REVISION ZUGELASSEN JA

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Feiertagsvergütung. Streikende vor Feiertag. Wiederaufleben der suspendierten Arbeitspflicht. Mitteilungspflicht von Streikende

 

Leitsatz (amtlich)

Ein gewerkschaftlich geführter Streik laßt den Anspruch auf die Feiertagsvergütung unberührt, wenn die Arbeitsniederlegung am letzten Arbeitstag vor dem Feiertag endet und der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung am ersten Tag nach dem Feiertag vertragsgemäß anbietet. Der Vergütungsanspruch entfällt nicht dadurch, daß die Gewerkschaft den Streik weder gegenüber dem Tarifpartner noch dem bestreikten Arbeitgeber vor dem Feiertag für beendet erklärt.

 

Normenkette

LFZG § 1 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Husum (Urteil vom 15.01.1985; Aktenzeichen 1 Ca 757/84)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Husum vom 15. Januar 1985 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht an sie abgetretene Lohnansprüche der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer Elke B. und Hartmut S. in Höhe von 281,12 DM brutto geltend.

Für den Sach- und Streitstand in erster Instanz wird gemäß § 543 ZPO auf das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Husum vom 15.01.1985 nebst seinen Verweisungen Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat dem Zahlungsbegehren der Klägerin mit der Begründung entsprochen, daß die Beklagte gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 Gesetz zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen verpflichtet sei, die Vergütung für den 11.06.1984 zu zahlen; denn ohne den Feiertag an diesem Tage wäre sie zur Lohnzahlung verpflichtet gewesen.

Gegen dieses ihr am 21.01.1985 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18.02.1985 Berufung eingelegt und diese, nachdem die Begründungsfrist am 18.03. bis zum 30.04.1985 verlängert worden war, am 30.04.1985 begründet.

Die Beklagte trägt vor:

Die Auffassung des erstinstanzlichen Urteils, daß der Arbeitgeber für Feiertage, die in Arbeitskampfzeiten fielen, immer die Arbeitsvergütung zu zahlen habe, sei falsch. Es beziehe sich dabei auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.07.1982, das jedoch erkennbar eine andere Fallgestaltung betreffe; dort sei es um die Auslegung des § 1 Abs. 1 S. 2 LFZG gegangen, während im vorliegenden Fall nach § 1 Abs. 1 S. 1 LFZG zu subsumieren sei. Für das Arbeitsgericht habe es nahegelegen, die Frage zu prüfen, ob die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer während eines Streiks nur an Feiertagen wieder auflebten, und zwar dergestalt, daß nur der Arbeitgeber die Vergütungsleistung zu erbringen habe; dafür hätte zumindest fingiert werden müssen, daß der Arbeitnehmer an diesem Tag keinen Lohnausfall gehabt habe, wenn es sich nicht um einen Feiertag handeln würde. Tatsächlich seien jedoch die gegenseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis während des Arbeitskampfes suspendiert. Es gebe also gar keinen Ausfall i. S. des Gesetzes zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen. Zumindest hätten die Zedenten die Nichtzahlung von Lohn selber bewirkt. Die Vergütungsleistung nach den Vorschriften dieses Gesetzes setze eine Kausalität – Feiertag = Ausfall der Arbeitsleistung – voraus, die im vorliegenden Fall nicht gegeben sei.

Daß die Beklagte von einem Ende des Streiks u. a. der Zendenten am 11.06. noch nichts gewußt habe, könne die Klägerin wohl ernsthaft nicht mehr bestreiten.

Im übrigen habe das Landesarbeitsgericht Berlin einen gleichartigen Anspruch der Klägerin mit der Begründung abgewiesen, daß der Suspendierungszustand hinsichtlich der individualvertraglichen Beziehungen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses nicht mit dem 08.06.1984 beendet worden sei, mit dem nach dem Beschluß der Streikleitung der Arbeitskampf habe enden sollen; denn die während des Streiks ruhende Arbeitspflicht werde grundsätzlich allein durch ein einseitiges Rechtsgeschäft des einzelnen Arbeitnehmers wieder aktiviert, das dieser im Regelfall konkludent durch die Wiederaufnahme der Arbeit vornehme. Dieses Erfordernis ergebe sich zwingend aus der Überlegung, daß der Arbeitgeber, wenn er nach einem Streik zur Lohnzahlung verpflichtet sein solle, wissen müsse, ob er über die Arbeitskraft des bislang streikenden Arbeitnehmers wieder verfügen und ihn gemäß den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen wieder zur Arbeit einsetzen könne. An dem Erfordernis der rechtsgeschäftlichen Handlung des Arbeitnehmers zur Beendigung des streikbedingten Suspendierungszustandes sei auch für die Zeit festzuhalten, für die es –wie hier für den 11.06.1984, den Pfingstmontag– keines ausdrücklichen Arbeitskraftangebots bedurft habe. Die Arbeit sei nämlich nur dann allein und ohne konkurrierende Ursache wegen der Feiertagsruhe ausgefallen, wenn der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebracht habe, die Arbeits- und Lohnfortzahlungspflicht solle nicht mehr streikbedingt suspendiert sein, er –der Arbeitgeber– könne wieder über seine Arbeitskraft verfügen. Das Landesarbeitsgericht Hamm habe den Zahlungsanspruch der Klägerin ebenfall...

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