,25 nebst 7 % Zinsen seit dem 06.12.1994 gem. Mahnbescheid vom 19.01.1995 zuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen:
Die Rückforderung sei unberechtigt, da er seine Arbeitsleistung bis zum 12.04.1994 erbracht habe; außerdem sei die Forderung gem. § 70 BAT verfallen, schließlich sei er gutgläubig entreichert.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 09.08.1995 nebst dessen Verweisungen Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat dem Zahlungsbegehren der Klägerin mit der Begründung entsprochen, daß der Beklagte verpflichtet sei, den geltend gemachten Betrag in vollem Umfang nach den §§ 812 ff. BGB zurückzuzahlen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien gem. § 59 Abs. 1 S. 1 BAT mit Ablauf des Monats März 1993 geendet habe und lediglich als faktisches Arbeitsverhältnis fortgesetzt worden sei. Dem Beklagten habe lediglich ein Anspruch auf Ersatz des Wertes der geleisteten Arbeit zugestanden, der der tariflichen Vergütung nebst Zulagen entspreche. Zurückzuzahlen habe der Beklagte daher Urlaubsgeld 1993, Urlaubsvergütung für 15 Urlaubstage 1993 und 22 Urlaubstage 1994, Krankenbezüge für die Zeit vom 18.11. bis 06.12.1993, die Zuwendung 1993 zu 9/12, ferner vermögenswirksame Leistungen für die Zeit vom 01.04.1993 bis 12.04.1994, schließlich den Zuschuß zur Krankenversicherung.
Gegen dieses ihm am 15.09. zugestellte Urteil hat der Beklagte am 27.09. Berufung eingelegt und diese am 25.10.1995 begründet.
Der Beklagte trägt vor:
Entgegen dem angefochtenen Urteil schulde er nicht Rückzahlung der geltend gemachten Beträge. Die Prämisse des § 59 BAT sei nicht gegeben; schon außergerichtliche habe er vorgetragen, daß er zwar zunächst aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit den Rentenantrag gestellt habe, nachdem sich jedoch sein gesundheitlicher Zustand verbessert habe, habe er das Arbeitsverhältnis wieder aufgenommen. Dennoch se...