REVISION ZUGELASSEN JA
Entscheidungsstichwort (Thema)
Freizeitausgleich-Nachgewährung bei Arbeitsunfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Ist für den Arbeitnehmer im Bereich des MTV für den Einzelhandel Schleswig-Holstein der Zeitraum für den Freizeitausgleich gem. § 5 MTV festgelegt und wird der Arbeitnehmer danach in dem vorgesehenen Zeitraum arbeitsunfähig krank, hat er keinen Anspruch auf Nachgewährung der Freizeit.
2. Das gilt jedenfalls dann, wenn die zu § 5 MTV erlassene Betriebsvereinbarung bei der Berechnung der Arbeitszeit und des Freizeitausgleichs von 52 Wochen im Jahr ausgeht, ohne daß sich urlaubsbedingte oder krankheitsbedingte Abwesenheiten auf die Berechnung auswirken.
Normenkette
MantelTV für den Einzelhandel Schleswig-Holstein § 5
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Urteil vom 19.11.1987; Aktenzeichen 3b Ca 1267/87) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 19. November 1987 geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt die Gewährung von Freizeit wegen Überschreitung der Jahressollarbeitszeit und wegen Ableistung von Überstunden.
Die Klägerin ist bei der Beklagten als Restaurantkassiererin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis sind die Tarifverträge des Einzelhandels Schleswig-Holstein anzuwenden. § 5 des Manteltarifvertrags regelt mit Wirkung ab 01. Januar 1986 die Arbeitszeitverkürzung im Einzelhandel. Nach Ziffer 1 beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließiich der Pausen 38,5 Stunden. Abweichend hiervon kann durch Betriebsvereinbarung eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bis zu 40 Stunden vereinbart werden. Nach Ziffer 2 ist eine von Ziffer 1 abweichende Einteilung der regelmäßigen Arbeitszeit (Mehr- oder Minderarbeit an einem Werktag oder in einer Woche) zulässig, wenn innerhalb von 52 Wochen die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemäß Ziffer 1 nicht überschritten wird. Die Tarifvertragsparteien haben zu § 5 eine Protokollnotiz vereinbart, die u. a. wie folgt lautet:
Die aus Anlaß der Arbeitszeitverkürzung entstehende zusätzliche Freizeit ist in Betrieben mit Betriebsrat durch Betriebsvereinbarung zu regeln. Diese Freizeit soll nicht zur Pausenverlängerung führen und kann auf Wochenbasis zusammengefaßt werden im Rahmen einer
sechs-Wochen oder
Quartals- oder
Jahresplanung
im voraus geregelt werden. Abweichende Betriebsvereinbarungen sind möglich; dabei darf die regelmäßige Arbeitszeit im Durchschnitt eines Kalenderjahres 38,5 Stunden wöchentlich nicht überschreiten.
Die Beklagte und der bei ihr gebildete Betriebsrat haben am 12. Dezember 1985 eine Betriebsvereinbarung aus Anlaß der Arbeitszeitverkürzung abgeschlossen (Kopie Bl 22/23 d. A.). In der Vereinbarung wird von einer jährlichen Regelarbeitszeit von 2002 Stunden (38,5 Stunden wöchentlich mal 52 Wochen) ausgegangen und der Ausgleich der darüberhinaus gehenden Jahresarbeitszeit durch Gewährung von sechs zusätzlichen freien Tagen geregelt. Für die Mitarbeiter des Restaurantbereiches besteht eine gesonderte Vereinbarung (Kopie Bl. 8 d. A.); auch in dieser Vereinbarung gehen die Betriebsparteien von einer Jahres-Soll-Arbeitszeit von 2002 Stunden aus. Die Differenz zwischen der Jahres-Ist-Arbeitszeit von 2075,30 Stunden und der Jahres-Soll-Arbeitszeit wird durch Gewährung von sechs Tagen Freizeit zusätzlich und weiterem Zeitausgleich geregelt.
Der Klägerin standen nach der Vereinbarung für den Restaurantbereich 71 1/2 Stunden Freizeit zu, außerdem hat die Klägerin 15 1/2 Überstunden geleistet, die ebenfalls durch Freizeit ausgeglichen werden sollten. Die Parteien vereinbarten, daß sie vom 10. August 1987 an 80 Stunden Freizeit erhalten sollte. Am 10. August 1987 erlitt die Klägerin im Betrieb der Beklagten einen Unfall, aufgrund dessen sie für 14 Tage arbeitsunfähig krank war. Sie zeigte die Arbeitsunfähigkeit der Beklagten umgehend an, ohne daß allerdings eine verbindliche Regelung über den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit während der Freizeitgewährung besteht. Nach Rückkehr der Klägerin weigerte sich die Beklagte, die Klägerin erneut für 80 Stunden von der Arbeit freizustellen.
Die Klägerin hat hierzu vorgetragen: Die Beklagte sei weiterhin verpflichtet, ihr die Freizeit zu gewähren. Die Beklagte habe für die geleisteten Mehrarbeitsstunden Sonderurlaub gewährt. Zudem verstoße die Anweisung der Beklagten, ihre Freizeit nicht in Blockfreizeit je Quartal zu nehmen, gegen § 87 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG und sei nichtig.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin 80 bis zum 09. August 1987 angefallene Mehrarbeitsstunden in bezahlter Freizeit abzugelten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen: Die Gewährung bezahlter Freizeit sei auch bei Erkrankung der Klägerin möglich gewesen. Auch ein Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG liege nicht vor, da insoweit die Betriebsvereinbarung für den Restaurantbereich einschlä...