REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE / ZUGELASSEN NEIN
Entscheidungsstichwort (Thema)
fristlose Kündigung. Feststellung
Leitsatz (amtlich)
Wenn ein Arbeitnehmer, der sich krankschreiben läßt und deshalb seine Tätigkeit nicht ausführt, gleichwohl seine Arbeit im Rahmen eines weiteren Arbeitsverhältnisses verrichtet, so kann der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit nicht tätig ist, den Verdacht haben, daß die Krankheit nur vorgetäuscht ist, zumindest aber, daß der Arbeitnehmer nicht alles tut, um seine Arbeitsfähigkeit unverzüglich wieder herzustellen.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Urteil vom 06.03.1985; Aktenzeichen 4 Ca 3063/84) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 6. März 1985 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Für den Sach- und Streitstand in erster Instanz wird gemäß § 543 ZPO auf das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 6. März 1985 nebst seinen Verweisungen Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage der Klägerin mit der Begründung abgewiesen, daß die Tätigkeit der Klägerin während ihrer Arbeitsunfähigkeit in einem zweiten Beschäftigungsverhältnis geeignet gewesen sei, den Verdacht der Beklagten zu erregen, daß die ihr gegenüber behauptete krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht sei; hierdurch sei das Vertrauen in die Redlichkeit der Klägerin zerstört worden.
Gegen dieses ihr am 11. April 1985 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. Mai 1985 Berufung eingelegt und diese am 5. Juni 1985 begründet.
Die Klägerin trägt vor:
Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe während ihrer Krankschreibung anderweitige Dienstleistungen verrichtet, und zwar bei dem Arzt Dr. W., treffe nicht zu. Während ihrer Arbeitsunfähigkeit habe sie in der Praxis nicht gereinigt, sondern sei durch ihre Mutter vertreten worden. Außerdem sei die Klägerin 3 Tage vor Ausspruch der Kündigung im Kreiskrankenhaus Bad Oldesloe stationär behandelt worden. Schließlich bestätigten sämtliche Angestellte der Praxis Dr. W. und auch der Arzt selbst, daß die Klägerin in den Monaten November und Dezember 1984 nicht in der Praxis gereinigt habe.
Im übrigen habe das Arbeitsgericht mit keinem Wort dargelegt, weshalb die Klägerin, selbst wenn sie in der Praxis Dr. W. tätig gewesen wäre, gegen irgendeine arbeitsvertragliche Pflicht verstoßen hätte.
Nach alledem sei die Beklagte am 12. Dezember 1984 nicht berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis fristlos aufzukündigen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Lübeck vom 06.03.1985 (Az.: 4 Ca 3063/84) festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Berufungsklägerin (Bk.) durch die Berufungsbeklagte (Bb.) vom 12. Dezember 1984 aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die Klägerin sei nicht 3 Tage vor Ausspruch der fristlosen Kündigung im Kreiskrankenhaus Bad Oldesloe stationär zur Behandlung gewesen. Daß die Mitarbeiter der Praxis Dr. W. die Klägerin nicht beim Säubern der Praxis angetroffen hätten, sei nicht verwunderlich; denn die Klägerin habe ihre Arbeit nicht während des Praxisbetriebes, sondern außerhalb der Praxisdienststunden verrichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszuge wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitend gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Gemäß Beweisbeschlüssen vom 27. Februar 1986 sowie vom 21. März 1986 ist Beweis erhoben worden. Auf die schriftliche Auskunft des Dr. med. L. vom 6. März 1986 – Bl. 67 d.A. – sowie die Niederschrift über die Vernehmung der Zeugin Frau M. C. – Bl. 72–74 d.A. – wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache konnte sie jedoch keinen Erfolg haben.
Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage der Klägerin zu Recht abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung und der Beweisaufnahme ist auch die Berufungskammer der Auffassung, daß die Beklagte am 12. Dezember 1984 berechtigt war, das Arbeitsverhältnis der Klägerin fristlos aufzukündigen.
Die Beklagte konnte, wie das erstinstanzliche Urteil zutreffend ausführt, am 12. Dezember 1984 den Verdacht haben, daß die seit dem 3. Dezember 1984 krankgeschriebene Klägerin die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nämlich davon auszugehen, daß die Klägerin in der Zeit vom 3. Dezember 1984 bis 12. Dezember 1984 hinsichtlich der Tätigkeit in der Praxis Dr. W. nicht von ihrer Mutter vertreten worden ist. Die Zeugin Frau M. C. hat die Klägerin zwar bei den Reinigungsarbeiten in der Praxis Dr. W. vertreten, nämlich 5 Tage vor dem Krankenhausaufenthalt, 2 Tage danach und auch während des ungefähr 2-tägigen Krankenhausaufenthalts. Die Klägerin war aber, wie sich aus der schriftlichen Auskunft d...