Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörung. Betriebsrat. Kündigung. ordentlich. Kündigungsfrist
Leitsatz (amtlich)
Die Anhörung des Betriebsrats zu einer ordentlichen Kündigung ist nicht i. S. v. § 102 BetrVG mangelhaft, wenn der Arbeitgeber die Kündigung mit anderer Kündigungsfrist erklärt, als sie dem Betriebsrat zuvor mitgeteilt worden war (Kündigung mit längerer gesetzlicher Kündigungsfrist anstelle einer dem Betriebsrat mitgeteilten kürzeren tariflichen Kündigungsfrist)
Normenkette
BetrVG § 102
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Urteil vom 14.07.1994; Aktenzeichen H 5d Ca 262/94) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 14. Juli 1994 – H 5d Ca 262/94 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Gründe
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten.
Wegen des Sach- und Streitstandes, wie er in I. Instanz zur Entscheidung angestanden hat und wegen der Gründe, die zur Klagabweisung geführt haben, wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufung wird auf den Inhalt ihrer in der II. Instanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil ist zulässig. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet worden. Die Berufung konnte in der Sache aber keinen Erfolg haben.
Das Landesarbeitsgericht schließt sich den überzeugenden Entscheidungsgründen im angefochtenen Urteil an und verweist zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf diese ausdrücklich (§ 543 Abs. 1 ZPO).
Die Angriffe der Berufung geben keinen Anlaß, von dieser Entscheidung abzuweichen.
Der Umstand, daß die Beklagte im Anhörungsschreiben vom 11.12.1993 dem Betriebsrat u. a. mitgeteilt hat, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers fristgemäß zum 28.02.1994 gekündigt werden soll, sie jedoch mit Schreiben vom 23.12.1993 die Kündigung zum 30.04.1994 erklärt hat, führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Anhörung der Beklagten ist gleichwohl nicht zu beanstanden.
§ 102 BetrVG fordert vom Arbeitgeber, dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Die unterschiedlichen Anhörungsfristen des § 102 Abs. 2 BetrVG zwingen den Arbeitgeber darüber hinaus, dem Betriebsrat davon Mitteilung zu machen, ob er eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung beabsichtigt. Bei den Kündigungsgründen handelt es sich um die Umstände, die die Kündigung erforderlich machen. Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers geht daher nicht noch auf die Angabe der konkreten Kündigungsfrist. Eine solche Angabepflicht kann auch nicht grundsätzlich aus § 102 Abs. 3 BetrVG abgeleitet werden; nur dann hätte die Mitteilung der Kündigungszeitpunkte auch einen Sinn. Im übrigen müßte eine gesetzliche Vorschrift, die, wie § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG an die fehlende Anhörung die Folge der Unwirksamkeit der Kündigung knüpft, eine derartige Mitteilungspflicht auch ausdrücklich postulieren. Daran fehlt es.
Demgemäß hat das Bundesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß die Unterrichtung des Betriebs- bzw. Personalrats von einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung gem. § 102 Abs. 1 BetrVG bzw. § 72 BPersVG nicht allein deshalb fehlerhaft ist, weil der Arbeitgeber eine unrichtige Kündigungsfrist oder einen unrichtigen Endtermin angegeben hat, zu dem die Kündigung wirksam werden kann (BAG Urt. v. 29.01.1986 – 7 AZR 257/84 – in NZA 1987 S. 32 f.). Der Arbeitgeber braucht nicht einmal Angaben zu machen, wenn er die Kündigung alsbald nach Abschluß des Anhörungsverfahrens zum nächstmöglichen Termin aussprechen will. Die Unrichtigkeit diesbezüglicher Angaben führt, darin folgt die Kammer dem Bundesarbeitsgericht, nicht zur Unwirksamkeit des Anhörungsverfahrens nach § 102 Abs. 1 BetrVG, denn aufgrund dieser Vorschriften braucht der Arbeitgeber dem Betriebsrat nur seine subjektiven Vorstellungen hinsichtlich der beabsichtigten Kündigungsmaßnahme mitzuteilen; entsprechen diese Vorstellungen nicht der objektiven Rechtslage, so mag die Kündigung zu einem anderen Zeitpunkt wirken, zur Fehlerhaftigkeit des Anhörungsverfahrens führt die Unrichtigkeit jedoch nicht (BAG in NZA 1987 auf S. 33).
Das Bundesarbeitsgericht hat zwar in einer späteren Entscheidung die Angabe der Kündigungsfrist als zur ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats gehörend gewertet (Urt. v. 29.03.1990 – 2 AZR 420/89 –). Jene Entscheidung ist auf den vorliegenden Fall aber deshalb nicht anzuwenden, weil die Besonderheit jenes Rechtsstreits die Mitteilung der Kündigungsfristen unerläßlich machte. Das Bundesarbeitsgericht hat in jener Entscheidung das damit begründet, daß sonst durch den Betriebsrat nicht habe festgestellt werden können, bei welchen Arbeitnehmern die Änderungskündigung jenes Rechtsstreits den Weihnachtsgeldanspruch 1988 überhaupt noch habe erfassen können; habe der Betriebsrat aber nicht gewußt, wann und in welchem Umfang die angestrebte Weihnachtsgeldreduzierun...