Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersteilzeit. Altersteilzeit: Benachteiligung aufgrund des Alters. Gleichbehandlungsgrundsatz
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Überprüfung eines Altersteilzeitbegehrens ist im Rahmen der Billigkeit gemäß § 315 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der ablehnenden Entscheidung durch den Arbeitgeber und nicht auf den Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen.
2. Die in § 2 Anlage 17 AVR enthaltene altersbezogene Differenzierung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Bei der Differenzierung handelt es sich um eine nach § 10 AGG gerechtfertigte Ungleichbehandlung.
Normenkette
AVR DCV § 2 Anlage 17
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Urteil vom 24.09.2009; Aktenzeichen ö. D. 5 Ca 1111 a/09) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 24.09.2009, Az.: ö. D. 5 Ca 1111 a/09, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages.
Die am …1951 geborene Klägerin ist seit dem 01.05.1997 in dem von der Beklagten betriebenen St. in K., zuletzt als stellvertretende Stationsleiterin, tätig. Sie arbeitet in Teilzeit und bezieht derzeit ein durchschnittliches monatliches Bruttogehalt in Höhe von EUR 2.577,00. Auf das Arbeitsverhältnis sind die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) anzuwenden.
In der Anlage 17 der AVR sind die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Altersteilzeit – soweit hier von Belang – wie folgt geregelt:
Präambel
Mit dieser Regelung soll älteren Menschen ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglicht und damit Auszubildenden, Ausgebildeten und Arbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet werden.
§ 1 Geltungsbereich
Diese Regelung gilt für Mitarbeiter, die als Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ihre Arbeitszeit auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes (ATG) in der jeweils geltenden Fassung vermindern.
§ 2 Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit
(1) Der Dienstgeber kann mit vollbeschäftigten Mitarbeitern, die
(a) das 55. Lebensjahr vollendet haben
(b) eine Beschäftigungszeit (§ 11 AT AVR) von fünf Jahren vollendet haben und
(c) innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeit mindestens an 1080 Kalendertagen in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gestanden haben,
in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Altersteilzeitarbeit auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes ein Altersteilzeitdienstverhältnis vereinbaren; das Altersteilzeitdienstverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein.
(2) Mit Mitarbeitern, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, soll auf deren Antrag ein Altersteilzeitdienstverhältnis vereinbart werden. Der Antrag ist drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitdienstverhältnisses zu stellen; von dieser Frist kann einvernehmlich abgewichen werden.
(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitdienstverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegen stehen; diese liegen insbesondere vor, wenn durch das Altersteilzeitdienstverhältnis finanzielle Mittel Dritter (kirchliche und öffentliche Zuwendungen, Leistungen der Sozialleistungsträger) gemindert werden oder die Grenze des § 3 Abs. 1 Nr. 3 AtG überschritten wird.
…”
Mit Schreiben vom 24.09.2008 beantragte die Klägerin eine fünfjährige Altersteilzeit im Blockmodell vom 01.05.2009 bis zum 30.04.2014, d. h. dem Beginn ihrer vorgezogenen Altersrente (Bl. 12 d. A.). Die Beklagte teilte ihr mit Schreiben vom 28.10.2008 mit, dass sie nach einer ersten Prüfung formal die Voraussetzungen für die Altersteilzeit erfülle, sodass der geplante Zeitraum möglich wäre (Bl. 13 d. A.). Mit Schreiben vom 20.04.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Altersteilzeit ab, da die finanzielle Belastung durch die zu zahlenden Aufstockungsbeträge nicht tragbar seien (Bl. 14 d. A.).
Die Klägerin hat mit der am 08.06.2009 erhobenen Klage ihr Begehren auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses weiterverfolgt und im Laufe des Verfahrens mit Schreiben vom 14.07.2009 gegenüber der Beklagten beantragt, mit ihr ab dem 01.11.2009 ein Altersteilzeitdienstverhältnis auch im Teilzeitmodell abzuschließen (Bl. 3 d. BA. = ö.D. 5 Ca 1550 a/09). Die Beklagte lehnte auch diesen Antrag mit Schreiben vom 28.07.2009 ab (Bl. 4 d. BA.).
Die Klägerin hat behauptet,
der kaufmännische Direktor der Klinik, der Zeuge M., habe ihr eine mündliche Zusage auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erteilt. Dieser habe ihr gegenüber erklärt, dass er nicht umhin komme, ihren Antrag zu genehmigen. Dies stehe auch in seinem Ermessen. Dies stehe auch im Einklang mit dem Schreiben...