Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung. beharrliche Arbeitsverweigerung. Direktionsrecht. Zurückbehaltungsrecht. Arbeitsverweigerung und Zurückbehaltungsrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Eine beharrliche Arbeitsverweigerung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer trotz mehrfacher Aufforderung durch den Arbeitgeber bewusst und nachhaltig der Arbeitspflicht nicht nachkommt.
2. Eine beharrliche Verletzung der Arbeitspflicht rechtfertigt in der Regel eine außerordentliche Kündigung, zumindest aber den Ausspruch einer Abmahnung.
3. Eine vertragswidrige Arbeitsverweigerung liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer die Arbeit nicht aufnimmt, weil ihm ein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung nach § 273 Abs. 1 BGB zusteht. Ein Zurückbehaltungsrecht setzt einen fälligen Gegenanspruch voraus.
4. Der Arbeitnehmer darf von einem bestehenden Zurückbehaltungsrecht nur in den Grenzen von Treu und Glauben Gebrauch machen. Danach darf der Arbeitnehmer unter anderem die Arbeit nicht verweigern, wenn
- der Lohnrückstand verhältnismäßig gering ist,
- nur eine kurzfristige Zahlungsverzögerung zu erwarten ist,
- dem Arbeitgeber ein unverhältnismäßig großer Schaden entstehen kann oder
- der Lohnanspruch auf andere Weise gesichert ist (LAG Köln, Urt. v. 19.05.1999 – 2 Sa 1149/98 –).
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1, §§ 242, 273 Abs. 1; BetrVG § 77 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Urteil vom 04.03.2004; Aktenzeichen 3 Ca 2611 e/03) |
Tenor
1. Die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Elmshorn vom 4. März 2004, Az.: 3 Ca 2611 e/03, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Entfernung einer Abmahnung aus seiner Personalakte.
Der 53-jährige Kläger ist bei der Beklagten seit dem 13.03.1978 als Ladeschichtarbeiter beschäftigt. Laut Arbeitsvertrag kann er mit allen Arbeiten betraut werden, die seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen. Im Juni 2002 und Juni 2003 rechnete die Beklagte für den Kläger „Prämien Pappm.”, d. h. für dessen Einsatz in der Schweißbahnanlage, ab (Bl. 20 – 21 d. GA.).
Die Betriebsparteien schlossen am 19.06.2003 eine Betriebsvereinbarung über die Höhe der Prämienberechnung ab 01.07.2003 (im Folgenden: BV-Prämien). Nach lit. A BV-Prämien erhalten u. a. Mitarbeiter in Schweißbahnschichten Prämienzahlungen, deren Höhe in lit. B 2. BV-Prämien festgelegt ist. Ladeschichtarbeiter erhalten hiernach grundsätzlich keine Prämien. In lit. H BV-Prämien ist für deren Einsatz in den in lit. A aufgeführten Produktionsschichten Folgendes geregelt (Bl. 5 – 6 d. GA.):
„Prämien die von Ladeschichtarbeitern erbracht werden, werden nicht an den jeweiligen Mitarbeiter ausgezahlt. Die zu zahlenden Prämien werden auf einem Konto gesammelt und ½ jährlich jeweils zum 01.06. und 01.12. jeden Jahres, gleichmäßig an alle Ladeschichtarbeiter verteilt.”
Diese BV-Prämien löste die Betriebsvereinbarung vom 23.05.2002 ab, die ab 01.06.2002 galt; wegen des Inhalts wird auf Bl. 74 – 75 d. GA. verwiesen.
Am 07.08.2003 wurde der Kläger von seinem Vorgesetzten aufgefordert, an der Schweißbahnanlage auszuhelfen. Der Kläger lehnte diese Arbeitszuweisung mit der Begründung ab, weil er für Tätigkeiten an der Schweißbahnanlage keine persönlichen Prämienzahlungen mehr erhalte. Mit Schreiben vom 11.08.2003 erteilte die Beklagte dem Kläger wegen der Arbeitsverweigerung vom 07.08.2003 eine Abmahnung (Bl. 4 d. GA.).
Wegen des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Das Arbeitsgericht Elmshorn hat die Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte abgewiesen. Die Arbeitszuweisung in der Schweißbahnschicht sei vom arbeitsvertraglichen Direktionsrecht gedeckt gewesen. Auch habe der Kläger kein Leistungsverweigerungsrecht gehabt. Entscheidend sei nur, dass die Beklagte auch nach der BV-Prämien nach wie vor an die Ladeschichtarbeiter für deren Arbeit in der Schweißbahnschicht Prämien zahle. Ob sich die Änderung der Prämienzahlungen für den Kläger nachteilig auswirken würde, habe der Kläger am 07.08.2003 noch gar nicht feststellen können.
Gegen dieses ihm am 13.04.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.05.2003 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 14.07.2004 am 14.07.2004 begründet.
Der Kläger trägt vor,
ausweislich der eingereichten Abrechnungen habe die Beklagte ihm für Sondertätigkeiten bei der Fertigung von Schweißbahnen in der Vergangenheit Prämien individuell und monatlich abgerechnet. Die Parteien hätten damit geregelt und vereinbart, dass der Kläger einen Anspruch darauf habe, dass ihm am Monatsende nach Maßgabe der von ihm geschuldeten Stundensätze und Zuschläge/Prämien die Vergütung gezahlt wird. In eine getroffene Vergütungsregelung könne durch eine Betriebsvereinbarung nicht zulasten des Arbeitnehmers eingegriffen werden. Es unterliege auch keinem Zweifel, dass er aufgrund der BV-Prämien deut...